Limburg-Weilburg. Kein Strom kommt aus der Steckdose, an Tankstellen kommt kein Benzin mehr aus dem Zapfhahn, die Heizung fällt aus - vor kurzem noch Science-Fiction-Szenarios, mittlerweile zumindest nicht ganz auszuschließen ...

Was passiert im Landkreis Limburg-Weilburg, wenn längerfristig kein Strom aus den Steckdosen kommt? Damit beschäftigte sich am Montagabend der Energieversorgungsausschuss des Kreistags. FOTOs: mika beuster/privatBild: Was passiert im Landkreis Limburg-Weilburg, wenn längerfristig kein Strom aus den Steckdosen kommt? Damit beschäftigte sich am Montagabend der Energieversorgungsausschuss des Kreistags. FOTOs: mika beuster/privat

LIMBURG-WEILBURG - Leiter des Katastrophenschutzes im Kreis berichtet von Notfall-Vorbereitungen

Wie ist der Landkreis Limburg-Weilburg auf Gasmangel und Blackout vorbereitet? Darauf gab es am Montagabend Antworten. Der Leiter des Fachdienstes Brand-, Zivil- und Katastrophenschutz beim Kreis, Georg Hauch, berichtet in der Sitzung des Energieversorgungsausschusses des Kreistags über die Lage in der heimischen Region.

Stromversorgung: Droht dem Landkreis ein Blackout - ein kompletter Stromausfall? Eher unwahrscheinlich, berichtet Kreisbrandinspektor Hauch. Viel eher erwartbar seien „punktuelle“ Blackouts. Das Thema sei nicht wirklich neu - schon 2011 habe man im Blick gehabt, dass man in diesem Bereich stärker werden müsse.

Doch egal ob punktuell oder flächendeckend: Welche Auswirkungen hat es, wenn der Strom ausfällt?

Der Kreis hat verschiedene „Angriffspunkte“ im Blick, etwa die Krankenhäuser. „Wir haben gesetzliche Vorgaben, die werden regelmäßig überprüft“, erläutert Hauch. Das gelte für den gesamten „Kritis“-Bereich der „kritischen Infrastruktur“. Dazu gehören aber auch Banken, Altenheime, Behörden. Zunächst sei man davon ausgegangen, dass dort bereits eine Notversorgung bereitstehe. Das sei aber nicht zwangsläufig der Fall. Viele hätten sich mehr oder weniger auf einen stabilen Energiemarkt verlassen.

Bürger haben kaum Vorsorge getroffen

„Der Bürger hat sich auf die Annehmlichkeiten eingelassen und Energie immer günstig gekauft, dabei kaum eigene Vorsorge getroffen“, erklärt Hauch - etwa in Form von Photovoltaik. Durch ein Notstromaggregat bleibe nun auch die Kreisverwaltung in Limburg handlungsfähig. Ein Augenmerk sei auch auf die Trinkwasserversorgung gelegt.

Krankenhäuser: Die Kliniken seien allesamt aufgesucht worden. Dort habe sich der Kreis überzeugt, dass sie auf Energieausfälle vorbereitet sind. „Die Krankenhäuser haben sich auch teilweise so angepasst, dass sie auf Flüssiggas umstellen können“, erklärt Hauch - bei einem Gasstopp werde weiter geheizt. Weiterhin gebe es auch Rhea-Kliniken im Kreis, die entweder geräumt würden oder, wie in Bad Camberg, mit Intensivbetten auch über mehrere Wochen eigenständig weiter betrieben werden können.

Benzinversorgung: „Wenn der Strom weg ist, funktioniert keine Tankstelle mehr“, erklärt Hauch weiter. Das fange schon bei der Datenverbindung der Tankstelle zu den jeweiligen Muttergesellschaften an. „Da geht nichts mehr“, fasst es Hauch zusammen. Das Problem: Feuerwehr, Rettungsdienste und andere brauchen weiter Treibstoff, um einsatzfähig zu bleiben. Dazu werde der Kreis zeitnah einen Vertrag mit einem Öl-Unternehmen eingehen, das Treibstoff und Lagermöglichkeiten zur Verfügung stelle. Namen und Ort nennt Hauch nicht.

„Man wird auch über die Sicherheit der Fahrer und Transporte reden, wir haben dazu auch schon mit der Polizei gesprochen“, erläutert Hauch. „Dann wird jeder Treibstoff haben wollen, egal wie“, befürchtet der Kreisbrandinspektor. Die Polizei selbst habe eigene Vorsorge getroffen, etwa 300 Liter pro Tag würden dort benötigt. Auch bei der Bundeswehr könne man versorgt werden mit einem Tagesbedarf, jedoch müsste der Landkreis dort auf eigene Faust das entsprechende Lager anfahren. Ein komplexes Thema in der Logistik also, wie der Kreisbrandinspektor sagt.

Georg Hauch leitet den Katastrophenschutz im Landkreis. FOTOs: privatBild: Georg Hauch leitet den Katastrophenschutz im Landkreis. FOTOs: privat

Feuerwehren: Nicht zuletzt müssen die Feuerwehren im Einsatz bleiben. „Wir haben die Feuerwehrhäuser auf Notstrom abgeklopft“, berichtet Hauch. Er kommt zum Schluss, dass nicht jeder Ortsteil ein Feuerwehrhaus in Betrieb brauche. Die Kernfeuerwehr einer Kommune bleibe es aber stets - als „Leuchtturm“. Kommunikation sei ein Schlüssel, „die Alarmierung über Pager wird dann nicht funktionieren“. Vor einigen Tagen habe es die letzten Tests alternativer Alarmierungen gegeben, nun würde im Direktmodus alarmiert. Die „Leuchttürme“ in den Kommunen seien dann über die zentrale Leitstelle erreichbar, auch die Krankenhäuser. „Ohne Mampf kein Kampf“, auch an die Versorgung sei gedacht, derzeit würden Lebensmittel beschafft, um in Betreuungsstellen etwas zu haben. „Wir sind in Abstimmungsgesprächen mit den Kommunen und den Versorgern“, sagt Hauch. Ablaufpläne werden erstellt.

Landkreis: Landrat Michael Köberle (CDU) verweist darauf, dass seit Februar in der Ukraine ein „furchtbarer Krieg“ geführt werde. „Die Folgen beschäftigen uns unmittelbar“, sagt Köberle weiter. Zunächst durch Geflüchtete, die Unterschlupf suchten, dann durch wirtschaftliche Folgen wie die Inflation, aber auch durch die Gefährdung der Energieversorgung.

Bereits im März dieses Jahres habe der Kreis mit Kommunen und Versorgern gesprochen. Köberle macht deutlich: „Bei einem kompletten Blackout ist die Situation sehr schwierig.“ Der Kreis sei in Kontakt mit Behörden, der Bundeswehr, Hilfsorganisationen.

Landkreis kann keine Lösung für alles anbieten

Der Erste Kreisbeigeordnete Jörg Sauer (SPD) sagt, dass Georg Hauch federführend alles abgearbeitet habe, was zu tun sei. Sauer stellt aber auch klar: „Wir werden als Landkreis nicht alles abdecken und sicherstellen können.“ Bestimmte Strukturen könnten geschaffen werden, aber eine Lösung für alles anbieten - das gehe nicht.

Der Landrat gibt sich derweil zuversichtlich: „In Summe gilt: Der ländliche Raum kann damit besser umgehen als die Stadt.“ Bei Blackout, Strom und Gasmangel hätten die meisten Menschen noch andere Möglichkeiten hier, etwa, zum Nachbarn zu gehen, der vielleicht einen Kachelofen hat. „Das stelle ich mir in der Stadt etwas schwieriger vor.“

Kommunikation: Peter Rompf (SPD) meldet sich zu Wort, der Landkreis sei gut aufgestellt. Allerdings seien es die größeren Ebenen „obendrüber“, die entschieden. Wichtig sei, die Bürger zu informieren. Anke Föh-Harshman (Grüne) sagt, es gelte, Panik zu verhindern und trotzdem zu informieren. Auch Menschen mit eingeschränkten Möglichkeiten müssten informiert werden. Tobias Grän (CDU) fordert ebenfalls, keine Panik zu schüren. Er sagt: „Der Kreis kann keinen Ersatz bei einem Blackout schaffen.“ Gleichzeitig sei klar gesetzlich geregelt, wo es Abschaltpotenziale gebe. Und das betreffe die Industrie, nicht bei die Bürger. Das müsse man akzeptieren - „und dann auch mal einen Punkt machen“.

Mario Koschel (CDU) berichtet, dass die Kommunen sich derzeit vorbereiteten. „Noch nicht überall waren sie gut aufgestellt, aber jetzt besorgen sie einiges.“ Ulrich Finger (SPD) erinnert daran, Menschen in häuslicher Pflegesituation nicht aus dem Blick zu verlieren.

Politik: Anlass für den Bericht war ein Antrag der FDP-Fraktion im Kreistag, der den Kreisausschuss bat, ein Gesamtkonzept für die Energieversorgung vorzulegen. Die Grünen hatten einen Änderungsantrag eingebracht. Peter Rompf (SPD) kritisiert so, dass der FDP-Antrag der Versuch sei, nach außen darzustellen, dass der Kreis nichts mache. Georg Horz (Freie Wähler) sagt: „Ich sag ganz einfach, ich habe ein gutes Gefühl, hier sind Leute, die wissen, was man tut. Da brauchen wir keine Anträge, die Kreisverwaltung vor sich herzutreiben.“

FDP-Antrag damit erledigt

FDP-Fraktionschefin Marion Schardt-Sauer hingegen findet Fragen angebracht. „Wenn mich Bürger ansprechen, möchte ich eine Antwort haben, was zu tun ist. Ganz konkret.“ Ein Blackout sei zwar unwahrscheinlich, aber es gebe immer wieder Szenarien auch schon vor der Energiekrise, wo die Netzagentur Mühe gehabt habe, die Balance zu halten. Auch wenn rein regionale Netzabschaltungen in der Debatte seien, will Schardt-Sauer wissen: „Was ist so verwerflich daran, sich zu überlegen, was passiert dann für die Menschen in Limburg-Weilburg?“ Anke Föh-Harshman gibt die Antwort: nichts. „Was wir heute gelernt haben, wusste ich vorher nicht. Das sind viele Informationen.“

Folglich beschließt der Ausschuss, den Antrag als erledigt anzusehen - einstimmig. Mika Beuster

Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.

 

 


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