Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.Montabaur. Ohne geselliges Vereinsleben funktioniert die freiwillige Feuerwehr nicht. Das ist das Fazit des Referats von Kulturwissen- schaftler Dr. Moritz Jungbluth, der in der Bürgerhalle des Montabaurer Rathauses über die Entwicklungsgeschichte der Feuerwehren in der Region Nassau berichtete ...
 

Über Freiwillige Feuerwehren in der Region Nassau sprach Dr. Moritz Jungbluth in der Bürgerhalle des Montabaurer Rathauses. Der Wissenschaftler kam in Zivil, die Puppe neben ihm trägt eine „doppelt geknöpfte Feuerwehr-Normaljoppe“. Foto: Bohnhorst-Vollmer
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Über Freiwillige Feuerwehren in der Region Nassau sprach Dr. Moritz Jungbluth in der Bürgerhalle des Montabaurer Rathauses. Der Wissenschaftler kam in Zivil, die Puppe neben ihm trägt eine „doppelt geknöpfte Feuerwehr-Normaljoppe“. Foto: Bohnhorst-Vollmer

Von Anken Bohnhorst-Vollmer

Als die Männer und Frauen von der Feldarbeit nach Hause kamen, hatte das Feuer bereits zahlreiche Häuser verschlungen. Die Holzkonstruktionen waren verbrannt, das meiste Mobiliar verkokelt, berichtet der Chronist im Montabaurer Ratsbuch aus dem Jahr 1534. Doch anstatt zu verzagen, hätten sich die Bürger mit Wein Mut angetrunken und seien dann wacker in die glühenden Überreste ihrer Unterkünfte geklettert, um letzte Habseligkeiten zu retten. Unüblich war dieses Verhalten nicht, erklärte Kulturwissenschaftler Dr. Moritz Jungbluth in seinem Vortrag über die freiwilligen Feuerwehren in der Region Nassau. Im Gegenteil: Größere Brandkatastrophen waren früher nicht ungewöhnlich. Die meist strohgedeckten Häuser standen dicht nebeneinander, sodass sich Feuer rasch ausbreiten konnte.

„Sittliches Leben“

Aber auch die in den Bürgerschaften selbst organisierten Rettungsmaßnahmen waren verbreitet. Während etwa im 17. Jahrhundert der kirchliche Rat zur Feuerprävention darin bestand, ein „sittliches Leben“ zu führen, formulierten die Landesherren sogenannten Feuerverordnungen. Vorbeugende, bekämpfende und organisatorische Maßnahmen wurden hier festgeschrieben, erläuterte Jungbluth. So durften beispielsweise die Dächer nicht mehr mit Stroh gedeckt werden. Brandmauern mussten errichtet, Löschgerät bereitgehalten werden. Das waren die Vorschriften, deren Nichtbeachtung unter Strafe gestellt wurde. Die Praxis habe sich indes anders dargestellt, räumte der Wissenschaftler ein. „Strohdächer gab in der Region bis in die 1960er Jahre.“ Auch seien die Löschgeräte etwa im Rathaus der Stadt Montabaur so hoch unter der Decke aufgehängt gewesen, „dass die Männer nur wegen ihrer turnerischen Qualitäten“ zu den Ledereimern und Spritzen gelangen konnten.

Der erste Feuerwehrverein, also der erste freiwillige Zusammenschluss von Bürgern, datiert in Montabaur im Jahr 1872. Die Gründung dieses Vereins sei aber nicht eine Initiative der Stadtoberhäupter, sondern der Bürger gewesen, betonte Jungbluth. Sie war Ausdruck des „neu erlangten, bürgerlichen Bewusstseins“. Das eigene Leben selbst in die Hand zu nehmen, das sei die Motivation gewesen. Es sei den Menschen um das Gemeinwohl gegangen und ebenso um ein geselliges Freizeitangebot, in dem alle Mitglieder gleichberechtigt und nicht entsprechend ihrer Herkunft oder ihres Standes behandelt wurden. „Auch die kleinbürgerlichen Schichten der Gesellschaft waren hier vertreten“, sagte Jungbluth. Die Organisationen waren „demokratisch strukturiert“.

Gefördert wurden die regionalen Feuerwehrvereine durch den ebenfalls 1872 gegründeten Nassauischen Feuerwehrverband. Die Ausstattung der freiwilligen Feuerwehren wurde besser, die Männer erhielten einheitliche Uniformen, und die Ausbildung wurde standardisiert, resümierte Moritz Jungbluth. Knapp 500 freiwillige Feuerwehren habe es 1930 im Nassauer Land gegeben. Gemeinsame Dienste, Übungen, Versammlungen und gesellige Veranstaltungen bestimmten das Vereinsleben. Tanzabende und Weihnachtsfeiern wurden organisiert, Feuerwehrkapellen gegründet.

Unter dem NS-Regime

Im Nationalsozialismus waren die Feuerwehren jedoch nicht mehr der kommunalen Aufsicht, sondern der Polizei unterstellt, stellte der Referent klar. Vereine und Verbände wurden aufgelöst, Feuerwehrmänner direkt auf den NS-Staat vereidigt. „Die demokratischen Elemente fielen weg“, erläuterte Kulturwissenschaftler Jungbluth. Der Einsatz der freiwilligen Feuerwehr wurde nationalsozialistisch gelenkt, der Brand der Synagoge in Montabaur beispielsweise nicht gelöscht.

Zwar hätten sich heute längst wieder Freiwillige Feuerwehren etabliert, fasste Moritz Jungbluth zusammen. Dennoch müsse man die Vereine immer im Spiegel ihrer Zeit betrachten, um deren Veränderungen erkennen und einordnen zu können.

Privates Interesse professionalisiert

Knapp 600 Seiten umfasst die Dissertation „Freiwillige Feuerwehren in der Region Nassau“, die der in Nauort lebende Kulturwissenschaftler Dr. Moritz Jungbluth jetzt vorgestellt hat. Ein vergleichbares Werk über Vereinsleben und -geschichte gibt es derzeit nicht, sagt der 32-jährige Wissenschaftler.

NNP: Wie kommt man auf die Idee, über freiwillige Feuerwehren zu promovieren?

DR. MORITZ JUNGBLUTH: Mit ungefähr acht Jahren war ich mit meinen Eltern im Feuerwehrmuseum in Fulda, und da ist der Funke im wahrsten Sinn des Wortes übergesprungen. Seither sammle ich alles, was mit Feuerwehr zu tun hat…

… und haben im Laufe der Zeit Ihr privates Interesse professionalisiert?

JUNGBLUTH: Genau. Bereits meine Magisterarbeit handelte von diesem Thema, das ich dann für meine Promotion noch wesentlich vertieft und ausgeweitet habe. Entstanden ist eine kulturwissenschaftliche Studie über Vereinsleben und –geschichte in der Region Nassau mit den Schwerpunkten Montabaur und Bad Ems.

Ist Ihre Präsentation für jedermann?

JUNGBLUTH: Im Grunde schon. Ich habe etwa 300 Feuerwehrhelme, Uniformen, Spritzen, Löschgeräte und andere Ausrüstung, die ich zwar privat aufbewahre, aber gerne auch öffentlich zeige, wenn Interesse besteht. Außerdem bin ich immer auf der Suche nach weiteren Gegenständen.

Für weitere Informationen steht Moritz Jungbluth unter Telefon:  0 26 01/13 14 zur Verfügung. Die Dissertation „Freiwillige Feuerwehren in der Region Nassau, eine kulturwissenschaftliche Studie zu Vereinsleben und –geschichte“ ist im Buchhandel erhältlich.

Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.

 


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