Mittelhessen.de Limburg-Weilburg. Selten sieht man über den Kreis einen Rettungshubschrauber kreisen. Und wenn, dann muss etwas Schlimmes passiert sein, sonst würde ja ein Rettungswagen genügen, so die einhellige Meinung. Denkste! ...

Lars Hoffmann, Disponent in der Rettungsleitstelle des Kreises Limburg-Weilburg. (Foto: Gütling) | mittelhessen.de
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Lars Hoffmann, Disponent in der Rettungsleitstelle des Kreises Limburg-Weilburg. (Foto: Gütling) | mittelhessen.de

Notrufe gehen in Limburg ein

Rund 140 Mal sind die gelben Helikopter jedes Jahr im Kreis im Einsatz, die Hälfte davon für sogenannte Sekundärtransporte, also etwa zur Verlegung eines Patienten in eine andere Klinik. Die Disponenten der Rettungsleitstelle Limburg haben sie alle auf dem Schirm.

Die Notfallkrankenhäuser der Region haben Lars Hoffmann gemeldet, wie sie heute belegt sind. Das machen sie jeden Tag. Der Einsatzsachbearbeiter, auch Disponent genannt, muss schließlich wissen, wo im Notfall noch Patienten aufgenommen werden können und wo nicht. Diese Information gibt er dann an den Notarzt am Unfallort weiter. Vieles wird aber auch bei einem kurzen Telefonat zwischen Notarzt und Klinikarzt besprochen, etwa, wenn der Patient eine Klinik wünscht, in der seine Krankenakte schon bekannt ist.

"Im Notfall muss jede Unfallklinik einen Patienten aufnehmen und eine Erstversorgung gewährleisten", sagt Helmut Jung (SPD), der als Erster Kreisbeigeordneter auch zuständig für das Amt für Öffentliche Ordnung ist. Dazu gehört auch der Fachdienst Brand-, Zivil- und Katastrophenschutz und damit die Leitstelle.

Die Rettungswagen (Monitor unten) ballen sich entlang der B49. Welcher Hubschrauber derzeit wo im Einsatz ist, zeigt der Monitor oben. Die grüne Farben bedeutet dabei, dass der Heli einsatzbereit ist. Der Kreis selbst verfügt über keinen Rettungshubschrauber, diese gehören dem Land. Auf dem Monitor sind auch jene aus Rheinland-Pfalz zu sehen. | mittelhessen.de
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Die Rettungswagen (Monitor unten) ballen sich entlang der B49. Welcher Hubschrauber derzeit wo im Einsatz ist, zeigt der Monitor oben. Die grüne Farben bedeutet dabei, dass der Heli einsatzbereit ist. Der Kreis selbst verfügt über keinen Rettungshubschrauber, diese gehören dem Land. Auf dem Monitor sind auch jene aus Rheinland-Pfalz zu sehen. | mittelhessen.de

Gemeinsam mit der Rettungsdienstaufsicht hat er die Rettungswachen im Kreis so verteilt, dass jeder Ort innerhalb der Rettungsfrist von zehn Minuten erreicht werden kann. "In 90 Prozent der Fälle schaffen wir das auch", sagt Jung. In anderen Bundesländern beträgt die Rettungsfrist dagegen 15 Minuten. "Die Leitstelle ist zu jeder Zeit Herr des Alarms. Sie bewirtet die Situation", sagt Jung. Soll heißen: Der Disponent weiß zu jeder Zeit, welcher Rettungswagen, welcher Hubschrauber und welcher Notarzt sich wo aufhält, wann Schichtwechsel sind und welches Fahrzeug nach einer Infektionsfahrt desinfiziert werden muss. Der Disponent und nicht der Sanitäter entscheidet, ob ein Wagen mit Blaulicht fährt oder nicht.

Rund um die Uhr und an 365 Tagen im Jahr besetzen zwei solcher Disponenten die Leitstelle. Vor jedem befinden sich vier Bildschirme, zwei weitere hängen an der Wand. Darauf können die Disponenten die Einsatzkräfte orten und erkennen, ob sie einsatzbereit sind.

Die Rettungsfahrzeuge und Helikopter senden ihren Aufenthaltsort über Satelliten, per GPS, an die Leitstelle. Elf Hubschrauber sind auf dem Monitor zu sehen. Aufgrund der Nähe zur Landesgrenze sind es sowohl hessische als auch solche aus dem benachbarten Rheinland-Pfalz. Daneben zeigt eine Liste, woher sie kommen und wohin sie unterwegs sind. Die, die rot leuchten sind im Einsatz. Grüne sind einsatzbereit.

Der Disponent generiert einen Code, aus dem eine Einsatzkette hervorgeht

Ganz ähnlich verhält es sich auf dem nächsten Bildschirm. Er zeigt Status und Lage der Rettungswagen, nur sind die Symbole hier grau und orange. Es handelt sich schlichtweg um ein anderes System. Diese Daten werden über das Navigationsgerät der Autos übertragen. Der Datenaustausch funktioniert auch in entgegengesetzte Richtung: Der Krankenwagen der zum Einsatzort fahren soll, bekommt alle Infos zu Unfallort und Verletzten auf das Navigationsgerät gesendet. Der Fahrer muss den Einsatz nur noch bestätigen, schon zeigt ihm das Gerät den Weg.

Welcher Wagen für welchen Einsatzort zuständig ist, ist fest geregelt. Gleiches gilt für die Hubschrauber. Sind die Fahrzeuge anderweitig im Einsatz, zum Beispiel weil sie einen Patienten von der Klinik nach Hause transportieren, ist geregelt, wer einspringt.

Eine Software hilft dem Disponenten, den Überblick zu behalten. Geht ein Notruf über das Telefon ein, fragt der Disponent nach, was passiert ist und welche augenscheinlichen Verletzungen vorliegen. Gleiches gilt für einen Feueralarm. Seine vielleicht wichtigste Aufgabe besteht darin, aus dem, was die oft aufgebrachten Anrufer ihm erzählen, ein Einsatzstichwort zu generieren.

60 Sekunden Zeit hat er dafür, schließlich läuft bereits die Rettungsfrist. Dann muss er eine Kombination aus Buchstaben und Zahlen in seinen PC eingeben - beispielsweise F 3 für einen Großbrand - und schon erscheint eine Liste mit Einsatzkräften, die notwendig und einsatzbereit sind.

24 Fahrzeuge von THW, Feuerwehr und Rettungsdienst werden im Falle eines Großbrandes mit einem Mausklick alarmiert - über Fax, Funk und einer Nachricht auf ihrem Navigationsgerät.

Welche Einsatzkräfte und Fahrzeuge bei welchem Stichwort nötig sind, hat das Land in sogenannten Alarm- und Ausrückordnungen festgelegt. Unter den Stichworten sind auch knifflige, beispielsweise wenn es in einem Tunnel zum Unfall kommt oder eine Fabrik mit chemischen Stoffen brennt.

Damit aus dem Notruf das richtige Stichwort hervorgeht, das schließlich eine Einsatzkette auslöst, ist es wichtig, dass der Disponent über praktische Erfahrung im Rettungswesen verfügt. Mindestens als Rettungssanitäter oder Rettungsassistent und Gruppenführer bei der Feuerwehr muss er ausgebildet sein, wenn er sich auf den Posten bewirbt. Das ist nicht nur wichtig, um am Telefon entscheiden zu können, ob neben einem Sanitäter auch ein Notarzt gebraucht wird, zum Beispiel, wenn im Hintergrund eine Person vor Schmerzen schreit und vor der Erstversorgung ein Schmerzmittel benötigt. Oftmals geht es am Telefon um Leben und Tod.

Lars Hoffmann, Disponent aus Barig-Selbenhausen, erinnert sich an einen seiner schwierigsten Einsätze in der Leitstelle. Ein 14-jähriges Mädchen hatte den Notruf gewählt, weil seine Mutter regungslos im Hausflur lag. Nach wenigen Fragen war Hoffmann klar: Das Herz der Frau hatte aufgehört zu schlagen. Über das Telefon musste er das Kind anleiten, seine Mutter zu reanimieren. "Man muss aufstehen und sich selbst auf den Boden knien, um das jemanden zu beschreiben", sagt Hoffmann. Am Ende überlebte die Frau.

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Dokument erstellt am 30.03.2012 um 17:02:41 Uhr

Hinweis: Verwendung der Artikel vom Weilburger- bzw. Nassauer Tageblatt mit freundlicher Genehmigung von Mittelhessen.de.

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