Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei. Weilburg. Die Ermittler des Landeskriminalamtes (LKA) haben ihre Arbeit im Weilburger Kreiskrankenhaus ergebnislos beendet. Die Brandursache ist demnach nicht mehr festzustellen. Nach Informationen dieser Zeitung wissen die Fachleute allerdings, warum eine 78-Jährige in den Flammen starb ...

In diesem total ausgebrannten Zimmer starb die 78-jährige Patientin. Foto: Häring
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In diesem total ausgebrannten Zimmer starb die 78-jährige Patientin. Foto: Häring

Die Frau hatte im Krankenbett geraucht, obwohl sie Sauerstoff bekam - LKA ohne Ergebnis

Von Joachim Heidersdorf


Die Patientin hat eine schwere Operation hinter sich. Es ist schon spät am Sonntagabend, gegen 23 Uhr, auf der Station der Chirurgie herrscht bereits Nachtruhe. Da merkt wohl niemand, wenn ich rauche, wird die 78-Jährige sich gedacht haben. Wenig später steht die beinamputierte Frau lichterloh in Flammen. Sie stirbt an einer Rauchgasvergiftung und schweren Verbrennungen.

Die Todesursache ist seit gestern - nach der Obduktion in der Gießener Universitätsklinik - bekannt. Warum die Patientin keine Chance hatte, während ihre 87-jährige Zimmernachbarin unverletzt blieb, will niemand sagen.

Nach Informationen der NNP steht die Ursache fest:

Die Weilburgerin steckt sich eine Zigarette an, obwohl sie künstlich mit Sauerstoff versorgt wird. Diesen Leichtsinn muss die Frau mit dem Leben bezahlen. Dass Feuer und Sauerstoff eine hochgefährliche Mischung ist, hat sie nicht bedacht.

Auch die schnell herbeigeeilten Pflegekräfte können ihr nicht mehr helfen. Das Zimmer in der dritten Etage brennt völlig aus. Katastrophenalarm! Mehr als 200 Rettungskräfte rücken aus. Fünf weitere Zimmer werden schwer und zwei etwas weniger stark beschädigt. Aber die 35 anderen Patienten auf der Station kommen fast unversehrt davon. Fünf werden mit der Drehleiter geborgen; nur einer muss mit einer Rauchgasvergiftung ins Limburger Krankenhaus gebracht werden.

Das Feuer breitet sich glücklicherweise nicht aus. Die Brandschutztüren und -tore sowie die Lüftungsklappen halten dicht.

Brandschutz zahlt sich aus

Die sechs Millionen Euro, die das Kreiskrankenhaus in den vergangenen Jahren in die grundlegende Sanierung der Brandschutzeinrichtungen investiert hat, machen sich bezahlt. Der Schaden geht dennoch in die Hunderttausende.

Die Experten des Landeskriminalamtes (LKA) schließen ihre Arbeit ergebnislos ab. „Die Brandursache ist nicht mehr genau zu ermitteln“, sagt Uwe Meier, der Pressesprecher der Polizeidirektion, am Mittwoch dieser Zeitung. Das Feuer sei im Bereich des Bettes ausgebrochen, dies sei klar. Einen technischen Defekt hatten die Spezialisten früh ausgeschlossen.

Als Todesursache stellen die Gerichtsmediziner eine Rauchgasvergiftung fest. Die Frau wäre demnach aber auch ihren schweren Verbrennungen erlegen.

Im Weilburger Kreiskrankenhaus klären derweil die Gutachter der Versicherungen mit der Klinikleitung, welche Bereiche geschlossen bleiben müssen und welche wieder freigegeben werden können. Das Ergebnis soll am Donnerstag mitgeteilt werden.

Die Höhe des Sachschadens will Geschäftsführer Peter Schermuly nicht beziffern. 500 000 Euro hält er für eine realistische Summe. 35 Plätze in der Chirurgie müssen mehr oder weniger saniert, sechs Zimmer komplett und zwei teilweise entkernt werden. „Das wird bis zu einem halben Jahr dauern“, sagt Schermuly der NNP. Im anderen Teil dieses Brandabschnitts müssen die Decken ausgetauscht werden, dort hat sich Ruß festgesetzt. Die umfangreichen Arbeiten für den Brandschutz sind nach Angaben des Geschäftsführers erst vor Kurzem im Kellergeschoss abgeschlossen worden. Das Konzept wurde im Krankenhaus von oben nach unten abgewickelt.

Kein Fall für Staatsanwalt

Bei aller Tragik um den Tod der 78-Jährigen sieht Peter Schermuly auch Positives: „Der Einsatz des Personals war großartig“, lobt der Chef. Die Mitarbeiter hätten keine Panik aufkommen lassen und in Ruhe die Patienten in Sicherheit gebracht.

Vorwürfe, die in solchen Fällen immer schnell laut werden, macht den Beteiligten niemand, auch nicht die Staatsanwaltschaft. Weil die Patientin im Zimmer geraucht hat, was sie natürlich nicht durfte, könnten die Verantwortlichen theoretisch die Fürsorge- und Sorgfaltspflicht verletzt haben. „Wir sehen derzeit keine erkennbaren Anhaltspunkte, um in dieser Richtung etwas zu unternehmen“, sagt der Leitende Oberstaatsanwalt Michael Sagebiel dieser Zeitung. Formell müssten die Räume und die Personen überwacht werden, um die Sicherheit aller im Haus zu gewährleisten - laut Sagebiel jedoch in zumutbarem Rahmen. „Die Pfleger können weder alle Spinde und Schubladen durchsuchen noch Leibesvisitationen vornehmen und alle fünf Minuten im Zimmer nachschauen, ob jemand raucht.“

Artikel vom 14.11.2013, 03:30 Uhr (letzte Änderung 14.11.2013, 03:36 Uhr)

Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.

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