HeuballenbrandIn den vergangenen Jahren mussten die Feuerwehren der Gemeinde Isernhagen immer wieder zu Bränden von Heu- oder Strohballen ausrücken. Besonders in den Jahren 2005 und 2006 nahm die Zahl der Brandstiftungen zu, wobei die über 35 Taten seitens der Polizei mehreren Brandstiftern zugeschrieben werden ...


Problem:

Diese unnötigen, im Regelfall relativ unspektakulären Einsätze beschäftigen täglich Feuerwehren in ganz Deutschland und bringen neben einem erheblichen Zeit- und Löschwasserbedarf, meistens einen großen Arbeitsaufwand zum Auseinanderreißen der Ballen mit sich. Ein Ablöschen der Ballen ohne sie auseinander zu reißen stellt ein hoffnungsloses Unterfangen dar. Auch der Einsatz von Schaum, bzw. Netzmitteln bringt neben zusätzlichen Kosten und einer Umweltgefährdung keinen nennenswerten Löscherfolg mit sich. Mit modernen Aufsammelpressen werden Quaderballen mit einer Verdichtung von bis zu 190 kg/m3 oder Rundballen mit einer Verdichtung von bis zu 150 kg/m3 gepresst. Durch die enorme Verdichtung des Erntegutes ist ein Eindringen von Wasser, bzw. Netzwasser in ungeöffnete Ballen kaum möglich. Im Rahmen der anzustrebenden Schadensbegrenzung ist es auch eher fraglich, ob es Sinn macht einem Landwirt nach Abschluss der Löscharbeiten einen Haufen Stroh oder Heu zu hinterlassen, das weder als Streu noch als Futter verwendet werden kann und mit finanziellem und maschinellem Aufwand entsorgt werden muss.

Bereits seit einigen Jahren praktiziert die Feuerwehr Isernhagen HB das „kontrollierte Abbrennen lassen“, sofern dieses gefahrlos möglich ist. Natürlich hat auch weiterhin der Schutz von Leben und Sachwerten, wie noch nicht in Brand geratenen Ballen, Futtermitteln, Maschinen oder Gebäuden absoluten Vorrang. Allerdings hat es uns schon oft einige Überzeugungsarbeit gekostet, nach dem Aufbau einer Riegelstellung und dem Entfernen von gefährdeten Sachwerten eben nicht zum Löschen überzugehen.

Die Idee - Lüftereinsatz:

Bei einem Strohballenbrand auf einer, auch ohne den Einsatz großer Mengen Löschwasser, schwer zu befahrenden Wiese, entschied man sich zum kontrollierten Abbrennen. Dazu wurden, wie auch sonst beim Ablöschen, die Ballen mit Hilfe von Frontladern und Mistgabeln auseinander gerissen. Im Laufe des Einsatzes entstand die Idee, das Abbrennen der Ballen durch den Einsatz der beiden mitgeführten Überdruckbelüfter vom Typ Tempest 274 (Luftleistung max. 43.000 m3/h) zu beschleunigen. Was zu Beginn von Feuerwehrkameraden, Polizisten und Eigentümern eher ungläubig verfolgt und auch von anderen Feuerwehren zum Teil belächelt wurde, hat sich durch die positiven Erfahrungen schnell zu einer Standardmaßnahme bei der Feuerwehr Isernhagen HB entwickelt, die mittlerweile auch von anderen Feuerwehren in der Region Hannover und darüber hinaus praktiziert wird.

Da die Abbrandgeschwindigkeit neben der Art, Qualität, Form und Lagerung des Brandgutes auch von den Witterungsbedingungen, sowie Bauart und Luftleistung des eingesetzten Lüfters abhängt, lassen sich keine exakten Angaben zur Zeitersparnis durch den Einsatz eines Lüfters machen. Die Erfahrungen haben aber gezeigt, dass sich ca. ½ bis ¾ der benötigten Zeit beim Abbrand ohne Druckbelüfter einsparen lassen. Aufgrund der geometrischen Form von Rundballen und den sich dadurch beim Stapeln zwangsläufig ergebenden Hohlräumen, ist die Abbrandrate deutlich höher als bei gestapelten Quaderballen. Die längs durch die gesamte Miete verlaufenden Hohlräume nehmen durch den entstehenden Kamineffekt großen Einfluss auf die Brandausbreitung und den Abbrand der Ballen.

Beispieleinsatz:

Als Beispiel sei ein Brand von 350 Stroh-Rundballen am 16.12.2006 in Isernhagen HB angeführt, bei dem neben der zuständigen Ortsfeuerwehr auch die Feuerwehren aus Isernhagen NB, KB und FB zum Einsatz kamen. Die Ballen waren in 2 Mieten nebeneinander und in jeweils 3 Lagen übereinander aufgeschichtet. Um 0:39 wurde der Regionsleitstelle Hannover ein „kleines Feuer“ an einer Strohmiete am Ortsausgang Isernhagen HB gemeldet, worauf nach AAO um 0:42 Uhr die Freiwillige Feuerwehr Isernhagen HB über Sirene und DME und im Zuge der Nachalarmierung bei Lage auf Sicht bereits während der Anfahrt die übrigen drei Ortsfeuerwehren alarmiert wurden. Beim Eintreffen des ersten Fahrzeuges an der Einsatzstelle um 0:48 Uhr standen beide Mieten im Vollbrand. Neben dem umgehend angeforderten Berge-Räumgerät des THW Ortsverbandes Burgdorf welches ab ca. 1:45 Uhr an der Einsatzstelle zur Verfügung stand, kamen 3 Überdruckbelüfter zum Einsatz. Wegen der Größe des Feuers und der enormen Hitzeentwicklung wurde vom Einsatz von bereits früh eingetroffenen landwirtschaftlichen Schleppern mit Frontladern abgesehen. Es wurde lediglich eine Wasserversorgung über eine B-Leitung aus einem ca. 300m entfernten Unterflurhydranten aufgebaut, um die Riegelstellung des HTLF 16/25 aus Isernhagen HB am direkt neben der Brandstelle gelegenen Futtermittellager zu versorgen. Im weiteren Verlauf des Einsatzes wurde mit 2 C-Rohren zusätzlich das Berge-Räumgerät geschützt. Bereits um 1:31 Uhr entschied der Einsatzleiter die Feuerwehren Isernhagen NB und Isernhagen FB aus dem Einsatz heraus zu lösen, damit diese in den frühen Morgenstunden die beiden vor Ort verbleibenden Wehren ablösen konnten.

Nachdem das THW die Einsatzstelle bereits um 5:35 Uhr verlassen hatte, konnten die letzten Einsatzkräfte um 7:42 Uhr wieder einrücken. Zu diesem Zeitpunkt war von den 350 Rundballen nur noch das sprichwörtliche „Häufchen Asche“ und eine trockene Wiese übrig und die gesamte Einsatzstelle konnte dem Eigentümer „bereinigt“ übergeben werden. Die Entscheidung den Brand zu Löschen, hätte neben einer enormen Wasserschlacht auch den entsprechenden logistischen Aufwand zur Wasserversorgung und zur Versorgung der Einsatzkräfte, einen weitaus höheren Personalbedarf mit sich gebracht und vermutlich erst in den Abendstunden des Tages zum endgültigen Einsatzende geführt. Aus der Erfahrung heraus hätte die Einsatzstelle im Nachhinein mindestens ein- bis zweimal für Nachlöscharbeiten angefahren werden müssen. Bei einem kontrollierten Abbrand ohne den Einsatz der Überdruckbelüfter wäre vermutlich mit einer Einsatzdauer bis zum Mittag zu rechnen gewesen.

Abschließend sei allerdings auch die Belastung für die eingesetzten Geräte erwähnt. Im „regulären“ Einsatzdienst bekommen Überdruckbelüfter normalerweise nur einen kleinen Teil der Betriebsstunden, wie sie durch die zahlreichen Strohballenbrände mittlerweile haben. Neben kürzeren Wartungsintervallen und verschleißbedingten Reparaturen, dürfte auch eine vorzeitige Ersatzbeschaffung nicht unwahrscheinlicher werden. Auch Arbeitsgeräte wie Dunggabeln oder -hacken werden durch die hohen Temperaturen einer höheren Belastung ausgesetzt, insbesondere durch verstärkten Abbrand an den Holzstielen.

Nachteile beim Löschen von Stroh- und Heuballen:
  • große Mengen Löschwasser erforderlich
  • großer materieller und personeller Aufwand
  • Beeinträchtigung des Untergrundes und somit auch des Maschineneinsatzes durch den erheblichen Wassereinsatz
  • großer Zeitaufwand
  • Entsorgung des Brandgutes erforderlich
  • häufig Erfordernis von Nachlöscharbeiten
  • großer Platzbedarf beim Ablagern und Ablöschen
Quaderballen:
  • Standardgröße 40cm x 70cm x max.250cm
  • Verdichtung Heu: bis 190 kg/m3
  • Verdichtung Stroh: bis 150 kg/m3
  • Gewicht ~ 100 kg bis 130 kg pro Ballen
Rundballen:
  • Standardgröße 120cm breit / Ø ~ 165cm
  • Verdichtung Heu: bis 150 kg/m3
  • Verdichtung Stroh: bis 110 kg/m3
  • Gewicht ~ 300 kg bis 400 kg pro Ballen
Bilder:

Strohballenbrand Foto: FF Isernhagen
Bild 1:
Lage beim Eintreffen an der Einsatzstelle: Beide Mieten mit insgesamt 350 Stroh-Rundballen stehen im Vollbrand

Strohballenbrand Foto: FF Isernhagen
Bild 2:
Einsatz von 3 Überdruckbelüftern an der Stirnseite der Mieten mit dem Wind

Strohballenbrand Foto: FF Isernhagen
Bild 3:
Gute Erkennbarkeit der Lüfterwirkung – Die hohe Verbrennungstemperatur ist durch die Farbe der Glut gekennzeichnet

Autoren:

BM Tobias Plesse, Feuerwehr Isernhagen HB
HLM Suresh-Benjamin Warda, Feuerwehr Isernhagen HB
Bilder: Hans-Jürgen Zilling – Pressesprecher Feuerwehr Isernhagen

Dank:

Wir bedanken uns für die freundliche Genehmigung des Abdrucks beim Kameraden Benjamin Warda.

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