Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei. Limburg-Dietkirchen. Fast 3000 Kilometer mit dem Fahrrad von der Lahn an den Bosporus - zusammen mit Freunden bewältigten Mitglieder der Dietkircher Feuerwehr kürzlich diese beeindruckende Distanz. Über ihre Erfahrungen sprachen sie nach ihrer Rückkehr mit der NNP...

Der Abschluss der Tour: Vor der berühmten »Blauen Moschee« stellten sich (von links) Michael Pötz, Hermann Müller, Georg Muth, Peter Edel, Martin Stahl sowie Ludwig Schmidt für ein Abschlussfoto auf. Foto: König
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Der Abschluss der Tour: Vor der berühmten »Blauen Moschee« stellten sich (von links) Michael Pötz, Hermann Müller, Georg Muth, Peter Edel, Martin Stahl sowie Ludwig Schmidt für ein Abschlussfoto auf. Foto: König
 
Dietkircher Radfahrer strampeln durch halb Europa

„Köszönöm“, „Blagodara“, „Sas Eucharisto“, „Tesekkür Ederim“ - so heißt „Vielen Dank“ auf Ungarisch, Bulgarisch, Griechisch und Türkisch. Diese und andere nützliche Vokabeln brauchten Ludwig Schmidt, Georg Muth und Michael Pötz auf ihrer dreiwöchigen Fahrradtour von Dietkirchen nach Istanbul. Bevor sie dort mit ihren Rädern vor der berühmten „Blauen Moschee“ für ein Abschlussfoto posierten, waren sie unter anderem durch Österreich, Ungarn, Serbien, Bulgarien sowie Griechenland gefahren. Die Ereignisse der Tour schilderten die Radfahrer kürzlich der NNP.

Ohne Begleitfahrzeug

Zusammen mit Peter Edel, Martin Stahl und Hermann Müller waren die Dietkircher insgesamt 2860 Kilometer allein mit dem Fahrrad unterwegs gewesen. Kein Begleitfahrzeug unterstützte sie auf der Fahrt von der Lahn an den Bosporus. Kleidung, Werkzeug und Ersatzteile konnten sie daher nur soviel mitnehmen, wie in die Satteltaschen ihrer Tourenräder passten. Einschlägige Organisationserfahrung hatte die Männer aber schon vor fünf Jahren sammeln können, als sie mit Rad bis nach St. Petersburg gefahren waren. Das habe so viel Spaß gemacht, dass eine Fortsetzung bald beschlossene Sache war, erzählt Ludwig Schmitt. Die Wahl fiel auf Istanbul, die alte Metropole am Bosporus an der Schnittstelle zwischen Orient und Okzident. Bei so einer langen Fahrt müsse man schließlich ein schönes Ziel vor Augen haben, beschreibt Ludwig Schmidt die Motivation.

Auf der fast 3000 Kilometer lange Strecke hatten sich die Hobbysportler schon Monate vorher vorbereitet. Bereits im Winter machten sie sich am Heimtrainer fit für die Herausforderung. Es folgen etwa ein halbes Dutzend kleinere gemeinsame Fahrten, um sich aufeinander einzustellen. Denn auf dem Weg nach Istanbul gab es keine „Einzelkämpfer“ - egal ob über Berg oder Tal die Gruppe blieb (fast) immer zusammen. Unterwegs waren sie meistens auf normalen Autostraßen, denn jenseits von Deutschland und Österreich gibt es praktisch keine Fahrradwege, erzählt Pötz. Pannen gab es auf der Reise glücklicherweise nicht viele, ergänzt Georg Muth. Zwei platte Reifen und eine lockere Felge waren in etwa die einzigen Probleme.

Auch wenn das Material hielt, verlief die Fahrt selbst nicht ganz nach Plan. Vorgesehen war eigentlich, einen Großteil der Strecke entlang der Donau zurücklegen. Damit war allerdings schon in Vilshofen kurz vor Passau Schluss. Denn die Stadt erlebte in den Tagen gerade das größte Hochwasser seit 500 Jahren. „Da ging nichts mehr“, erinnert sich Michael Pötz. Dennoch stand ein Tourabbruch nicht zur Debatte. Nach dem „Fiasko Vilshofen“ gab es keinen „Plan B“, sagt Ludwig Schmidt. Nur kurz hielt die Gruppe „Kriegsrat“ in einem Café, dann stand der Entschluss, ins Landesinnere auszuweichen. Durch Österreich am Neusiedler See vorbei, über den ungarischen Grenzübergang Sopron entlang am Plattensee bis an kurz vor der serbischen Grenze reichte die Ausweichroute. Das Hochwasser hatten sie bei der Ankunft an der serbischen Grenze um etwa zehn Tage überholt.

130 Kilometer am Tag

Ein landschaftliches Highlight der weiteren Strecke war das sogenannte „Eiserne Tor“. So heißt das spektakuläre Durchbruchstal der Donau südlich der Karpaten zwischen dem serbischen Erzgebirge und dem rumänischen Banater Gebirge. Bis zum Bau eines Staukraftwerks im Jahr 1972 galt das Weltnaturerbe als der gefährlichste Streckenabschnitt der Donau. Es durfte deshalb nur mit ortskundigen Lotsen durchquert werden. Die Straße führte durch zahlreiche in den Fels geschlagene, unbeleuchtete Tunnel direkt am Flussufer entlang. Ein beeindruckendes Panorama war also garantiert.

Im Schnitt etwa 130 Kilometer legte die Gruppe täglich zurück. Übernachtet wurde in Hotels entlang ihrer Strecke. „Ohne gute Karten läuft dabei gar nichts“, betonen die Fahrer. Noch vor der Reise hatten sie sich deshalb eine Straßenkarte mit kyrillischen und englischen Ortsnamen besorgt. Denn viele Ortsschilder waren nur im kyrillischen Alphabet abgefasst. Fragen nach der richtigen Richtung oder dem nächsten Hotel beantworten aber auch Passanten überall bereitwillig. Die Leute waren sehr freundlich. Für allgemeine Aufmerksamkeit sorgten die Flaggen an den Rädern. Denn an einer Stange am Gepäckträger hatten die Radreisenden die verschiedenen Nationalflaggen der auf der Strecke liegenden Länder befestigt. Bei einer Gelegenheit wurde die Gruppe von einem Autofahrer überholt. Dieser stoppte hundert Meter weiter, stieg aus und klatschte jeden einzelnen ab. Langstreckenradler gibt es in der Region eher selten, vermutet Michael Pötz. Sie selbst begegneten auf der ganzen dreiwöchigen Tour auch nur zwei oder drei weiteren Touristen, die mit dem Fahrrad reisten.

Ein anderer Autofahrer half der Gruppe eines Abends bei der Hotelsuche. Eine halbe Stunde lang wies er ihnen mit seinem Auto den Weg, bis schließlich eine geeignete Unterkunft für die Nacht gefunden war. Die Hotels waren alle einfach aber gepflegt, betonen die Radler. Oft „mit Händen und Füßen“, aber immer problemlos verlief dabei die Verständigung. Denn auffällig war, dass selbst junge Leute an Hotelrezeptionen nicht immer Englisch konnten. Jeweils am Abend wurde dann auch das Etappenziel des nächsten Tages ausgewählt.

Probleme während der Fahrt machten die vielen streunenden Hunde. Wenn sie sich mit lautem Bellen auf die Radfahrer stürzten, war nie ganz klar, ob sie noch rechtzeitig abdrehen würden. In einigen Fällen half dann nur der beherzte Griff zur Pfefferspraydose. „Dann war aber auch Ruhe“, beschreibt Georg Muth die Wirksamkeit des Mittels. Die sportlich größte Herausforderung war die Überquerung des Balkangebirges in Bulgarien, dessen höchste Gipfel rund 2300 Meter über den Meeresspiegel liegen. Auf den Weg zum Trajanpass lockerte sich die sonst streng eingehaltene Gruppenformation dann auch etwas. „Jeder ist da hoch gestrampelt, so gut er konnte“, erinnert sich Pötz.

Nach einer zwei- oder dreistündigen Fahrt durch Griechenland erreichte die Gruppe schließlich den türkischen Grenzort Edirne. Von den vierspurigen Autostraßen der Metropole Istanbul trennte sie noch zwei bis drei Tagesetappen, die sie gemütlich entlang der Strände des Marmarameers zurücklegten. Mit 23 Übernachtungen habe man eine „Punktlandung“ hingelegt, sagt Pötz.

In Istanbul wurden die Fahrer von ihren Ehefrauen erwartet. Diese waren kurz zuvor mit dem Flugzeug angekommen. Ebenfalls auf dem Luftweg ging es dann nach fünf Tagen ausgiebiger Besichtigungen zurück in die Heimat. „Zoff“ habe es während der drei Wochen auf der Straße nie gegeben, sagen die Sportler. Eine weitere ähnlich große Tour werde es daher bestimmt geben, vermuten die Anwesenden. Und vielleicht werden sie diesmal auch nicht weitere fünf Jahre warten. koe


Im heimischen Dietkirchen schilderten sie noch einmal die Erlebnisse ihre Radtour und verdeutlichten auf der Karte ihre Route. Foto: KönigBild:
Im heimischen Dietkirchen schilderten sie noch einmal die Erlebnisse ihre Radtour und verdeutlichten auf der Karte ihre Route. Foto: König

Artikel vom 10.08.2013, 03:30 Uhr (letzte Änderung 10.08.2013, 03:33 Uhr)

Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.

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