Limburg-Weilburg. Viele Unglücksfälle zeigen deutlich, dass eine rechtzeitige professionelle psychologische Unterstützung auch für die Einsatzkräfte notwendig und wichtig ist. Am Unfallort greift zunächst die „Psychosoziale Notfallversorgung“ (PSNV) durch die Notfallseelsorger und Fachkräfte der Hilfsorganisationen ...

Die Notfallseelsorge spricht den Betroffenen gut zu und unterstützt die Rettungsdienste - Foto: Heike LachnitBild: Die Notfallseelsorge spricht den Betroffenen gut zu und unterstützt die Rettungsdienste - Foto: Heike Lachnit

Psychologische Unterstützung

Seit 1996 gibt es im Landkreis die Notfallseelsorge, welche präventive Arbeit leistet, aber auch während und nach den Einsätzen den Rettungskräften zur Seite steht. NNP-Mitarbeiterin Heike Lachnit sprach mit Hedi Sehr, der Vorsitzenden der Notfallseelsorge Limburg-Weilburg.

NNP: Welche Aufgaben übernimmt die Notfallseelsorge?

HEDI SEHR: Neben der Nachbetreuung der Einsatzkräfte betreuen wir im Rahmen der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) Angehörige oder auch Zeugen an der Einsatzstelle. Wir sprechen mit der Polizei ab, ob Angehörige informiert werden müssen und wir überbringen auch Todesnachrichten.

Welche Aufgaben nimmt die Notfallseelsorge speziell im Zusammenhang mit den Einsatzkräften wahr?

SEHR: Die Arbeit mit den Einsatzkräften beruht auf zwei Säulen. Zum einen in der Prävention, welche in der Ausbildung integriert ist, zum anderen in der Einsatznachbesprechung. In unserem Präventionsvortrag geht es darum, wie Stress und besonders Einsatzstress unseren Körper beeinflusst, was normal ist und welche Reaktionen eine professionelle Hilfe erfordern. Jede Einsatzkraft übernimmt im Einsatz eine Aufgabe. Gerne vergleichen wir dies mit einem Puzzleteil. Es ist die Aufgabe eines Einsatzleiters, diese einzelnen Puzzleteile in einer anschließenden kurzen Einsatznachbesprechung mit der Abfrage, was jeder im Einsatz geleistet hat, zu einem Gesamtbild zusammenzufügen und auf diese Weise den Einsatzstress zu minimieren.
Pilotprojekt des Landesfeuerwehrverbandes Hessen

Und die zweite Säule?

SEHR: Die zweite Säule ist die Einsatznachbesprechung in der Gruppe der am Einsatz beteiligten Kräfte nach einem belastenden Einsatzgeschehen. Ein Großteil unserer Mitarbeiter hat die Ausbildung zur Begleitung einer Einsatznachbesprechung nach CISM (Critical Incident Stress Management). Diese Nachbesprechung findet häufig vier Tage später statt. In diesen Nachbesprechungen fragen wir die Einsatzkräfte auch „Was war positiv für dich?“. Gerade diese Erfahrungen geben den negativ empfundenen Belastungen ein neues, gewandeltes Bild.

Warum wurde die Notfallseelsorge gegründet?

SEHR: Nach dem Tod eines Rettungsassistenten 1994 wurde der Bedarf bei den Kollegen gespürt. Daher wurde die Notfallseelsorge ursprünglich für die Einsatzkräfte gegründet, die keine strukturellen Möglichkeiten hatten, solche Ereignisse zu verarbeiten. Es war ein langer Weg, die Einsatzkräfte und Führungskräfte davon zu überzeugen, dass nicht Alkohol die Lösung ist, sondern das Gespräch.

Was war die größte Herausforderung beim Aufbau der Notfallseelsorge?

SEHR: Die Anerkennung bei den Rettungsdiensten, Feuerwehr und Polizei.

Wie werden Notfallseelsorger ausgebildet?

SEHR: Am Anfang gab es nur learning by doing und keine Ausbildung. Heute läuft die Ausbildung über den Malteser Hilfsdienst mit einem Grund- und Aufbaukurs sowie der anschließenden Zertifizierung. Die Ausbildungsmodule sind aufeinander abgestimmt. Dazu nutzen wie unseren monatlichen Dienstabend sowie zwei jährliche Fortbildungstage zur internen Ausbildung, da es auch immer wieder Neuerung gibt.

Kann jeder einfach bei Ihnen anfangen?

SEHR: Wir haben einmal im Monat einen Gesprächsabend. Wer bei uns mitmachen möchte, muss mindestens an drei Gesprächsabenden teilnehmen. Danach findet ein Gespräch statt und der Interessent muss einen Fragebogen ausfüllen. Wenn er dann noch immer mitmachen möchte, macht er den Grund- und danach den Aufbaukurs. Die Kosten von 400 Euro für den Grundkurs sowie 820 Euro für den Aufbaukurs plus Zusatzkosten für insgesamt sechs Wochenenden übernehmen wir als Verein. Nach dem Grundkurs dürfen „Neue“ bereits an der Seite erfahrener Mitarbeiter mit in den Einsatz.

Wie läuft die Alarmierung ab?

SEHR: Notarzt, Polizei oder Einsatzleiter vor Ort entscheiden über eine Alarmierung der Notfallseelsorge. Wir befinden uns rund um die Uhr mit zwei Mitarbeitern in Rufbereitschaft und bei einer Alarmierung fahren wir zu zweit raus. Wir brechen einen Einsatz auch ab, wenn sich zeigt, dass unsere Hilfe nicht benötigt wird. Aber lieber einmal mehr hinausfahren als einmal zu spät kommen.

Pilotprojekt des Landesfeuerwehrverbandes Hessen

Nach einem Einsatz soll die Handlungsfähigkeit der Betroffenen schnell wieder hergestellt werden. Zudem sollen Ausfallzeiten der Einsatzkräfte im Beruf minimiert werden oder gar nicht erst entstehen. Wenn die Feuerwehrleute belastende Einsätze erleben, ist es wichtig, dass sie später keine posttraumatischen Belastungsstörungen entwickeln. Aus diesem Grunde rief der Landesfeuerwehrverband Hessen das Pilotprojekt „Nur für uns“ ins Leben. Mit diesem Projekt soll die Lücke zwischen den Notfallversorgungs- und Einsatznachsorgeangeboten der Unfallkasse Hessen geschlossen werden, so Marcus Gerngroß, stellvertretender Pressesprecher vom Hessischen Innenministerium, und die Hemmschwelle zur Inanspruchnahme von psychologischer Unterstützung im Krisenfall durch einfache und schnelle Handhabung herabgesetzt werden. Das Projekt wurde in Zusammenarbeit mit der H.U.R.T.-Stiftung (Förderung des Feuer-, Katastrophen- und Zivilschutzes) sowie dem Psychotraumatologischen Zentrum für Diagnostik und Therapie in Frankfurt am Main entwickelt und läuft seit Oktober 2017 in den Landkreisen Offenbach und Groß-Gerau.

Wie funktioniert dieses Projekt?

Über eine Info-Hotline können Einsatzkräfte kurzfristige Termine zur Nachsorge vereinbaren. Die Info-Hotline führt direkt zum Psychotraumatologischen Zentrum in Frankfurt am Main. Der Betroffene landet direkt bei einem Therapeuten und die erste Hürde der Kontaktaufnahme wird dadurch deutlich verringert. In dem Telefonat werden erste Schritte abgeklärt und der Weg in das Psychotherapeutenverfahren eingeleitet. Bereits jetzt steht die Unfallkasse Hessen (UKH) den hessischen Feuerwehren zur Seite und leistet die weitere benötigte qualifizierte Unterstützung. Diese kümmert sich im Anschluss um die Maßnahmen der „Psychologische Einsatznachsorge“ sowie um weitergehende Maßnahmen (z.B. das Reha-Management). Die UKH bietet mit dieser Einsatznachsorge den Hilfskräften Unterstützungsleistungen durch eine strukturelle und professionelle Krisenintervention. Der bisherige Ablauf sah vor, dass die betroffene Einsatzkraft bei einem Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung, selbst festgestellt oder von dem örtlichen PSNV-Team, die Leitung der Feuerwehr informieren und mit dieser oder auch mit den Mitarbeitern der Kommune einen entsprechenden Unfallbericht ausfüllt. Seitens des Landesfeuerwehrverbandes sind in diesem Jahr weitere Seminare geplant, sodass dieses Projekt, über den derzeitigen Pilotraum hinweg, auf ganz Hessen ausgedehnt werden wird. ( lh)

Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.

 

 

 


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