News der Nassauischen Neue Presse
Selters-Niederselters. Mit einem Vortrag über die Vereinsgeschichte stimmten Eugen Caspary und Bürgermeister Dr. Norbert Zabel im Kulturzentrum «Alte Kirche» auf das Jubiläum «125 Jahre Freiwillige Feuerwehr Niederselters» ein ...

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Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.

Schon bei der Gründung der Feuerwehr vor 125 Jahren war das Dorf gut entwickelt

Über 100 Seiten Material hätten die beiden zusammengetragen, verriet Dr. Norbert Zabel. Dies sei ein wichtiges Zeugnis für den langfristigen erfolgreichen Einsatz für den Nächsten, mit Höhen und Tiefen, so der Selterser Bürgermeister.

Zu ihrer Gründerzeit habe Niederselters bereits eine Sonderstellung im Kurtrierischen Limburg besessen. In den Akten heißt es: «Niederselters ist der merkwürdigste Ort des Amtes. Mit den schönsten geräumigen Gebäuden, ansehnlichen Wohnhäusern, und städtisch gekleideten Bewohnern.»

In einer kleinen Entfernung zum Ort liege der seit 1536 bekannte Mineralbrunnen. Diesen Ort und seine stattliche Bebauung habe es, so Zabel, zu schützen gegolten. Nicht alleine gegen mögliche Übergriffe der Nassauer, die behaupteten, der Brunnen liege auf ihrem Territorium, sondern auch gegen die immer wieder stattfindenden Feuersbrünste überall in kurtrierischen Lande.

Dem damaligen Bürgermeister Johannes Bullmann oblag es, die 1783 von Kurfürst Clemens Wenzeslaus erlassene Verordnung zur Brandvorbeugung «auf dem platten Land» umzusetzen. Häuser, Scheune und Ställe mussten plötzlich mit Grenzabstand gebaut werden. Außerdem wurde für Niederselters vorgeschrieben, dass mindestens zwei Brandleitern, zwei Brandhaken und 30 Brandeimer kurzfristig angeschafft werden und innerhalb eines Amtes wenigstens zwei Feuerspritzen vorhanden sein mussten. Schultheiß und Ortsvorsteher waren laut Zabel verpflichtet, einen Nachtwächter zu beschäftigen und im Brandfalle mit Böllerschüssen, Glockenläuten oder so genannten Feuerläufern die Nachbargemeinden um Hilfe zu bitten.

Es mussten «sichere Personen» ausgewählt weren, die im Brandfall Gerätschaften herbeischafften. Handwerker aus einem Umkreis von fünf Kilometern mussten im Brandfall mit ihren Werkzeugen parat stehen, sowie Weiber und Mägde, um das Vieh in Sicherheit zu bringen. Als, wie der Heimatforscher berichtete, nach der napoleonischen Flurbereinigung Kurtrier verschwunden gewesen sei und Niederselters zum Herzogtum Nassau gekommen sein, forderte die Nassauische Landesregierung: «In allen Gemeinden sollen brauchbare Löschgerätschaften in erforderlicher Anzahl und guter Beschaffenheut vorhanden sein».

Niederselters hatte als damals schon großer Ort sogar eine eigene Feuerspritze. Spritzenmeister war ein Gemeindebediensteter. «Zudem musste eine Spritzenmannschaft gebildet werden, bestehend aus jungen Männern zwischen 23 und 50», berichtete Zabel. Am 22. Januar 1854 wurden dennoch die damals 1.300 Einwohner des Ortes in Angst und Schrecken versetzt, als im Ortskern ein Großbrand ausbrach und nur schwer in den Griff zu bekommen war. Damals merkte man laut Zabel, dass eine Pflichtfeuerwehr für die Gewährleistung des Brandschutzes nicht ausreichte. Bürgermeister Franz Keul drängte auf die Einrichtung einer freiwilligen Wehr, zunächst mit wenig Resonanz. Nachdem 1883 für 1.550 Mark (das waren zu dieser Zeit zwei Jahresgehälter eines Lehrers) eine Saug- und Druck-Feuerspritze angeschafft worden war, wuchs die Bereitschaft zur Mitarbeit.

Am 24. April desselben Jahres kam es im Gasthaus «Zum Schützenhof» zum Zusammentreffen von 18 Männern, die die Wehr ins Leben riefen. Treibende Kraft war der frühere Major Carl Heinrich Kroeck, der erst kurz zuvor von Wiesbaden nach Selters gezogen war. Zabel sagte, dass es heute nicht mehr zu klären sei, ob es Kroeck wirklich nur um den Brandschutz gegangen sei, oder ob er in der Wehr auch eine halbwegs paramilitärische Einrichtung mit Uniformen, Disziplin und Gehorsam gesehen habe.

Weiße Tücher als Zeichen der Feuerwehraktiven

Was Kroeck sofort bei der Gemeinde beantragte, war die Kennzeichnung der Feuerwehraktiven mit weißen Tüchern. Wer sich besonders verdient machte, bekam auf diese noch ein rotes F gemalt. Kroeck stiftete auch für die Wehr die ersten Ausrüstungsgegenstände. Erster Wehrführer wurde der Maurermeister Heinrich Ehlig. «Es waren vor allem Handwerker und Arbeiter, die der Wehr beitraten», erzählte Zabel. Das Vereinsleben war intakt. Es wurden viele Feste gefeiert, und in Nachbarorten für die Gründung weiterer Wehren geworben. Als es 17 Jahre später zum ersten Großbrand nach der Wehrgründung kam, bewährte sich die Einsatzabteilung beim gekonnten Löschen der Scheune des Landwirtes Joseph Zabel. rok

Personalstärke wird zurückgehen

Die Probleme der Wehr sind in der heutigen Zeit nicht geringer geworden, merkt Eugen Caspary an. Beispielsweise werde es dauerhaft kaum noch möglich sein, die Personalstärke zu halten. Es gehe folglich künftig nur noch durch eine noch modernere Ausstattung. Caspary meinte, die Wehr Niederselters mit ihrer hervorragenden Jugendarbeit und Ausbildung der Aktiven habe sich keine Versäumnisse vorzuwerfen. Sie könne das leisten, was auch eine Berufsfeuerwehr leisten könne. Wehrführer Theo Neckermann habe aber betont, dass aufgrund der Probleme mit der Tageseinsatzstärke auch die Gemeinde gefordert sei, bei Neueinstellungen noch mehr an aktive Feuerwehrkameraden zu denken. Caspary bezeichnete die Zusammenarbeit zwischen Wehr und Gemeinde insgesamt als hervorragend. So bekomme die Wehr voraussichtlich 2010 noch ein neues Hilfleistungsgruppenfahrzeug (HLF) 20, und der Dorfplatz am alten Feuerwehrhaus wird demnächst nach dem verstorbenen früheren Gemeinebrandmeister und Kreisbrandinspektor Herbert-Muth-Platz benannt. rok

Die Feuerwehrkapelle im Jahr 1932. Repro: KlöppelDie Feuerwehrkapelle im Jahr 1932. Repro: Klöppel

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