Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei. Weilburg. Für viele Villmarer war der Starkregen vor einer Woche ein schlimmes Unwetter. Für Maria Zirkel und ihre Familie war es eine Katastrophe: Ihr Haus – nicht mehr bewohnbar. Der Helferkreis Villmar hat gestern eine Spendenaktion gestartet ...

Stefan Zirkel vor seinem einsturzgefährdeten Elternhaus.
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Stefan Zirkel vor seinem einsturzgefährdeten Elternhaus.

Von ROLF GOECKEL Weilburg.

Den Morgen des 25. Juni 2016 wird die 77-jährige Witwe Maria Zirkel ihr Lebtag wohl nicht mehr vergessen. Sie saß gegen 7 Uhr beim Frühstück in der Küche, als sie plötzlich das Gefühl hatte, dass mit ihrem Haus etwas nicht stimmt. Während draußen sintflutartige Regenfälle niedergingen, eilte sie hoch in den ersten Stock, öffnete das Fenster – und traute ihren Augen kaum: Der oberhalb ihres Hauses in der Weilburger Straße gelegene Steilhang des Wiesenbergs rückte langsam näher. „Das ging alles so schnell, ich konnte es gar nicht fassen“, erzählt die Rentnerin. Tränen schießen ihr in die Augen, wenn sie an jenen Morgen denkt.

Die alte Dame handelte rasch und rief ihren Sohn an, der nur ein paar Häuser entfernt wohnt und ihr sogleich zur Hilfe eilte. Als Stefan Zirkel zum Eingang seines Elternhauses rannte, waren bereits mehrere Felsbrocken mit lautem Getöse durch das Plexiglas-Vordach hindurchgeschlagen. „Raus, raus, aus dem Haus raus!“, rief er seiner Mutter zu und zerrte sie aus der Wohnung. Inzwischen hatte seine Frau Anita hastig ein paar Kleidungsstücke der alten Dame zusammengerafft und war durch das Küchenfenster ins Freie gestiegen.

Zehn Tonnen

Die Situation des 1931 erbauten Hauses in der Weilburger Straße 25 ist besorgniserregend. Rund zehn Tonnen Erdreich, so die Schätzung eines Fachmanns, drücken gegen einen Stützmauer, die das Gebäude vor dem Hang schützen soll. Nur ein paar Bäume halten den Hang derzeit noch fest. Ob die Stützwand standhält, erscheint zweifelhaft. Vorsichtshalber verfügte das Kreisbauamt am Mittwoch ein vorläufiges Betretungsverbot. Die Straße vor dem Haus wurde gesperrt, weil der Hang weiter abzurutschen droht. Die wichtigsten Erinnerungsstücke und Wertsachen haben die Zirkels inzwischen gesichert; sämtliches Mobiliar und alle Einrichtungsgegenstände mussten sie aber zurücklassen. Ob und wann Maria Zirkel, die seit 1967 in dem Haus lebt, jemals wieder ihr Heim betreten kann, steht in den Sternen. Ein Abriss erscheint nicht ausgeschlossen. An Ideen, das Gebäude zu retten, mangelt es nicht – nur, ob diese auch umsetzbar sind, kann derzeit niemand sagen. Zurzeit, berichtet Stefan Zirkel, wird ein Bodengutachten erstellt, das Aufschluss darüber geben soll, ob sich der Hang weiter nach unten bewegt – vor allem: wie schnell. Geschieht dies langsam, bestünden vielleicht gute Chancen, das Gebäude erhalten – eventuell mit Hilfe eines Spezialbaggers. Mit einem extralangen Greifarm, so Zirkels Hoffnung, könnten die Erdmassen von oben herausgelöffelt werden. Das Problem: Würde der Bagger vor der einsturzgefährdeten Abbruchkante überhaupt einen sicheren Halt finden? Sollten die Erdmassen jedoch ruckartig in die Tiefe stürzen, wäre das Haus ohnehin verloren.

Unterdessen drückt die Zirkels vor allem die Sorge, wie sie den Schaden finanziell bewältigen können. Eine Versicherung, das steht bereits fest, kommt nicht dafür auf. Also bleibt nur die Hoffnung auf Nothilfe des Landes. Stefan Zirkel geht von einem hohen fünfstelligen, vielleicht sogar sechsstelligen Schaden aus – egal, ob das Haus abgerissen werden muss oder noch zu retten ist. „Ohne Hilfe können wir das nicht stemmen“, ist er sich sicher. „Da würden noch unsere Urenkel abbezahlen. Meine Mutter hat eine kleine Rente, ich muss eine Familie mit drei Kindern versorgen.“ Bürgermeister Arnold-Richard Lenz (SPD) erklärte bereits in einem Interview, dass die Gemeindeverwaltung der Familie helfen will, um das aus seiner Sicht aufwendige, komplizierte Antragsverfahren für Landesnothilfe zu bewältigen.

Auch aus der Villmarer Bevölkerung kommen täglich Hilfsangebote, für die Stefan Zirkel unendlich dankbar ist. „Wir sind nicht allein“, ist er sichtlich gerührt. Unterdessen hat auch der ursprünglich für die Unterstützung von Flüchtlingen gegründete Helferkreis Villmar Hilfe angeboten und ein Spendenkonto eingerichtet (IBAN DE 895 115 191 900 515 059 31 – Stichwort „Unwetter-Opfer Gemeinde Villmar 2016“). Ein Aufruf im sozialen Netzwerk „Facebook“ brachte es innerhalb kürzester Zeit auf mehr als 2000 Unterstützer. „Wir fühlen uns verpflichtet, hier zu helfen“, sagte Jürgen Weil vom Helferkreis, als er sich gestern ein Bild von der Situation machte.

Zermürbendes Warten

Das Warten darauf, wie es nun weitergehen soll, ist für die Familie zermürbend. „Man sitzt da und ist einfach ratlos“, sagt Stefan Zirkel. Sobald es zu regnen beginnt, beobachtet der Familienvater argwöhnisch die rotbraunen Erdmassen über dem Haus, in dem er aufgewachsen ist. Rutscht er, rutscht er nicht? „Alle Kindheitserinnerungen gingen verloren“, ringt er um Fassung. Seine Mutter hat er bei sich zu Hause aufgenommen. Auch einige Freunde und Bekannte haben ihr bereits spontan eine Wohnung angeboten. Derzeit hofft sie natürlich noch, alsbald in ihr Heim zurückkehren zu können.

Wie es überhaupt zu dem Unglück kommen konnte, ist Stefan Zirkel zu Folge noch völlig unklar. Seltsam sei, dass die oberen Erdschichten des Hangs verhältnismäßig trocken sind. „Es sieht so aus, als wäre das Wasser durch tiefere Schichten gekommen.“

Die Stützwand (li.) schützt das Haus vor drückenden Erdmassen – noch. Das Vordach wurde von Felsbrocken durchschlagen.
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Stefan Zirkel vor seinem einsturzgefährdeten Elternhaus.

Der Blick vom Wiesenberg aus zeigt das Ausmaß des Schadens: Der abgebrochene Hang drückt auf das Haus Weilburger Straße 25 (re.).
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 Der Blick vom Wiesenberg aus zeigt das Ausmaß des Schadens: Der abgebrochene Hang drückt auf das Haus Weilburger Straße 25 (re.).

Fassungslos beobachtet Stefan Zirkel täglich den Steilhang.
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 Fassungslos beobachtet Stefan Zirkel täglich den Steilhang.

Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.

 


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