Berlin. Im Rahmen Ihrer Tätigkeit im Rettungsdienst kann es vorkommen, dass Sie im Dienst auf Schwangere in Notsituationen treffen, die sich für eine vertrauliche Geburt entschieden haben oder für eine solche in Betracht kommen ...
Bild: DFV
Information der Servicestelle der Informationskampagne „Ein Anruf, der viel bewirkt“ für im Rettungsdienst tätige Personen
Im Rahmen Ihrer Tätigkeit im Rettungsdienst kann es vorkommen, dass Sie im Dienst auf Schwangere in Notsituationen treffen, die sich für eine vertrauliche Geburt entschieden haben oder für eine solche in Betracht kommen. Damit Sie bestmöglich auf die Bedürfnisse der Schwangeren eingehen und ein sicheres medizinisches Umfeld für sie und ihr Kind schaffen können, möchten wir über die Besonderheiten der vertraulichen Geburt und das „Hilfetelefon Schwangere in Not“ informieren.
Was ist eine vertrauliche Geburt?
Die Schwangere in einer entsprechenden Notsituation möchte das Kind nicht behalten, hat Angst ihre Identität preiszugeben oder Sie haben die Befürchtung, die Frau könnte aufgrund ihrer persönlichen Notsituation das Kind in einem unsicheren Umfeld zur Welt bringen und damit ihre und die Gesundheit des Kindes gefährden. Diese oder ähnliche herausfordernde Situationen können bei einer regulären Untersuchung im Verlauf der Schwangerschaft, aber auch im Geburtsprozess selbst entstehen.
Die vertrauliche Geburt ist im Schwangerschaftskonfliktgesetz (§§ 25 ff. SchKG) geregelt. Sie ermöglicht schwangeren Frauen, ihr Kind medizinisch sicher, aber ohne Offenlegung ihrer Identität zur Welt zu bringen und zur Adoption freizugeben. Das Gesetz, das die vertrauliche Geburt regelt, ist am 1. Mai 2014 in Kraft getreten.
Begleitet wird der gesamte Prozess der vertraulichen Geburt durch eine Schwangerschaftsberatungsstelle. Zur Wahrung ihrer Identität gibt sich die Frau ein Pseudonym. Unter dem Pseudonym wird sie bei einer Hebamme oder in einer geburtshilflichen Einrichtung entbinden. Die realen Personalien der Frau werden beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftlichen Aufgaben (BAFzA) sicher verschlossen hinterlegt. So hat das vertraulich geborene Kind später die Möglichkeit, seine Herkunft zu erfahren.
Sobald sich eine Schwangere für eine vertrauliche Geburt entscheidet, ist eine Schwangerschaftsberatungsstelle hinzuzuziehen. Diese ist über das Hilfetelefon „Schwangere in Not“ – 0800 40 40 020 oder hilfetelefon-schwangere.de zu finden. Seit zehn Jahren bietet das Hilfetelefon „Schwangere in Not“ in dieser Situation rund um die Uhr, kostenlos, barrierefrei und in 19 Sprachen Unterstützung. Auch Sie als Fachkräfte können sich mit Fragen zur vertraulichen Geburt jederzeit an das Hilfetelefon wenden.
Ihre Rolle als Rettungsdienst bei der vertraulichen Geburt:
- Aufklärung: Informieren Sie sich, ob die Schwangere in einer entsprechenden Notsituation eine vertrauliche Geburt anstrebt und klären Sie sie ggf. über diese Option auf. Sollte die Schwangere vertraulich entbinden wollen, kann sie sich telefonisch an das Hilfetelefon „Schwangere in Not“ wenden oder auch eine Chat- und E-Mail-Beratung in Anspruch nehmen. Auf hilfetelefon-schwangere.de finden Sie weiterführende Informationen.
- Kontaktieren der Beratungsstelle: Die Schwangerschaftsberatungsstelle nimmt eine zentrale Rolle in dem Prozess der vertraulichen Geburt ein und ist – sofern die Schwangere sie noch nicht kontaktiert hat – frühestmöglich hinzuzuziehen. Eine entsprechende Beratungsstelle finden Sie über das Hilfetelefon „Schwangere in Not“.
- Sensibilität für Anonymität: Vermeiden Sie Nachfragen zur Identität der Schwangeren oder dem Hintergrund ihrer Entscheidung. Bitte fragen Sie nicht nach der Krankenversicherungskarte. Fragen Sie stattdessen die Schwangere, ob sie bereits mit einer Beratungsstelle in Kontakt getreten ist und ein Pseudonym erhalten hat. Wenn nicht, tragen Sie in der Dokumentation ein beliebiges Pseudonym als Platzhalter ein (zum Beispiel „Maria Mustermann“). Die Wahrung der Anonymität ist wichtig, denn sobald die Krankenkasse persönlichen Daten erhält, kann eine vertrauliche Geburt nicht mehr zustande kommen.
- Medizinische Versorgung: Die medizinische Versorgung der Schwangeren und des Kindes stehen im Vordergrund. Mit der vertraulichen Geburt schaffen Sie für Schwangere, die ihre Identität nicht offenlegen wollen, ein sicheres, medizinisches Umfeld und verhindern unsichere Geburten. Bitte vermerken Sie auf dem Einsatzprotokoll den Hinweis „vertrauliche Geburt“.
- Information an das Krankenhaus: Informieren Sie die aufnehmende Klinik über die Entscheidung der Schwangeren zur vertraulichen Geburt. Diese Information ist wichtig, um die notwendigen Schritte für die anonyme Entbindung einzuleiten.
Was ist mit den Kosten?
Die Entbindungskosten sowie die Kosten für die Vor- und Nachsorge der Geburt werden – unabhängig vom Versicherungsstatus der Schwangeren – dem Träger der Einrichtung der Geburtshilfe bzw. den zur Geburtshilfe berechtigten Personen durch den Bund erstattet. Hierzu zählen auch die entstandenen Kosten für den Transport. Die entsprechenden Anträge sind an das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA), Referat 501, 50964 Köln zu richten.
Wie Sie außerdem unterstützen können
Helfen Sie uns dabei, das Wissen über die vertrauliche Geburt und das Hilfetelefon „Schwangere in Not“ in Ihrem Netzwerk zu verbreiten. Weitere Infomaterialien (zum Beispiel Plakate, Flyer, Broschüre, Visitenkarte) sind barrierefrei, teilweise in mehreren Sprachen verfügbar und können kostenfrei hier bestellt oder heruntergeladen werden. Die Materialien können Sie auch auf Ihrer Website oder auf Ihren Social-Media-Kanälen nutzen. Weitere Informationen finden Sie unter hilfetelefon-schwangere.de oder in der praktischen Pocket-Info für Rettungsleitstellen und im Rettungsdienst Beschäftigte.
Ihre Arbeit ist ein ausgesprochen wichtiger Baustein, der zum Gelingen der vertraulichen Geburt beiträgt. Wir danken Ihnen sehr für Ihren Einsatz und Ihre Sensibilität im Umgang mit Schwangeren in Not.
Quelle: Deutscher Feuerwehrverband e. V. (DFV)