Villmar. Einmal im Jahr messen sich die Feuerwehren aus dem Landkreis Limburg-Weilburg beim Leistungsentscheid. 15 Teams stellten am Wochenende in Villmar Können und Wissen unter Beweis. Einige der Teilnehmer erzählen, was sie motiviert und warum sie ein solches Ehrenamt ausüben ...
Bild: Als Zusatzaufgabe bei der Kreisleistungsübung mussten Marc Schäfer und Carmen Steger Knoten binden - Foto: Robin Klöppel
Werschauer Meister am Knoten
Den Sonntag hätte Marc Schäfer auch mit seiner Familie bei einem schönen Ausflug verbringen können, statt Wasser zu pumpen, Schläuche zu rollen und Fragen zu beantworten beim Kreisleistungsnachweis der Feuerwehren. Doch anderen Menschen helfen war ihm, wie er sagt, schon immer wichtiger im Leben.
Der angenommene Übungsfall auf dem Platz vor der Villmarer Johann-Christian-Senckenberg-Schule: Ein Wohnhausbrand in Villmar. Der Obertiefenbacher Wehrführer Dirk Tovornik gibt Anweisungen. Marc Schäfer hört konzentriert zu. Der 43-jährige Familienvater ist, wie meistens in den vergangenen Jahren, mit seiner Kollegin Carmen Steger als Schlauchtrupp für die Wasserversorgung zuständig. Mit voller Montur rennt er los, legt nach 100-Meter-Spurt über den Asphalt die Schläuche, dreht die Verbindungen fest und holt eiligst eine Leiter herbei.
Dauer-Sieger
In einer Pause gibt es endlich den frisch gemachten Erdbeerboden. Die Obertiefenbacher Feuerwehr ist eine große Familie, mit insgesamt 40 Leuten, zwei Mannschaften und einer Staffel, da. Zahlenmäßig kann das an diesem Tag keine andere Wehr toppen, auch wenn die Obertiefenbacher diesmal nicht siegen und sich mit den Rängen vier, fünf und sieben begnügen müssen.
„Klar habe ich den Ehrgeiz, selbst null Fehler zu machen und mit meiner Mannschaft zu gewinnen“, sagt Schäfer: „Doch Gewinner ist jeder, der hier mitmacht.“ Denn vieles, was man bei der Kreisleistungsübung lerne, könne einem bei künftigen Lehrgängen und vor allem im Ernstfall sehr weiterhelfen.
Wichtig für Gemeinschaft
„Dieser Tag zusammen ist sehr wichtig für unserer Feuerwehrgemeinschaft“, sagt der Versicherungsfachmann. Deshalb versteht er auch nicht, warum nicht alle Feuerwehren aus dem Landkreis Teams ins Rennen schicken.
Schäfer ist mit zehn Jahren in die Obertiefenbacher Jugendwehr eingetreten, „weil mehrere meiner Freunde drin waren“. Er hat vorher beim TuS Fußball und beim TV Beselich Tennis gespielt. „Doch eine Kameradschaft wie hier bei der Feuerwehr habe ich nirgends sonst erlebt.“ Das Schöne sei, dass in der Einsatzabteilung Aktive unterschiedlicher Generationen und Berufe seien. „Wir sind 45 Leute, die gemeinsam für eine Sache kämpfen“, betont er. „Wir haben fünf Wochen lang intensiv für die Kreisleistungsübung geprobt“, berichtet der ehrenamtliche Feuerwehraktive. Neben Theorie und praktischen Übungen wird sogar einmal in der Woche in der Beselicher Georg-Leber-Halle zusätzlich Sport angeboten. Die Obertiefenbacher Aktiven schwitzen beim Zirkeltraining, um bei der Leistungsübung und bei realen Einsätzen fit zu sein.
Obwohl Marc Schäfer die Leistungsübung schon seit 1992 regelmäßig absolviert, gehe er jedes Mal erneut mit Kribbeln im Bauch an den Start. Auch wenn es bei der Teilnahme um viel mehr als das reine Gewinnen gehe, wolle ja keiner durch seine schlechte Leistung das Ergebnis der Mannschaft zerstören. Trotz großer Erfahrung findet der Zugführer die Fragebögen immer noch schwerer als den praktischen Teil des Wettkampfs. Welche 15 von 696 Fragen er gestellt bekommen wird, weiß er nicht und folglich muss er alles wissen. „Vieles kann man beantworten, wenn man lange in der Wehr ist“, sagt er: „Aber wenn man sich für den Landesentscheid qualifiziert, dann wird das alles noch viel schwieriger bis hin zu eigenständigen Löschwasserberechnungen“.
Mit seinen Kameraden war Schäfer in der Vergangenheit mehrfach beim Landesentscheid. Der sechste Platz war dort das beste Ergebnis. Einmal in seinem Leben hat er kurz nachgedacht, der eigenen Familie wegen den Feuerwehrdienst zu quittieren: Das war nach einem Reifenbrand, als Schäfer von einem Stapel mitten in die brennenden Reifen gefallen war. Zum Glück konnten er und ein weiterer Kamerad sich selbst befreien.
Marc Schäfer hat aus beruflichen Gründen seine Tätigkeit als Atemschutzträger beendet, muss damit bei Bränden nicht mehr an vorderster Front stehen. Sohn Matti (6), Tochter Lea (10) und Frau Ramona brauchen ihn ja noch.
Ins Feuer gefallen
Oft musste Marc Schäfer die letzten Jahre in den Einsatz und die Familie daheim zurück lassen. Lea ist mit sechs Jahren in die von ihrer Mutter geleitete Kinderfeuerwehr gegangen, weil ihre beste Freundin Hanna schon drin war. Lea liebt den Zusammenhalt in der Jugendfeuerwehr. „Wir verstehen uns alle super“, sagt sie. Schön sind dort für sie die gemeinsamen Freizeitaktivitäten wie eine Kanutour oder ein Ausflug zum Europapark nach Rust. „Mir ist es aber auch wichtig, Menschen zu helfen“, versichert sie. Sagt Lea das nur, weil der Papa ihr das vorgibt? „Nein, sie wollte von sich aus unbedingt in die Wehr“, sagt Marc Schäfer: „Ich bin eher der, der sagt, wenn viel für die Schule zu tun ist, lass die Feuerwehr mal sein. Aber Lea lernt fleißig und geht dann auch noch zur Feuerwehr“.
Bei Matti sieht man sofort, warum es ihm in der Kinderfeuerwehr Spaß macht, auch wenn er es selbst noch nicht in Worte fassen kann. Sein Papa hat ihn schon früher mit zur Wehr genommen und da hat der kleine Bub gesehen, wie toll es ist, in den großen Feuerwehrfahrzeugen zu sitzen.
Ramona Schäfer hatte ihre Feuerwehrlaufbahn längst beendet, als sie Marc Schäfer kennenlernte. Als sie dann aber vor neun Jahren in Obertiefenbach gefragt wurde, ob sie die Leitung der Kinderfeuerwehr übernehmen wolle, hat sie spontan zugesagt. Ihrem Mann nimmt sie es nicht übel, wenn er oft für die Feuerwehr unterwegs ist. „Wenn man nicht voll hinter seinem Partner steht, dann funktioniert es nicht“, weiß sie. Marc ergänzt lachend: „Vielleicht ist es in manchen Situationen auch gut für unsere Beziehung, wenn der Piepser klingelt und man mal ein paar Stunden weg ist“. rok
Bild: Feuerwehrverrückte Obertiefenbacher Familie: Marc Schäfer mit Tochter Lea und Sohn Matti - Foto: Robin Klöppel
Dauer-Sieger
Die Feuerwehrleistungsübung besteht aus einem praktischen und einem theoretischen Leistungsteil. Im praktischen Leistungsteil werden Übungen von einer sogenannten Gruppe (neun Personen) oder einer Staffel (sechs Personen) mit einem in der Gemeinde vorhandenen Löschfahrzeug durchgeführt. Im Mittelpunkt stehen die fachliche Qualifikation und die Leistung im Umgang mit den der Feuerwehr zur Verfügung stehenden Einsatzmitteln.
Für die praktische Prüfung wurde ein Feuer in einem Wohnhaus angenommen. In der im Erdgeschoss gelegenen Wohnung sollte es zu einem Brand gekommen sein, der sich auf die gesamte Wohnung ausgebreitet hat. Eine bewusstlose Person (Erwachsener) sollte im Wohnzimmer der Wohnung, am Ende des Flures liegen. Brandrauch dringt sichtbar aus den Ritzen zwischen Türblatt und Türrahmen der Haustür. Vor dem Gebäude befindet sich eine Person.
Die Siegerehrung wurde von Kreisbrandinspektor Georg Hauch und dem Vorsitzenden des Kreisfeuerwehrverbandes Limburg-Weilburg Thomas Schmidt unter Anwesenheit zahlreicher Vertreter aus der Politik vorgenommen.
Markus Schütz von der Feuerwehr Werschau absolvierte die Übung zum 60. Mal. Er war 1979 in die Jugendfeuerwehr eingetreten und wurde 1986 in die Einsatzabteilung übernommen. 1985 war Schütz Ersatzmann, als die Wettkampfmannschaft 1. Kreissieger wurde. Auf Landesebene konnte er 1986 erstmals teilnehmen.
Markus Schütz konnte sich mit seiner Mannschaft über 17 Siege bei Kreisentscheiden, vier Siege auf Bezirksebene und sieben Plätze unter den ersten Zehn bei Landesentscheiden freuen.
Für jeden Teilnehmer bestand die Möglichkeit, das Hessische Feuerwehrleistungsabzeichen zu erwerben. Hierfür musste jeweils ein Zusatzfragebogen ausgefüllt werden. Die Prüfung gilt als bestanden, wenn mindestens 75 % der Fachfragen richtig beantwortet sind.
Bild: Das jubelnde Siegerteam aus Werschau - Foto: Bernd Rompel
Stechen beim Knoten
Beim Kreisleistungsentscheid haben sich Werschau I sowie der Weilburger Vertreter Waldhausen/Odersbach für den Bezirksentscheid qualifiziert. Beide Mannschaft bekamen 100 von 100 möglichen Punkte. Folglich musste als Stechen das Knotenbinden entscheiden, das beide Teilnehmer ebenfalls fehlerfrei absolvierten. Die Brechener Aktiven waren aber in 26 Sekunden schneller und wurden somit Kreissieger. Dritter wurde Dauborn I vor Obertiefenbach III und Obertiefenbach I. Wie hoch die Trauben beim Kreisentscheid hingen, zeigt sich daran, dass 99 von 100 möglichen Punkten nötig waren, um unter die besten fünf von insgesamt 15 Teams zu kommen. Angenommen war beim praktischen Teil der Brand eines zweigeschossigen Gebäudes mit Personenrettung. Eine Wasserversorgung musste aufgebaut werden. Dann mussten die Aktiven Hindernisse –Leiter und Tunnel- überwinden, einen Vermissten finden und aus dem Gefahrenbereich ziehen und das Feuer löschen. Der theoretische Teil bestand für jeden Teilnehmer aus 15 Fragen, die bei drei jeweils vorgegebenen Antwortmöglichkeiten innerhalb von zehn Minuten zu beantworten waren. rok
Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.
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Das kann bei uns JEDER, zumindest als Unterstützer im Feuerwehrverein und wer geistig und körperlich in der Lage und Willens ist, kann auch aktiv in einer Kinder- oder Jugendfeuerwehr, in einer Einsatzabteilung oder bei der Feuerwehrmusik mitmachen!
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