Hessische JugendfeuerwehrHessen/Marburg. Die deutsche Jugendfeuerwehr und die hessische Jugendfeuerwehr feiern vom 5. bis 7.9. in Bad Homburg gemeinsam das 50. Jubiläum. Am 14.9. findet in Korbach die Hessenmeisterschaft statt, am 15.9. gibt es einen Festakt im Marburger Schloss. Rund 27.000 Jugendliche engagieren sich in Hessen bei der Jugendfeuerwehr. Im hr-online-Gespräch erklärt Jugendfeuerwehrwart Stefan Cornel, was den Reiz ausmacht – und welche Probleme es bei der Nachwuchssuche gibt ...


Zusammen geht es besser: Jugendfeuerwehrleute im Einsatz. (Bild: picture-alliance/dpa - Archiv)Rund 27.000 Jugendliche engagieren sich in Hessen bei der Jugendfeuerwehr. Im hr-online-Gespräch erklärt Jugendfeuerwehrwart Stefan Cornel, was den Reiz ausmacht – und welche Probleme es bei der Nachwuchssuche gibt.

Bild: Zusammen geht es besser: Jugendfeuerwehrleute im Einsatz. (Bild: picture-alliance/dpa - Archiv)
 
Die hessische Jugendfeuerwehr feiert an diesem Wochenende ihr 50-jähriges Bestehen mit einem Aktionstag in Marburg. Stefan Cornel hat auch einmal bei der Jugendfeuerwehr angefangen, in Frankfurt-Kalbach. Der 47-Jährige ist bereits seit Anfang der 80er Jahre bei der Freiwilligen Feuerwehr aktiv. Als hessischer Landesjugendfeuerwehrwart versucht Cornel nun Jugendliche für das Ehrenamt zu begeistern.

In Hessen engagieren sich rund 27.000 Mädchen und Jungen bei der Freiwilligen Feuerwehr. Die Jugendlichen opfern dafür viel Freizeit. Wie erklären Sie sich das?

Das liegt sicherlich nicht nur an den roten Feuerwehrautos. Die Jugendfeuerwehrarbeit ist eine ganz tolle Teamarbeit, bei der man in der Gruppe gemeinsam Spaß hat – ohne Selbstzweck. Zum anderen geben unsere Gruppen den Jugendlichen auch Halt. Wir sind ja ganz vielfältig aufgestellt mit über 2.000 Jugendgruppen. Dass jede von ihnen individuell ist, ist unsere Stärke.
 
hr-online: Das Gemeinschaftsgefühl ist also entscheidend?

Stefan Cornel (Bild: privat)Die Feuerwehren sind ein Teil der Dorfgemeinschaft, wir bieten sozialen Zusammenhalt. Die Leute sind nicht in der Freiwilligen Feuerwehr, weil sie den Messeturm löschen wollen. Sie sind dort, um Hilfe zu leisten, wenn in der Nachbarschaft was passiert. Das ist immer noch der Urgedanke der freiwilligen Feuerwehr. Ein Beispiel aus der Jugendarbeit: Bei den Zeltlagern gibt es eine Renaissance. Die Jugendlichen fordern so etwas sogar selbst ein, wenn das Betreuerteam es nicht anbietet. Sie wollen gemeinsam Zeit verbringen, und zwar ganz rustikal: ohne Strom, ohne Handy, ohne iPad.

Bild: Stefan Cornel (Bild: privat)

Bleiben die meisten Jugendlichen auch im Erwachsenenalter dabei?

Nein, leider nicht. Gerade die 16- und 17-Jährigen orientieren sich anders. Manche wollen nach jahrelangem Engagement schauen, was es sonst noch gibt, bei anderen ändert sich der Freundeskreis. Da haben wir einen Einbruch bei den Mitgliederzahlen. Dasselbe gilt für Mitglieder, die volljährig werden. Da geht es um den Eintritt in die Einsatzabteilung. Wer eine Lehre beginnt oder zum Studieren geht, ist auch nicht mehr vor Ort. Unsere Gesellschaft ist eben mobil und die Feuerwehr statisch. Das sind zwei unterschiedliche Dinge, die nicht zusammenpassen.
 
Ist die Freiwillige Feuerwehr also nicht mehr modern genug?

Ich denke, unsere Inhalte stimmen nach wie vor. Wir müssen nur die Verpackung immer wieder aktualisieren. Das ist manchmal leichter, manchmal schwerer.

Die Verpackung ändern - heißt das Werben in sozialen Medien?

Genau. Die meisten Jugendfeuerwehren sind inzwischen im Internet präsent, etwa in Facebook-Gruppen. Es geht aber auch darum, kulturelle Unterschiede zu berücksichtigen.

Was bedeutet das konkret?

Jeder kennt die Notrufnummer 112, doch wie das System in Deutschland funktioniert, ist nicht mehr bekannt. Wir sind in Deutschland zu 90 Prozent freiwillig aufgestellt, wir haben nur zwei Prozent Berufsfeuerwehren. In Hessen sind es sechs Berufsfeuerwehren, 2.400 Feuerwehren sind freiwillig. In europäischen Nachbarländern sind freiwillige Feuerwehren dagegen ganz selten. Menschen mit anderem kulturellen Hintergrund wissen deshalb oft gar nicht, dass ihr Kind dort mitmachen kann. In der Türkei etwa sind die Feuerwehren sogar gleichgestellt mit Polizei oder Militär. Da fragen sich Eltern noch viel mehr: Was will die Feuerwehr von meinem Kind? Deshalb ist das Informieren sehr wichtig.

Die Feuerwehren leiden unter Mitgliederschwund. Liegt das auch am demografischen Wandel?

Der demografische Wandel erreicht uns jetzt erst langsam. Ein Blick auf die Hessenkarte zeigt allerdings schon Bewegungen: hin zum Rhein-Main-Gebiet, Richtung Kassel, Richtung Fulda. Die Landkreise dazwischen dünnen aus, da wohnen einfach weniger Leute.
 
Müssen wir uns wegen der Nachwuchsprobleme um den künftigen Brandschutz Sorgen machen?
Wir müssen uns noch keine Sorgen machen, aber wir müssen genauer hinsehen. Wie ist die Bevölkerungsentwicklung, vor allem hinsichtlich des Wegzugs?

Sie feiern in diesem Jahr 50 Jahre Landesjugendfeuerwehr. Wie waren denn die Anfänge in Hessen?

Vorneweg: Die Jugendfeuerwehrgruppen sind weitaus älter als 50 Jahre, manche gab es schon in den 20er und 30er Jahren. Am Anfang waren das Gruppen für 16- und 17-Jährige, die schon beim Löschen mit dabei waren. Parallel haben Freiwillige Feuerwehren in den Dörfern Angebote für Jüngere gemacht. Einen großen Boom gab es nach dem Krieg und in den 50er Jahren sowie dann nochmal in den 70er Jahren. Mit der wachsenden Anzahl an Gruppen ist eine Struktur gewachsen. Es war es ein logischer Schluss, dass die Feuerwehren eine Interessenvertretung und Bündelung der Kräfte auf Landesebene forderten.

Sie selbst sind schon seit mehr als 30 Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr. Welcher Einsatz ist Ihnen in Erinnerung geblieben?

Cornel: Ich komme von einer kleinen Dorffeuerwehr aus Frankfurt-Kalbach. Das ist hinsichtlich der Einsätze sehr überschaubar. Was ich von jedem Einsatz mitnehme, ist die Teamarbeit. Wenn man gemeinsam eine Arbeit geleistet hat, geht man gestärkt aus dem Einsatz nach Hause.

Das Gespräch führte Susanne Mayer, hr-online

Quelle: hr-online

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