Diez/Limburg. Am Tag danach ist der Schrecken noch groß, aber auch Erleichterung zu spüren, dass es nicht viel schlimmer gekommen ist ...
Bild: Diese Halle wurden komplett zerstört, überall sind noch kleinere Brandnester zu sehen und der beißende Qualm. Foto: Häring
DIEZ/LIMBURG Hartnäckige Brandnester - Schaden auf Firmengelände 4,5 Millionen Euro
Feuerwehrleute hatten in den dramatischen Stunden am späten Mittwochabend befürchtet, dass das komplette Gelände des Recyclingbetriebs Uriel an der Industriestraße im Diezer Gewerbegebiet, nur wenige Meter von der Stadtgrenze zu Limburg entfernt, nicht mehr zu retten sei.
Doch die 650 Feuerwehrleute, die nach Angaben der Ersten Beigeordneten der Verbandsgemeinde Diez, Claudia Schäfer, in der Spitze im Einsatz waren, konnten drei der vier Gebäude plus das Verwaltungsbüro der Diezer Firma vor den Flammen retten; ein Drittel der Gebäudefläche fiel den Flammen zum Opfer.
Bild: Zwei vom stundenlangen Einsatz erschöpfte Feuerwehrmänner. Für ihren Einsatz erhielten sämtliche Feuerwehren viel Lob. Foto: Häring
Schäfer sprach von einem der größten Brände in den vergangenen Jahrzehnten in Diez und dankte der Feuerwehr für ihre großartige Arbeit. Der Schaden wird auf 4,5 Millionen Euro geschätzt, wie der Versicherungsmakler Pro Consult GmbH bekanntgab. Weil immerhin drei von vier Produktions- und Lagerhallen sowie das Verwaltungsgebäude gerettet werden konnten, geht der Betrieb bei Uriel weiter.
Straßen gesperrt wegen Löschwasserleitung
Die Lage war am Mittwochabend aber so dramatisch, dass die Feuerwehr eine Zeit lang befürchtet habe, dass keines der Gebäude mehr zu retten sei, erklärte Schäfer gestern. Dank der zahlreichen Einsatzkräfte, einer sehr guten Organisation vor Ort und Unmengen von Löschwasser habe Schlimmeres verhindert werden können. Neben Papier und Kunststoff brannte auch Metall.
Was den Brand verursacht hat, müssen Sachverständige klären. Der Brand ging nach Angaben der Tochter des Firmeninhabers, Lisa Uriel, von einem Müllhaufen auf dem Gelände aus. Mitarbeiter des Nachbarunternehmens EVD hatten das Feuer nach ihren Angaben gegen 20 Uhr bemerkt und Inhaber Andreas Uriel, der noch im Büro arbeitete, verständigt; er rief die Feuerwehr.
"Dieses Feuer wird uns noch zehn bis 14 Tage beschäftigen", sagte der stellvertretende Kreisfeuerwehrinspekteur des Rhein-Lahn-Kreises, Markus Grün, gestern. Auch am Donnerstag waren zahlreiche Einsatzkräfte der vielen Feuerwehren aus dem Rhein-Lahn-Kreis, dem Westerwaldkreis, dem Landkreis Limburg-Weilburg und von den Berufsfeuerwehren aus Koblenz und Wiesbaden mit den Folgen des Großbrands beschäftigt, um Brandnester auf dem Firmengelände zu bändigen, die sehr viel massiver waren, als zunächst angenommen. Immer wieder loderten Flammen auf und beißender Qualm legte sich über das Gelände. Das große Feuer war aber unter Kontrolle. "Die 650 Einsatzkräfte haben tolle Arbeit geleistet", sagte Grün.
Weil die Koblenzer Feuerwehr eine große Schlauchleitung von der Lahn in Limburg bis zum Firmengelände verlegt hatte, waren noch gestern mehrere Straßen komplett gesperrt, und zwar die Eisenbahnstraße, Teile der Holzheimer Straße, Stephanshügel und die Industriestraße, so dass es als Folge des Brands auch massive Verkehrsprobleme gab. Bis zum Abend stand noch nicht fest, wie lange diese Sperrung andauern wird. Vorsorglich kündigte die Stadt Limburg Einschränkungen bei der Stadtlinie noch am heutigen Freitag an, möglicherweise auch danach.
"Wir haben sämtliche Zisternen genutzt und mussten sogar auf das Trinkwassersystem zurückgreifen", sagte einer der Feuerwehrmänner. Dazu wurde ein Pendeldienst mit Löschfahrzeugen über eine Entfernung von drei Kilometern aufgebaut. Zugute kam der zuständigen Diezer Feuerwehr, dass direkt ans Firmengelände angrenzend auf das Limburger Löschwassersystem zurückgegriffen werden konnte.
Bild: Um Löschwasser aus der Lahn zu holen, musste eine lange Schlauchleitung gelegt werden; das führte zu Straßensperrungen in Limburg. Foto: Häring
Toom und Lidl vom Feuer nicht betroffen
Am späten Mittwochabend verbreitete sich die Nachricht über den Großbrand wie ein Lauffeuer in den sozialen Medien, auch, weil jeder in einem Umkreis von 25 Kilometern die spektakuläre Rauchsäule von zu Hause aus sehr gut sehen konnte: Zahlreiche Fotos und Videos von Augenzeugen wurden hochgeladen und fleißig getauscht.
Aber auch Gerüchte verbreiteten sich rasend schnell. So hieß es zunächst, der auf der einen Seite angrenzende Baumarkt von Toom brenne ebenfalls, kurz darauf war auch angeblich der Discounter Lidl auf der anderen Seite vom Brand betroffen. Beides entpuppte sich als Falschmeldung. Nach Claudia Schäfers Angaben waren weder der Baumarkt noch der Discounter am Abend jemals in Gefahr, Opfer der Flammen zu werden, weil die Feuerwehr einen Ring gebildet habe, um die Nachbargebäude zu schützen.
Die Rauchsäule, die in Richtung Süden abzog, brachte auch einen Ascheregen mit sich. In Linter fielen zum Beispiel noch am Mittwochabend Ascheflocken wie Schnee zu Boden. Wer in der Limburger Südstadt wohnt, entdeckte gestern Morgen große Aschereste auf Balkonen und Fenstersimsen sowie im Garten.
Bild: Hoch schießen die Flammen am späten Mittwochabend. Die pechschwarze Rauchsäule war noch in 25 Kilometer Entfernung zu sehen. Foto: Häring
Dazu kam ein extremer Brandgeruch, der gestern Vormittag sogar noch in Obertiefenbach wahrgenommen werden konnte. Die Feuerwehr hatte schon am Mittwochabend die Anwohner aufgefordert, Fenster und Türen geschlossen zu halten sowie Lüftungsanlagen abzustellen.
Geschockt zeigten sich noch in der Nacht Landrat Frank Puchtler und die Diezer Stadtbürgermeisterin Annette Wick (SPD). "Wir gingen von einem kleinen Brand aus", sagte Annette Wick, als sie die Nachricht vom Feuer im Diezer Industriegebiet erhielt. "Als wir das Feuer dann sahen, waren wir geschockt." Beide Politiker lobten den Einsatz der Feuerwehren sowie auch des DRK, der Malteser und des THW.
"Wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen"
Neben der Firma Uriel ist ein weiteres Unternehmen vom Großbrand betroffen: Der Kunststoffhersteller EVD hat auf dem Gelände eine Produktionshalle von Uriel gemietet. "Wir sind wohl mit einem blauen Auge davon gekommen", sagte Geschäftsführer Thomas Hess gestern. "Ich hatte zunächst keine große Hoffnung, dass die Halle den Brand überlebt." Die Feuerwehr habe großartige Arbeit geleistet. Noch sei das Betreten der Halle nicht erlaubt, aber nach der ersten Einschätzung der Feuerwehr gebe es in der Halle keinen sichtbaren Schaden. Jetzt müsse noch deren Statik überprüft werden. "Da kommt noch einiges auf uns zu", sagte Hess. Sein Unternehmen stellt Hülsenstopfen und Kantenschutz aus Kunststoff her; sie werden für den Transport von Papierrollen benötigt.dick
Der Betrieb von Uriel geht auch nach dem Brand weiter
Das vom Feuer betroffene Unternehmen Uriel Papierrohstoffe GmbH macht trotz des Großbrands weiter. Schon gestern Vormittag vermeldete die Firma auf ihrer Homepage: "Fuhrpark gerettet, Betrieb läuft weiter." Ein Krisenteam des Recyclingbetriebs erstellte einen Notplan, um sicherzustellen, "dass unsere Dienstleistungen für unsere Stammkunden gewährleistet sind". Das Unternehmen ist ein Familienbetrieb, von einem Urgroßvater 1949 mitgegründet, das seit 1987 in dritter Generation von Andreas Uriel geleitet wird. Ein Jahr später war der Betriebsstandort an der Diezer Industriestraße errichtet worden - auf einer Fläche von 40 000 Quadratmetern mit Hochleistungsballenpresse, Schredder, Sortieranlage, Aktenvernichtungsanlage und Umrollbetrieb. 2014 war das Bürogebäude am Standort in Diez errichtet worden, 2015 folgte der Umzug der Verwaltung des Unternehmens dorthin.dick
Bild: Noch während gelöscht wurde, waren erste Aufräumarbeiten im Gange. Foto: Häring
Bild: So sah das Firmengelände von Uriel an der Industriestraße in Diez vor dem Brand aus. Die rot markierte Fläche zeigt den vom Brand betroffenen Bereich. Foto: URIEL GmbH
Klaus-Dieter Häring/Stefan Dickmann
Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.
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