Berlin. Mit den Onlinefortbildungen „DFV direkt“ hat der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) ein neues Veranstaltungsformat erfolgreich etabliert ...
Bild: DFV
Jeden Monat informieren sich mehrere hundert Feuerwehrangehörige in unterschiedlichster Zusammensetzung bei der kostenlosen Online-Fortbildung für den Feuerwehrdienst über die verschiedenen Themen, die der DFV aus dem großen Themenspektrum anbietet.
Die aktuelle Ausgabe von „DFV direkt“ stand unter der Überschrift „Warum es kein Zufall ist, dass TETRA-Endgeräte bundesweit funktionieren“. Dabei stellten Philipp Kronfoth und Martin Schlott die Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS) und deren Aufgaben unter dem Slogan „Ein Netz für alle“ vor. Die Referenten präsentierten das hochsichere und hochverfügbare Kommunikationsnetz für die einsatzkritische Sprach- und Datenkommunikation von Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) und die Bundeswehr. Sie sprachen über Endgeräte und deren Herausforderungen, gaben einen Ausblick zur für die BOS unverzichtbaren Breitbandkommunikation und wagten auch eine Prognose zur Zukunft der digitalen BOS-Kommunikation. Knapp 500 Feuerwehrangehörige aus ganz Deutschland nutzten die hochkarätig besetzte Veranstaltung zur fachlichen Fortbildung.
Die im Jahr 2007 gegründete Bundesanstalt untersteht dem Bundesinnenministerium und beschäftigt mehr als 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die BDBOS ist für den Betrieb und die Weiterentwicklung des Digitalfunk BOS-Netzes in Zusammenarbeit mit Bund und Ländern zuständig. Was weniger bekannt ist: Sie hat auch die Verantwortung für den Betrieb und die Weiterentwicklung der Netze des Bundes. Auch nicht zum Allgemeinwissen zählt, dass in Deutschland das weltweit größte TETRA-Netz mit rund 5.000 Basisstationen aufgebaut wurde. Die Netzabdeckung beträgt 99,2 Prozent und die Netzverfügbarkeit sogar 99,96 Prozent. Mehr als 1,2 Millionen registrierte Teilnehmer wickeln in diesem Netz ungefähr 50 Millionen Funksprüche pro Monat ab. In dem gemeinsamen Netz funken die Polizeibehörden, die Feuerwehren, Rettungs- und Hilfsdienste, Katastrophen- und Zivilschutzbehörden sowie weitere Bundesbehörden einschließlich der Bundeswehr.
Aufgrund der Notwendigkeit für eine krisensichere Kommunikation sind die Anforderungen an das TETRA-Funknetz entsprechend hoch. So gibt es, um die Vertraulichkeit der Information zu gewährleisten, geschlossene Teilnehmergruppen und eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Im Vergleich zur inzwischen abgeschalteten analogen Funktechnik sind auch landes- und behördenübergreifende Verbindungen möglich. Diese Option ist vor allem bei Großschadenslagen relevant. Die Redner der BDBOS wiesen auch darauf hin, dass Unternehmen der kritischen Infrastruktur – also beispielsweise Energieversorger – nicht Bestandteil dieses Netzes sind. Das Kernnetz des TETRA-Funknetzes basiert auf eigenen Glasfasernetzen. Dies garantiert einen hohen Sicherheitsstandard, da es nicht mit dem Internet verbunden ist.
Dem Föderalismus in Deutschland geschuldet ist nach Angaben der Referenten, dass die Zuständigkeiten für die Leitstellen uneinheitlich sind. Möglich sind Autorisierte Stellen Digitalfunk, Bedarfsträger, Kommunen oder andere. Die gleiche „Uneinheitlichkeit“ gilt für die Zuständigkeit für Endgeräte einschließlich der Sicherheitskarten. Wobei besonders wichtig ist: neue Endgeräte müssen natürlich einheitlich sein!
Deshalb stellten die beiden Funkexperten in einem Kapitel ihres Vortrags die Leistungsmerkmale von Endgeräten im Digitalfunk BOS detailliert vor. Dazu zählt die Zertifizierungspflicht für Endgeräte (EG) gem. BDBOS-Gesetz und die Zertifizierung nach erfolgreicher Interoperabilitätsprüfung (IOP-Prüfung). Die IOP-Richtlinien werden jährlich neu veröffentlicht – die Liste der Geräte ist auf der BDBOS-Website einsehbar.
Ganz tief in die Technik eingetaucht wurde bei Thema „Parameter von Endgeräten im Digitalfunk BOS“. Hierauf näher einzugehen, würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen.
Auch die Vernichtung von Endgeräten wurde bei dieser Online-Fortbildung angesprochen. Denn die Geräte enthalten schutzbedürftige und lizensierte Daten (zum Beispiel Nutzerdaten, TEA2-Luftschnittstellenverschlüsslung, etc.) Deshalb ist die Entsorgung im Hausmüll oder Wertstoffhof verboten und der Weiterverkauf eingeschränkt. Was bei einer korrekten Entsorgung und Unbrauchbarmachung zu beachten ist, wurde ausführlich erläutert.
Das „Schlusskapitel“ widmete sich der Zukunft der digitalen BOS-Kommunikation und ein Ausblick zur Breitbandkommunikation, die für die BOS als unverzichtbar bezeichnet wurde! Nach Angaben der Referenten kommt der TETRA-basierte Sprechfunk an sein technologisches Lebensende, denn es sei ein Standard aus den 1990er Jahren. Breitbandige Datendienste würden unaufhaltsam einsatzkritisch sein. Datendienste müssten demnach den bewährten TETRA-Digitalfunk ergänzen und perspektivisch ablösen. Dabei werde es eine lange Migrationsphase geben.
Mittels Breitbandkommunikation werden zahlreiche neue Möglichkeiten beispielhaft nutzbar:
- Messenger-Dienste inkl. Bildübertragung
- Dokumentation und Überwachung des Einsatzgeschehens
- Überwachung von Sensor- und Vitaldaten z. B. Atemschutz, Rettungsdienst
- Übermittlung von Einsatzdaten und -informationen
Im Anschluss an die Vorträge der beiden Experten bestand die Möglichkeit, per Chat Fragen zu stellen. Davon wurde rege Gebrauch gemacht. Mehrfach wurde gefragt, ob das TETRA-Netz im Jahr 2030 abgeschaltet werde, da dann die verbindliche Frequenzzuteilung auslaufe. Obwohl beide Fachleute nicht bei diesen politischen Punkten involviert sind, gehen sie davon aus, dass das nicht passiert. Weitere Fragen befassten sich mit dem Austausch von Endgeräten, die nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen und teilweise von den Herstellern keine Updates mehr angeboten werden. Zur Frage nach neuen BSI-Karten wurde mitgeteilt, dass sich die Karten gerade in der Freigabe durch die Behörde befinden. Es werde sicherlich „Nachschub“ in diesem Jahr geben. Zum Thema Breitband wurde vermittelt, dass Vieles noch erprobt werden müsse. Darüber hinaus sei es auch möglich, gegebenenfalls mit kommerziellen Netzbetreibern zu kooperieren. Alles in allem stieß die hochinteressante Online-Veranstaltung auf überaus große Resonanz!
Bei der nächsten „DFV direkt“ referiert Lars Inderthal am Mittwoch, 12. März, zur neuen Fachempfehlung zur Durchführung von Evakuierungsübungen an Schulen und Kindertagesstätten. Information und Anmeldung: https://www.feuerwehrverband.de/veranstaltungen/dfv-direkt/.
Quelle: Deutscher Feuerwehrverband e. V. (DFV)