Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.Limburg. Seit Anfang des Jahres wird in Limburg der Brandschutz großgeschrieben. In der Altstadt mussten Gastronome ihre Außenflächen massiv verkleinern, damit im Fall der Fälle Löschfahrzeuge durchkommen ...
 
Altstadt Limburg

Weiße Markierungen auf dem Boden in der Altstadt begrenzten bisher die Außenbereiche der Gastronomiebetriebe. In ihrem Rahmen durften Tische und Stühle aufgestellt werden. Seit diesem Jahr hat die Stadt diese Flächen verkleinert, um eine drei Meter breite Rettungsgasse freizuhalten. Deren Breiten wurde nach zwei Testfahrten durch die Feuerwehr am 15. November und 14. März festgelegt.

„Welche Sachverhalte haben sich gegenüber den Vorjahren verändert?“, ärgert sich Café-Bistro-Besitzer Sebastian Schmidt-Keilholz. Er betreibt das „Kolorit“ seit 2010 mit einer Außenfläche von 16 Quadratmetern. Im April verringerte die Stadt diese auf sechs Quadratmeter – eine Reduzierung um rund 60 Prozent.

Umgehend legte er Widerspruch bei ein. Sein Argument: Er und seine Mitarbeiter könnten die Außenanlagen binnen kürzester Zeit abbauen. Die Feuerwehr werde in keinster Weise beeinträchtigt.

Dies sei aber keine praktikable Lösung, wie die Pressestelle der Stadt den Stadtbrandinspektor Uwe Zimmermann zitiert. Das könnten die Brandbekämpfer „aus Erfahrung“ sagen.

„Existenzbedrohend“

Für Schmidt-Keilholz geht es um viel, er fühlt sich durch die Beschränkung in der Existenz gefährdet. Umso ärgerlicher war die lange Warterei, bis ein Mitarbeiter der Stadt endlich am 4. Juni bei ihm auftauchte, um die Sache zu prüfen. Mit „wenig Kompromissbereitschaft“ habe der darauf verwiesen, dass abends auf der gegenüberliegenden Straßenseite noch ein Tisch aufgestellt werden könne. Mit seinem Vorschlag, die Tische und Stühle im Notfall schnell zu entfernen, sei er auf taube Ohren gestoßen.

Das Problem gibt es überall dort, wo eng bebaute Altstädte zum Verweilen und Sitzen einladen. Nicht alle Städte gehen jedoch so eng mit den Vorschriften um. In der Wiesbadener Goldgasse, so informierte sich Schmidt-Keilholz, gebe es Alarmsysteme, die den Gastronomen im Fall eine Brandes ein Signal geben. So können die Betreiber ihre Sitzgruppen an die Seite ziehen. Zumindest die Presse-Sprecherin der Stadt signalisiert Gesprächsbereitschaft. Das könne man mit den betroffenen Gastronomen besprechen.“

Die enge Auslegung ist dem Wirt noch suspekter, weil während Altstadt- oder Weihnachtsfest überhaupt kein Platz für Rettungsfahrzeuge sei. Ein Mitarbeiter der Stadt habe argumentiert, dass die Veranstalter einfach „Glück“ gehabt hätten. „Brandschutz kann keine Glückssache sein!“, empört sich der Café-Betreiber. Er beruft sich auf den Grundsatz: „Gleiches Recht für alle“.

Neue Tische gekauft

Auch beim Flohmarkt, dem Altstadt und Weinfest gelten die gleichen Regelungen zum Brandschutz wie im allgemeinen Betrieb. Das Ordnungsamt überwache hier die Einhaltung der Belange des Brandschutzes, erklärt Alexandra Hesse.

Auch das Gasthaus „Schwarzer Adler“ ist betroffen. Hier mussten sogar neue Tische gekauft werden, um die verkleinerten Außenbereich überhaupt noch nutzen zu können. Andere Gastwirte der Altstadt scheinen resigniert zu haben. Eine Geschäftsfrau will nicht mit Namen genannt werden, weil sie Repressionen der Stadt fürchtet. In der Vergangenheit habe Kritik zu „willkürlichen“ Straf- und Bußgeldern geführt. „Auch ihrem Betrieb wurde der Außenbereich beschnitten. Komischerweise sei aber genau zu diesem Zeitpunkt die Anzahl der Stühle und Tische vor der Tür gegenüber gestiegen. Sie glaubt, dass die Meter, die ihr genommen wurden, einfach an den Nachbarn vergeben wurden.

Schon 2009 wollten die Zuständigen den Gastronomen Elena Mutudi und Giuseppe Rizzo verbieten, ihre Gäste vor ihrem Restaurant zu bewirten. Der Grund auch dort: unter anderem der Brandschutz. Die beiden klagten und bekamen vom Verwaltungsgerichtshof in Kassel recht. Die Tische vor ihrem Lokal dürfen seitdem im Sommer vor der Tür stehen. Allerdings liegt ihr Restaurant auf der Plötze, also einem größeren Platz.

Sebastian Schmidt-Keilholz glaubt nicht, dass es nur um den Brandschutz geht. In Gesprächen mit Vertretern der Stadt habe er gehört, dass der Brandschutz „der einzige juristisch mögliche Grund“ sei, „die Straßen frei zu machen“. Der Café-Betreiber vermutet auch, dass ein Feuerwehrauto selbst ohne Tische und Stühle in den Straßen nicht um die Ecken komme, die ganze Diskussion also obsolet sei. In der Zeit, in der sich ein Einsatzwagen durch die Fußgängergruppen manövriert, habe er seine Tische allemal entfernt. „Man muss sich jeden Tag neben dem normalen Geschäft noch mit so etwas rumärgern“, beklagt er den momentanen Zustand. Er wird trotzdem weiter kämpfen. (nh)

Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.

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