Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei. Limburg-Weilburg. Demografischer Wandel und Veränderung in der Berufswelt lassen die Wehren kleiner werden ...
 
Größter Einsatz der Feuwehren im vergangenen Jahr: Mehr als 200 Kräfte sind im Einsatz, als es im Weilburger Krankenhaus brennt. Die Einsatzkräfte können den Tod einer Patientin nicht verhindern, doch ihr Einsatz rettet andere Patienten und sorgt für einen begrenzten materiellen Schaden.
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Größter Einsatz der Feuwehren im vergangenen Jahr: Mehr als 200 Kräfte sind im Einsatz, als es im Weilburger Krankenhaus brennt. Die Einsatzkräfte können den Tod einer Patientin nicht verhindern, doch ihr Einsatz rettet andere Patienten und sorgt für einen begrenzten materiellen Schaden.

Von Johannes Laubach

Zu rund 1000 Einsätzen rücken die Einsatzkräfte der Feuerwehren jedes Jahr aus. Brandschutz, technische Hilfeleistungen und mehr funktionieren im Landkreis nach dem Prinzip der Freiwilligkeit. Wie lange noch?

Antworten geben der Erste Kreisbeigeordnete Helmut Jung (SPD), Kreisbrandinspektor Georg Hauch und Thomas Schmidt, Vorsitzender des Kreisfeuerwehrverbands.

„Wir schöpfen nicht mehr aus dem Vollen“, sagt Thomas Schmidt, Vorsitzender des Kreisfeuerwehrverbands. Dabei funktioniert das Prinzip der freiwilligen Feuerwehren jedoch nur deshalb, weil sich so viele für diesen Dienst bereit erklären, wie Kreisbrandinspektor Georg Hauch in dem Gespräch mit der NNP erläutert. Ein Prinzip, das auf die Probe gestellt wird, denn auch die Feuerwehren spüren den demografischen Wandel.

Frauen sind in den Feuerwehren im Landkreis heute alltäglich, die Wehren haben alle Nachwuchsabteilungen, viele sogar schon Kinderfeuerwehren, um frühzeitig den Nachwuchs zu binden. Ein Allheilmittel ist das nicht, macht Schmidt deutlich. Dabei verweist er auf die Eintritte in die Einsatzabteilungen. Nur ein Drittel von ihnen ist zuvor in der Jugendabteiligung gewesen, der Rest kommt von außen. Und dennoch, an der Notwendigkeit einer intensiven Nachwuchsarbeit lässt Hauch keinen Zweifel. Sie sichert zum Teil den Nachwuchs, führt in die Feuerwehrarbeit ein und bindet langfristig.

Muss Spaß machen

„Sie kommen, weil es ihnen Spaß macht, weil Freunde es auch tun“, sagt Schmidt über die Motivation, in der Einsatzabteilung aktiv zu sein. Aus Pflichterfüllung und Nächstenliebe kommen die Wenigsten. Und noch etwas ist ganz wichtig für die Feuerwehr: Die Verbundenheit mit dem Ort, in dem man aufgewachsen ist. „Die Bindung an die Feuerwehr ist im Heimatort am stärksten“, so Hauch. Dort ist die Hilfe, die durch die Feuerwehr geleistet wird, auch am konkretesten zu fassen. Die mögliche Hilfe kommt Angehörigen der Familie, Freunden und Bekannten zu gute.

Deshalb steht Schmidt möglichen Fusionen auch kritisch gegenüber. Er plädiert dafür, zumindest die Feuerwehr als Verein in jedem Ort zu lassen. Gegebenenfalls sei über die Fusion von Einsatzabteilungen nachzudenken oder sie auch konkret umzusetzen. In der Stadt Runkel ist dies mit den Einsatzabteilungen von Runkel und Schadeck geschehen, was sich nach außen an einem neuen Feuerwehrhaus dokumentiert. Möglicherweise stößt die eine oder andere Wehr noch dazu. In der Gemeinde Elbtal gibt es inzwischen eine zentrale Einsatzabteilung für alle Ortsteile.

Viele Kooperationen

„Eine von oben verordnete Fusion darf es nicht vergeben“, verdeutlicht Schmidt seine Position. Eine weitere Grenze sollte nach seiner Einschätzung ebenso nicht überschritten werden: Eine Fusion, die vor allem finanziellen Aspekten geschuldet ist.

Nach Angaben von Schmidt und Hauch gibt es heute in allen Kommunen des Kreises zwischen den einzelnen Wehren schon eine ausgeprägt Kooperation. „Das ist reale Praxis“, unterstreicht Hauch. Im Übungsbetrieb und in der Jugendarbeit werde teilweise schon über die Gemeinde- und Stadtgrenzen hinaus zusammengearbeitet. „Jeder für sich allein, das macht keinen Spaß“, sagt Schmidt.

Dabei können die Einsatzkräfte in der Regel auf eine gute bis sehr gute technische Ausstattung zurückgreifen. Da ist in der Vergangenheit auch viel Geld durch die Städte, Gemeinden und das Land investiert worden, auch in die Ausbildung, wie Hauch betont. Klage über eine mangelnde Unterstützung durch die Politik gibt es von den Feuerwehren nicht.

Und dennoch, die Feuerwehr ist kein Selbstläufer mehr. 2600 bis 2700 Aktive zählt der Verband in den Einsatzabteilungen, das ist relativ stabil – noch. Ohne die Frauen wären es deutlich weniger und ohne die in den zurückliegenden Jahren erheblich intensivierte Jugendarbeit müsste noch einmal reduziert werden.

Die Anzahl an Einsatzkräften reicht aus, um den Brandschutz zu gewährleisten, macht der Erste Kreisbeigeordnete Helmut Jung (SPD) deutlich. Das trifft auf jeden Fall in den Abend- und Nachtstunden zu. Tagsüber wird es deutlich schwieriger. Da gelingt es auch Großgemeinden nicht, einen kompletten Löschzug auf die Beine zu stellen, macht Schmidt deutlich. Die Leitstelle, dort gehen die Notrufe ein und sie alarmiert auch die einzelnen Wehren, informiert deshalb im Verbund, in dem auch Einsatzabteilungen aus der Nachbarschaft enthalten sind.

Ohne große Wirkung

Frauen haben Eingang in die Wehren gefunden, die auch intensiv auf Nachwuchsarbeit setzen, doch an der Veränderung der Rahmenbedingungen ändert dies nichts. Es ist vor allem die hohe Flexibilität in der Arbeitswelt mit Schichtarbeit, Wohnortwechsel, hohen zeitlichen Anforderungen, die Tribut fordert. Zudem gibt es durch Ausbildung und Studium oft keinen nahtlosen Übergang von der Jugendwehr in die Einsatzabteilungen.

Und schließlich ist auch der aktive Dienst in den Wehren deutlich anspruchsvoller geworden. Neben regelmäßigen Übungen sind Lehrgänge angesagt, die Freizeit kosten. Freizeit, die bei Familie oder Freunden fehlt oder mit anderen Verpflichtungen kollidiert, die es zum Beispiel durch den Sport gibt. Und der Feuerwehr fällt es überaus schwer, eine große Gruppe in der Bevölkerung zu erreichen. Bürger mit Migrationshintergrund sind überaus selten in den Einsatzabteilungen. Es gibt zwar immer wieder übergeordnete Kampagnen des Feuerwehrverbands, die auch auf lokaler Ebene aufgegriffen werden, doch bisher ohne große Wirkung.

Es werden weniger

Im Landkreis Limburg-Weilburg gab es im Jahre 1986 noch 3400 Einsatzkräfte in den Feuerwehren.

Das war der höchste Stand. Derzeit sind zwischen 2600 und 2700 aktiv. Die Zahl der Wehren ist auf 104 gesunken, 115 waren es einmal. Die letzte Werksfeuerwehr (Buderus/Maier-Guss in Staffel) ist im vergangenen Jahr aufgelöst worden. Es gab einmal drei Werksfeuerwehren im Landkreis (Buderus in Staffel, Bahnwerk Limburg und Leitz in Kubach). In Staffelstärke ausrücken (sechs Einsatzkräfte), das schaffen nach Angaben von Thomas Schmidt und Georg Hauch tagsüber deutlich weniger als die Hälfte aller Wehren im Landkreis.jl

Ohne hauptamtliche Kräfte keine Zukunft

Wie sieht die Feuerwehr in zehn Jahren aus? Das beschäftigt vor allem die Führungskräfte.

Thomas Schmidt als Kreisvorsitzender des Feuerwehrverbands und Georg Hauch als Kreisbrandinspektor sehen die Wehren auf dem Weg zu mehr Professionalität. Eine Einschätzung, die auch der Erste Kreisbeigeordnete Helmut Jung (SPD) als zuständiger Dezernent teilt. „In den Stellenbeschreibungen von Gemeinden und Städten muss die Feuerwehr vorkommen“, sagt er. Er ist der Auffassung, dass ein Teil der Führungskräfte hauptamtlich verankert werden muss. Nach seiner Einschätzung ist dies schon dem immer höherer werdenden Bereich der Feuerwehr-Verwaltungsarbeit geschuldet. Diese Arbeit müsse auf Dauer auch in den Verwaltungen erledigt werden, um das Ehrenamt davon zu befreien. Eine andere Möglichkeit der Förderung sieht Jung in einer stärkeren Anerkennung des Ehrenamts.

Auch Schmidt und Hauch sehen die Kommunen in der Verantwortung, denn die Sicherstellung des Brandschutzes sei einer ihrer originären Aufgaben. Dabei sei eine Zusammenarbeit über Gemeinde- und Stadtgrenzen hinaus durchaus denkbar.

Schmidt sieht dabei allerdings auch die Feuerwehren in der Pflicht. Dabei gehe es vor allem um die Führungskräfte. Diese müssten die Möglichkeit erhalten, ihre Qualitäten und Professionen ausüben zu können. Die Aufgaben seien deshalb von bürokratischer Last zu befreien. Und es gehe um die Auswahl des Führungspersonals. Es werde in Fach- und Methodenkompetenz geschult, doch die soziale Kompetenz werde oft hintenangestellt. „Führungskräfte müssen Neugier mitbringen und wissen, dass keine Einzelkämpfer, sondern Teamplayer gefragt sind“, skizziert Schmidt die Anforderungen. Anforderungen, die auch außerhalb des Einsatzes gelten. Uniform und Schulterklappen, so der Verbandsvorsitzende, zählten schon lange nicht mehr. Vorbildfunktion, Überzeugungskraft, seien wichtige Kriterien.

„Führungsverhalten im Ehrenamt“, das ist nach Einschätzung von Helmut Jung eine Daueraufgabe – nicht nur bei den Wehren.jl

Artikel vom 06.01.2014, 03:30 Uhr (letzte Änderung 06.01.2014, 03:33 Uhr)

Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.

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