Bad Camberg. Für Josef Thies war es keine Frage, in der Feuerwehr ehrenamtlich Verantwortung zu übernehmen. Das war schon bei seinem Vater so, und auch seine Söhne sind in die Fußstapfen ihres Vaters getreten. Die „Feuerwehr“-Dynastie Thies ist in Bad Camberg ein Begriff ...
Bild: Josef und Helmut Thies (von links) sind mit Leib und Seele für die Feuerwehr aktiv. Den Nachbau des historischen Fahrzeugs hat Josef Thies von „seiner“ Bad Camberger Wehr geschenkt bekommen.
Ehrenämter als Familiensache
Von PETRA HACKERT
Sein Vater war nicht in der Partei. Deshalb konnte er Ortsbrandmeister werden und legte somit den Grundstein für eine Dynastie. Partei? Wieso verhindert das ein Ehrenamt? Und welche Dynastie? Josef Thies lächelt und erklärt die Sache mit der Partei. Klar: Das ist schon etwas länger her. Es reicht zurück in den Zweiten Weltkrieg, und die Partei, in der Josef Thies’ Vater nicht war, das war die NSDAP.
Josef und Helmut Thies (von links) sind mit Leib und Seele für die Feuerwehr aktiv. Den Nachbau des historischen Fahrzeugs hat Josef Thies von „seiner“ Bad Camberger Wehr geschenkt bekommen.
So kam es, dass der Inspekteur der Polizei für den Kreis Limburg am 13. Juni 1945 einen Brief an den Bürgermeister der Stadt Bad Camberg schrieb. „Die amerikanische Militärregierung ist mit der Bestellung des Josef Thies als Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr für die dortige Gemeinde einverstanden“, heißt es da. Und: „Ich ersuche, den Obengenannten davon in Kenntnis zu setzen und ihn durch Handschlag zu verpflichten“, schreibt Inspekteur Kleiter. Ort und Namen sind handschriftlich eingetragen, der übrige Text mit der Schreibmaschine getippt – was zeigt, dass es sich um ein damals übliches Formblatt handelt. Das Schriftstück trägt den Eingangsstempel der Camberger Stadtverwaltung vom 15. Juni 1945.
Feuerwehr-Dynastie
Der Sohn des damaligen Josef Thies, der übrigens auch den Namen Josef trägt, ist heute 90 Jahre alt und selbst DER Feuerwehrmann in Bad Camberg. Kurz erklärt sei auch schnell noch die Bezeichnung Dynastie: Bis zum heutigen Tag ist immer ein Thies in der Feuerwehr aktiv – jetzt noch Helmut, der früher sogar als ehrenamtlicher Stadtbrandinspektor in die Fußstapfen seines Vaters und seines Großvaters getreten war. Mehr noch: Eine Zeitlang war Helmuts jüngerer Bruder Frank-Martin gleichzeitig Wehrführer in Bad Camberg. Mehr Thies geht (fast) gar nicht.
Noch einmal zu den Josefs: Der erste Josef in der hier beschriebenen Reihe (also der erste Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Camberg nach dem Zweiten Weltkrieg) leistete diesen Dienst ehrenamtlich und zusätzlich zu seiner Hauptaufgabe als Inhaber eines Bad Camberger Bauunternehmens. Sein Sohn Josef trat in seine Fußstapfen, unterstützte den Vater, übernahm nach dessen tödlichem Verkehrsunfall 1974 in Würges die Firma und die Aufgaben in der Feuerwehr. Des zweiten Josefs Sohn heißt zwar Helmut – nach seinem Onkel, und weil Mutter Hildegard einmal einen anderen Vornamen haben wollte, aber das Josef blieb im zweiten Vornamen enthalten. Und: Josef Thies hat zwei Geschwister, besagten Helmut und die Schwester Josefine, womit der beliebte Name gleich noch einmal aufgegriffen wäre.
Josef und Helmut Thies lächeln verschmitzt, als es um die Familiennamen geht. Sie denken gerne zurück an die erste Zeit. Josef Thies (also der Zweite) stand als Obermeister, Zunftmeister, selbstständiger Bauunternehmer seinen Mann, fand dabei immer Zeit für die Feuerwehr und nahm auch seine Söhne mit. Kein Wunder also, dass Helmut mit 17 in die Feuerwehr eintrat. Er machte das Hobby sogar zum Beruf, war hauptamtlicher Feuerwehrmann in Frankfurt, wechselte dann ins Hessische Innenministerium und war dort für den Brandschutz zuständig.
Beide erinnern sich gut: Anfangs, als noch viel mehr mit Holz und Kohle geheizt wurde, musste die Feuerwehr auch nach den Kaminen schauen. Arbeiten, die heute der Schornsteinfeger erledigt. Dafür hat sich das Bild der Einsätze gewandelt: „Früher hatten wir 80 Prozent Brände und 20 Prozent Hilfeleistungen, jetzt sieht es ganz anders aus. Die Brände machen noch 30 Prozent der Einsätze aus, 70 Prozent sind Hilfeleistungen“ berichtet Helmut Thies.
Jetzt ist auch er pensioniert, aber weiterhin der Feuerwehr treu, begleitet sie bei Einsätzen und übernimmt die Pressearbeit, was nicht zu unterschätzen ist. Denn vieles, was oft nebenbei geschieht, macht viel Arbeit und ist anderen gar nicht bewusst. Bis er 65 ist möchte er so weitermachen – sagt Helmut Thies, und das geht, denn das Land Hessen hatte die Altersgrenze vor ein paar Jahren heraufgesetzt. „Bei mir war mit 55 Schluss“, erzählt Josef Thies. Führungskräfte mussten ihr Amt mit 55 Jahren abgeben, doch als „einfacher Feuerwehrmann“ konnte jeder bis zum 60. Lebensjahr weitermachen.
Doch wieso setzen sich Menschen ehrenamtlich ein, riskieren Leib und Leben für andere? Für Josef und Helmut Thies liegt die Antwort auf der Hand: Weil sie helfen wollen. Dabei hat sich schon einiges geändert. Zum Beispiel: „Früher gab es nicht diese Art von schweren Verkehrsunfällen. Da ist auch schon einmal ein Gaul durchgegangen, es gab viel weniger Autos.“ Der erhöhte Lebensstandard, der wachsende Verkehr, die A 3, haben zu einer anderen Art von Einsätzen beigetragen.
Das gilt übrigens auch für Brände. Früher wurde sehr viel mehr Holz verbaut. Die verarbeiteten Kunststoffe erfordern eine andere Einsatzplanung. „Wenn heute eine Wohnung brennt, dann ist das hochgiftig“, sagt Helmut Thies. Noch dazu: „In Verbindung mit Löschwasser bildet sich oft Salzsäure.“ Auch das ist bei einem Einsatz zu beachten.
Schreckliche Einsätze
Doch auch früher gab es schlimme und zum Teil schreckliche Einsätze. Einen kann Josef Thies bis heute nicht vergessen: Die Camberger Wehr wurde zu einem Lkw-Brand auf der Autobahn gerufen. „Wir sind da hingefahren mit der alten Steyr, ein Mannschaftswagen mit angehängter Pumpe.“ Nur: Damals hatte die Feuerwehr noch kein wasserführendes Fahrzeug. An Ort und Stelle gab es keine Möglichkeit, die Pumpe ans Wasser anzuschließen. „Der Lkw-Fahrer hatte eine Anhalterin mitgenommen, alles brannte, sie hat vor Schmerzen geschrien und wir konnten nichts machen“, schildert Josef Thies die Situation beim Eintreffen der Wehr. „Innerhalb der Ortschaft haben wir zu der Zeit in ein paar Minuten eine Wasserverbindung hergestellt. Nur dort hat das nicht funktioniert“ sagt Josef Thies und ergänzt: „Das hat mich dazu bewogen, alles dran zu setzen, damit wir ein wasserführendes Einsatzfahrzeug bekommen.“
„Die Löschtechnik ist heute eine völlig andere als früher“, ergänzt Helmut Thies. Aber auch heute noch gibt es Einsätze, die nachhaltig wirken, erinnert er an die Kollegen, die vor zwei Jahren ausrückten, als eine komplette Familie auf der A 3 in der Baustelle verunglückte. „Solche Einsätze wirken lange nach. Dafür gibt es die Notfallseelsorge, die auch in Anspruch genommen wird.“
Katastrophenschutz-Einsätze trainieren die Bad Camberger Feuerwehrleute übrigens auch in Zusammenarbeit mit der Wehr aus der Partnerstadt Bad Sulza – sie reisen regelmäßig dort hin. „Das Gelände ist zum Üben ideal“, sagt Helmut Thies. Etwas weniger geworden sind dafür die Kontakte nach Chambray-lès-Tours. Die Feuerwehr der französischen Partnerstadt gibt es nicht mehr in der früheren Form, nicht eigenständig. Die Wehrleute sind Tours zugegliedert. „Wir haben da noch persönliche Kontakte von früher“, sagt Josef Thies. Aber die Verbindung ist eine andere.
Womit wir beim Thema Geselligkeit wären. Denn bei der Feuerwehr geht es nicht nur um Einsätze und Training, sondern ein gutes Miteinander, wie es zum Beispiel bei den Familienabenden, den Ausflügen oder dem Zusammenhalt in der Alters- und Ehrenabteilung zum Ausdruck kommt. Einen Wunsch äußert Helmut Thies immer wieder, und der ist auch von Nachbarwehren zu hören: Die Stadt möge ein Augenmerk darauf legen, Feuerwehrleute einzustellen, um die Tageseinsatzstärke zu gewährleisten. Denn das ist in einer Pendler-Region mittlerweile ein Problem.
Noch einmal kurz gefragt: Warum sollten sich Menschen der Feuerwehr anschließen? „Wir empfehlen uns als Einrichtung, indem wir helfen und indem wir Fähigkeiten vermitteln, die im Beruf weiterhelfen. Hinzu kommt die Geselligkeit vor Ort“, sagt Helmut Thies. Und: „Was wir genau machen, kann jeder auch im Internet nachsehen unter www.feuerwehren-badcamberg.de.“
Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.
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