LIMBURG/WALDBRUNN-HINTERMEILINGEN. Wenn Thomas Schmitt zu einem Einsatzort gerufen wird, dann ist die Lage kritisch, dann muss schnell entschieden werden, weil es um Vitalfunktionen, um Leben oder Tod gehen kann ...
Thomas Schmitt ist seit 25 Jahren Leitender Notarzt im Kreis Limburg-Weilburg
Von Anken Bohnhorst
Thomas Schmitt (66) ist Allgemein- und Palliativmediziner, und er ist Leitender Notarzt im Kreis - seit 25 Jahren und rund 3500 Einsätzen. Er übe seine Arbeit „mit großer Leidenschaft“ aus, betonte Landrat Michael Köberle (CDU) vor wenigen Tagen zu Thomas Schmitts Dienstjubiläum. Schmitt selbst spricht über sein Tun nüchterner: Als Leitender Notarzt sorge er für die optimale Versorgung der Patienten, er müsse priorisieren und ja, im schlimmsten Fall auch triagieren, also auswählen. Gemeinsam mit dem Organisatorischen Leiter Rettungsdienst (OLRG) koordiniert er die Einsätze von Notärzten und Rettungssanitätern bei schweren Unfällen oder Gefahrenlagen.
Notfallmediziner ist Thomas Schmitt seit etwa 40 Jahren. Die Zusatzausbildung absolvierte er bereits in den frühen 1980er Jahren. Sein erster Einsatz als Notarzt habe einem Touristen an der Lahn gegolten, erzählt Schmitt. Der Mann hatte einen Herzinfarkt erlitten. Während seiner Anfangsjahre als Notfallmediziner war Schmitt Arzt im Limburger St. Vincenz-Krankenhaus. Notarzt blieb er auch, als er einige Jahre später in die allgemeinmedizinische Praxis seines Vaters in Waldbrunn-Hintermeilingen einstieg und diese 1989 übernahm. Drei Standorte für Notärzte habe es zu jener Zeit im Kreis gegeben: In Limburg, Bad Camberg und in Weilburg. Zuständig war das Gesundheitsamt. Doch die Organisation der notärztlichen Versorgung sollte sich schon wenige Jahre später grundlegend ändern.
Beschleunigung durch zwei Katastrophen
Zwei Katastrophen beschleunigten die Umstrukturierung: das Flugschau-Unglück von Ramstein und die Zugtragödie bei Enschede auf der ICE-Strecke zwischen Hannover und Hamburg. Beide Ereignisse fallen ins Jahr 1988, und beide Male habe man feststellen müssen, „es ist viel schiefgelaufen“, sagt Thomas Schmitt. Das Land Hessen habe daraus die Konsequenz gezogen und den Landkreisen die Aufgabe gestellt, neue leistungsfähige Notarztsysteme auszubauen. Konkret bedeutete das: In jedem Landkreis mussten zwei Stellen auf ehrenamtlicher Basis geschaffen werden, und zwar für einen Leitenden Notarzt und für einen Organisatorischen Leiter Rettungsdienst, einen Rettungssanitäter.
Auch strukturell gab es Veränderungen. Die Notarztversorgung wurde von der Zuständigkeit des Gesundheitsamtes in die von Feuerwehr und Katastrophenschutz verlagert. Schmitt zufolge ist das sinnvoll, weil die Feuerwehr die Einsatzleitung hat. Die Koordinierung der Patientenversorgung übernimmt dabei das hochspezialisierte Duo aus Leitendem Notarzt und Organisatorischem Leiter Rettungsdienst. Allerdings ist der Leitende Notarzt nicht mit der individualmedizinischen Versorgung der Patienten befasst, sagt Thomas Schmitt. Er lege keinen Druckverband an oder ziehe Splitter aus Gliedmaßen.
Die Aufgabe des Leitenden Notarztes ist es vielmehr, innerhalb weniger Minuten die Schwere der Verletzungen zu beurteilen und zu kategorisieren. Den Patienten werde ein Kärtchen umgehängt mit einer Ampel, die die Dringlichkeit der Weiterbehandlung ausweist. „Wir müssen sicherstellen, dass die Patienten nicht über Umwege versorgt werden“, so der Mediziner. So müsse beispielsweise jemand mit hochgradigen Verbrennungen umgehend in eine Spezialklinik gebracht und nicht erst ins nächstgelegene Krankenhaus gefahren werden. Das organisiere er mit dem OLRD, der wiederum eng mit der Rettungsleitstelle des Kreises kooperiere.
Das gesetzlich verordnete neue Notfall-Versorgungssystem sei anfangs eine Herausforderung gewesen, räumt Mediziner Schmitt ein. Dienstpläne wurden erstellt. Doch die waren zunächst übersichtlich. Denn Thomas Schmitt war der einzige Leitende Notarzt. Dann wechselte er sich mit einem Kollegen ab und hatte in einem Monat 15 bis 20 Dienste, zusätzlich zum Praxisalltag. Inzwischen sei die Verteilung komfortabel, sagt Schmitt. Das Team der Leitenden Notärzte bestehe aus sieben Kollegen. Da komme man nur alle paar Tage dran.
Erst der Einsatz, dann die Emotion
Nur die Einsätze, die sind nicht komfortabler geworden, sagt Thomas Schmitt. Als Leitender Notarzt hat er alles gesehen: Einen Motorradfahrer, dessen Kopf nach einem Verkehrsunfall vom Körper abgetrennt war, ein paar hundert Männer und Frauen, die so aus einem ICE-Tunnel evakuiert werden mussten, dass trotz einer drohenden Gefahr keine Panik entstand, oder einen Unfallort, der nachts ausgeleuchtet werden musste, um einem Rettungshubschrauber einen Landeplatz zu verschaffen. Natürlich nehme er die Erlebnisse mit und bespreche sich mit seiner Frau, um die Emotionen zu verarbeiten, sagt der Mediziner. Aber wenn er dann zu seinem nächsten Einsatz gerufen wird, dann geht es für den Leitenden Notarzt Thomas Schmitt allein um die optimale Versorgung der Patienten, darum die Hilfe zu priorisieren und schlimmstenfalls zu triagieren.
Ergänzung des Landkreises
Landrat Köberle gratuliert dem Leitenden Notarzt Dr. Thomas Schmitt zum Dienstjubiläum
Landrat Michael Köberle hat gemeinsam mit dem Ersten Kreisbeigeordneten Jörg Sauer dem Leitenden Notarzt des Landkreises Limburg-Weilburg, Dr. Thomas Schmitt, die Urkunde zum 25-jährigen Dienstjubiläum überreicht.
Dr. Thomas Schmitt hat 1998 die Hausarztpraxis von seinem Vater Clemens Schmitt übernommen. Seither betreibt er die Praxis in Hintermeilingen, inzwischen gemeinsam mit Dr. Georg Fröhlich, ebenfalls Leitender Notarzt. „Am 1. November 1999 wurde Dr. Schmitt als Leitender Notarzt des Landkreises Limburg-Weilburg ernannt und ist seit diesem Zeitpunkt Ehrenbeamter des Landkreises. Er ist Sprecher der Leitenden Notärzte und vertritt diese in verschiedenen Gremien sowie im Bereichsbeirat. Die Arbeit als Leitender Notarzt übt Dr. Schmitt mit großer Leidenschaft aus. Er hat in den vergangenen 25 Jahren rund 3.450 Dienste geleistet. Für ihn ist Arzt kein Beruf, sondern eine Berufung“, betonte Landrat Köberle bei der Urkundenübergabe.
In seiner wenigen Freizeit widmet sich Dr. Thomas Schmitt der Modelleisenbahn und ist Mitglied im Saarländischen Modelleisenclub. Wenn es die Zeit zulässt, fährt er zudem gerne ins Erzgebirge in den Urlaub.
Bild: Übergabe der Urkunde zum Dienstjubiläum (von links): Landrat Michael Köberle, Dr. Thomas Schmitt, Michaela Brockmann, Erster Kreisbeigeordneter Jörg Sauer und Thomas Schmidt. Foto: Landkreis Limburg-Weilburg
Hinweis: Verwendung der Artikel mit freundlicher Genehmigung der Nassauischen Neuen Presse.