Waldbrunn. Nach einem Eklat in der Gemeindevertretersitzung ist die Feuerwehr Waldbrunn nicht mehr einsatzbereit. Der Gemeindebrandmeister hat die Löschgruppen noch in der Nacht nach der Sitzung bei der Leitstelle abgemeldet. Bei Bränden müssen nun die Nachbar-Wehren ausrücken. Es geht vor allem um verwehrte Einsatzbekleidung ...
Bild: Postwendend lieferten 18 Waldbrunner Feuerwehrleute ihre Funk-Melder beim Bürgermeister ab. Die Wehr ist damit nicht mehr einsatzfähig- Foto: Heike Lachnit
Löschgruppen abgemeldet
Von HEIKE LACHNIT
Das Vertrauen zwischen der Freiwilligen Feuerwehr und der Gemeinde ist gestört. Zum offenen Bruch kam es bei der Gemeindevertretersitzung am Montagabend, als 18 Einsatzkräfte der 50 anwesenden Feuerwehrleute nach den Abstimmungen ihre Melder bei Bürgermeister Peter Blum abgaben und demonstrativ den Raum verließen.
Folgende Dinge wurden mehrheitlich beschlossen: Streichung von 6400 Euro für Ersatzbekleidung für die Atemschutzträger. Aufstockung der Sondermittel von 9 000 Euro auf 12 000 Euro, von denen die Feuerwehr die Ersatzkleidung beschaffen darf. Einstimmige Streichung der Anschaffung eines Faltbehälters für 5000 Liter Wasser. Um einen Einsatzleitwagen sowie ein Löschfahrzeug im Wert von rund 380 000 Euro anzuschaffen, soll eine Kommission zunächst nach gebrauchten Fahrzeugen Ausschau halten. Erst wenn die Kommission nicht fündig würde, ist der Weg frei für Neukäufe.
Bestürzte Gesichter
Während der Abstimmungen gab es leises Gemurmel, danach gingen die Feuerwehrleute geschlossen aus dem Raum. Die Aktion sorgte für bestürzte Gesichter bei den Kommunalpolitikern. Bürgermeister Peter Blum erklärte im Anschluss, dass mit 80 verbliebenen Einsatzkräften die Brandsicherheit in Waldbrunn gewährleistet sei. Er könne jedoch nicht ausschließen, dass diese Aktion eine Welle nach sich ziehe. Unter den Einsatzkräften befanden sich einige Ehrenbeamte, die gar nicht so einfach ihr Amt niederlegen dürften, da sie durch die Gemeindevertretung berufen wurden. Er müsse jetzt prüfen, wie damit rechtlich und sauber umgegangen wird. Er möchte zudem das Gespräch suchen. Dieser Ausgang des Abends sei im Vorfeld nicht ersichtlich gewesen.
Nach einem Gespräch mit dem Gemeindebrandinspektor Stefan Wingenbach am Dienstag stellt sich die Situation etwas anders dar. „Die Feuerwehr Waldbrunn ist zurzeit nicht einsatzbereit und ich habe die Feuerwehr bei der Leitstelle noch in der Nacht abgemeldet“, so Wingenbach. Auch wenn es eine spontane Geschichte sei, stehe er voll hinter seinen Einsatzkräften. Sollte es zu einer Alarmierung kommen, müssen jetzt die benachbarten Wehren zum Einsatz kommen.
„Wir werden nicht gefragt“, fasst der Gemeindebrandinspektor die Krise zusammen. Die Kommunalpolitiker würden über Dinge entscheiden, ohne nachzufragen. Entzündet hat sich alles an den 6400 Euro für die Ersatzbekleidung der Atemschutzträger. „In den letzten Jahren gab es mindestens einmal im Jahr den Fall, dass zwei Einsätze kurz hintereinander waren“, so Wingenbach. Jeder Feuerwehrmann in Waldbrunn besitzt eine Einsatzkleidung. Wird diese im Einsatz getragen, dauert es drei Tage, um diese zu reinigen. Bei zwei Einsätzen kurz hintereinander hat ein Teil der Einsatzkräfte keine Kleidung. Und sie können nicht irgendwas tragen, da die Kleidung durch Reflektoren auch die Sicherheit der Einsatzkräfte gewährleiste.
In den Ausschüssen redeten die Politiker davon, dass es in den letzten Jahren „nie“ vorgekommen sei, dass zwei Alarmierungen kurz hintereinander stattfanden und daher die Ersatzanzüge nicht so wichtig seien.
„Es passt seit geraumer Zeit nicht mehr“, so Wingenbach weiter. Bereits 2016 wurde ein Einsatzleitwagen in den Investitionsplan eingestellt. Dann erhielt dieser Posten einen Vermerk, dass erst nach einem günstigeren Fahrzeug gesucht werden sollte. Wenn dies nicht gefunden werde, würde die Gemeinde einen neuen ELW anschaffen. „Dies ist nicht geschehen“, so Wingenbach, „und wir befürchten, dass dieses Jahr das gleiche passiert.“
Rettungsfrist nicht zu halten
Im Sommer gab es bereits eine kleinere Krise, als die Gemeinde für 7000 Euro ein unabhängiges Unternehmen beauftragte, einen Bedarfs- und Entwicklungsplan zu erarbeiten. Dies ist normalerweise Aufgabe des Gemeindebrandinspektors. „Damals war unsere Bedingung, dass dieser Plan 1:1 umgesetzt wird“, so Wingenbach weiter. „Doch mit den Entscheidungen ist dies nicht zu sehen.“
Die Brisanz ist ihm durchaus bewusst. Die Wehren der Nachbargemeinden seien nicht in der Lage, immer die Rettungsfrist von zehn Minuten einzuhalten. „Doch ich sehe momentan nicht, dass wir übereinkommen.“ Damit es wieder funktionieren kann, hat Wingenbach klare Forderungen an die Gemeinde und ihre Kommunalpolitiker. Vor Haushaltsbesprechungen soll mit der Feuerwehr gesprochen werden. Der vorliegende Bedarfsplan soll umgesetzt werden.
Er wolle aber nicht mehr durch die Welt fahren, um während seiner Freizeit gebrauchte Fahrzeuge zu suchen. Kurzgefasst sagt der Feuerwehrchef: „Ich möchte ernst genommen werden.“
Bürgermeister Peter Blum konnte gestern auf Nachfrage nicht bestätigen, dass Waldbrunn keine Feuerwehr hat. Bei ihm seien bisher nur die 18 Melder abgegeben worden und mehr nicht.
Daher möchte er sich dazu noch nicht äußern. Am Dienstagabend würden Gespräche mit dem Kreisbrandinspektor, dem Gemeindebrandinspektor sowie dem Bürgermeister stattfinden.
Kommentar Der Riss durch Waldbrunn ist nicht neu
Die Situation in Waldbrunn ist keine neue. Beide Seiten sind jetzt gefragt - sie müssen aufeinander zu gehen.
Bild: HEIKE LACHNIT - Foto: Christof Huels
Der Riss ist nicht frisch. Schon lange schwelt es zwischen der Gemeinde Waldbrunn, den Kommunalpolitikern und ihrer Feuerwehr. Der Feuerwehrausschuss beantragt Geräte, Ausrüstung oder Fahrzeuge für die Feuerwehr. Diese werden von den Kommunalpolitikern in den Beratungen zum Haushalt entweder gestrichen oder mit Vermerken versehen.
Wie sehr das Vertrauen fehlt, zeigte sich bereits im Sommer, als die Gemeinde ein unabhängiges Unternehmen für viel Geld zur Erstellung eines Bedarf- und Entwicklungsplanes beauftragte, anstatt den Plan des Gemeindebrandinspektors zu verwenden.
Doch auch jetzt in dieser Situation zeigt sich, wie wenig die jeweiligen Seiten aufeinander hören. Der Gemeindebrandinspektor verkündet, dass Waldbrunn keine einsatzbereite Feuerwehr besitzt und er diese abgemeldet hat. Der Bürgermeister sieht dies nicht als gegeben, so lange ihm nur die 18 Melder vorliegen und er keine weiteren Abmeldungen erhalte.
Ob dieser Kluft überwunden werden kann, werden die nächsten Tage zeigen. Zu wünschen wäre es.
Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.
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