Elz. Die Freiwillige Feuerwehr in Elz hat Sorgen. Da die Feuerwehrleute nicht vorzeitig geimpft werden, fallen die Übungen aus. Auch der Nachwuchs hat keine Chance zur Zusammenkunft und zum gemeinsamen Training ...
Bild: Wehrführer Hilmar von Schenck - foto: Anette in concas
ELZ - Feuerwehrchef Hilmar von Schenk kritisiert fehlende Unterstützung von Bundes- und Landespolitikern
Unsere Mitarbeiterin Anette in Concas sprach mit dem Chef der Elzer Feuerwehr, Wehrführer Hilmar von Schenck.
"Dafür sind wir da", das ist ein Satz, den man nach Einsätzen immer von Ihnen hört. Welche Aufgaben nehmen Sie wahr?
Die öffentlichen Feuerwehren haben - als kommunale Pflichtaufgabe - den vorbeugenden und abwehrenden Brandschutz und die Abwehr anderer Gefahren, Letzteres meist im Rahmen der technischen Hilfe, zu gewährleisten. Das ist unser "Kerngeschäft". Wir leben aber auch den Servicegedanken für Mitbürger und Gemeinde und bringen uns regelmäßig aktiv in Themen ein, die nicht zu den Klassikern wie Feuer oder Unfall gehören.
Haben Sie in diesem Jahr schon Leben gerettet?
In diesem Jahr mussten bereits drei Menschen aus bedrohlichen Zwangslagen gerettet werden, 2020 waren es 17!
Haben Sie den Eindruck, die Menschen sind unselbstständiger als früher?
Auch hier ist eine zunehmende "Verstädterung" der Bevölkerung erkennbar. Wenn beispielsweise die Mülltonne brennt, wird ganz selbstverständlich die Feuerwehr gerufen. Das beklagen wir aber nicht. Uns ist es lieber, gleich gerufen zu werden als zu spät.
Die Elzer Feuerwehr ist eine Einsatzfeuerwehr. Was bedeutet das genau?
Unsere Einsätze übersteigen bei Weitem die Zahlen der Übungen, obwohl wir wöchentlich eine Übung haben. Regelmäßig arbeiten wir über 150 Einsätze pro Jahr ab. Das sind zum Glück nicht immer hochdramatische Dinge, bei denen es um Leben und Tod geht. Viele kleine Einsätze werden ganz unspektakulär ohne Blaulicht und Horn absolviert. Alles geschieht rein ehrenamtlich und vieles davon in unserer Freizeit.
Gibt es aktive Frauen bei der FFW Elz? Und schaffen die die körperlichen Einsätze?
Besondere Kraft ist nicht immer vonnöten. Wir finden garantiert für jede(!) Frau die passende Aufgabe im Team - genau wie auch bei den Männern. Aktuell sind bei uns aber leider nur zwei Frauen aktiv. Da würde ich mich über mehr Zulauf wirklich freuen! Ich kenne einige Feuerwehrfrauen, teils auch in Führungspositionen, die den männlichen Kameraden in nichts nachstehen.
Müssen Arbeitgeber ihren Mitarbeitern für einen Einsatz frei geben? Klappt das?
Ja. Die Gemeinde erstattet den Betrieben den Lohnausfall. Das funktioniert auch normalerweise gut. Wir versuchen aber auch, die Einsatz-Ausfallzeiten mit einem abgestuften Alarmsystem so gering wie möglich zu halten.
Wie sieht es aus mit Corona?
Corona beeinträchtigt unseren Betrieb nachhaltig. Die Einsatzfahrzeuge sind mit weniger Personal besetzt und alle müssen FFP2-Masken tragen. Der Großteil der Einsatzkräfte hat noch keine Impfung. Über die Einordnung von Feuerwehrleuten bei der Impfpriorisierung in die letzte Stufe sind wir wirklich enttäuscht. Das zeugt nicht nur von fehlender Wertschätzung durch die Bundes- und Landes-Politik, sondern auch von absoluter Ignorierung des tatsächlichen Einsatzgeschehens. Unsere Einsatzkräfte setzen sich regelmäßig einem hohen gesundheitlichen Risiko bei direkten Kontakten aus. Bei Unfällen, bei Drehleiter-Rettungen oder Notfall-Türöffnungen. Vor dem Hintergrund, dass der flächendeckende Brandschutz und die technische Rettung in Deutschland rund um die Uhr und an 365 Tagen im Jahr zu 95 Prozent durch ehrenamtliche Feuerwehrleute sichergestellt wird, empfinden wir die nachrangige Einstufung als derben Schlag ins Gesicht.
Finden Treffen und Übungen während Corona statt?
Wir halten unsere wöchentlichen Übungen als Online-Meeting ab. Dabei können wir natürlich nur die Theorie beschulen. Die praktische Ausbildung ist so nicht durchführbar. Gerade für unsere zahlreichen Nachwuchskräfte, die sich zum Teil noch in der Grundausbildung befinden, ist das bitter. Erst mit der abgeschlossenen Grundausbildung, die einen verbindlichen Katalog an Ausbildungsthemen enthält, ist eine Teilnahme an Einsätzen zulässig. Da aber auch der Lehrgangsbetrieb der Hessischen Landesfeuerwehrschule und die Kreisausbildung faktisch zum Erliegen gekommen sind, entwickelt sich gerade ein riesiger Fortbildungs-Rückstau. Der wird auch nach Corona nicht so schnell abgebaut werden können. Das bedeutet, dass uns absehbar ausgebildete Atemschutzgeräteträger, aber auch ausgebildete technische Unfallretter fehlen werden.
Und die Jugendfeuerwehr?
Die Jugendfeuerwehr ist am stärksten von den Corona bedingten Einschränkungen betroffen. Faktisch steht der Übungsbetrieb seit einem Jahr still. Da wir auch in diesen Zeiten bedingungslos einsatzbereit bleiben müssen, verbieten sich in Anbetracht der gerade im Kinder-und Jugendbereich hohen Corona-Fallzahlen Präsenzübungen in der Feuerwache. Diese Situation ist absolut unbefriedigend, da ich befürchte, dass nach Ende der Pandemie nicht mehr alle Kinder und Jugendlichen zur Jugendfeuerwehr zurückkommen. Wir versuchen gerade mit unseren Führungskräften aus der Einsatzabteilung ein niederschwelliges Angebot einzurichten, damit der Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen nicht abreißt. Ich hoffe daher auf schnellstmögliche Impfungen für Feuerwehrleute. Das würde uns bei diesem für die Zukunft der Feuerwehr existenziell wichtigen Thema weiterbringen.
Wie finanziert sich die FFW?
Die Feuerwehr ist eine kommunale Einrichtung und wird von der Gemeinde finanziert. Wir haben aber in Elz zum Glück auch einen sehr rührigen Feuerwehr-Förderverein, der die Aktiven und deren Ausstattung sowie die Mitgliederwerbung finanziell unterstützt. Daher sind wir in Elz vorbildlich mit modernster Technik ausgestattet. Notwendige Ersatzbeschaffungen, gerade auch bei den durchweg sehr teuren Einsatzfahrzeugen, erfolgen reibungslos. Die Zusammenarbeit von Feuerwehr, Rathaus und Kommunalpolitik läuft in Elz sowohl sachlich als auch menschlich auf hohem Niveau. Man kennt sich und vertraut sich. Wir sind aber auch für sparsames Wirtschaften und Kreativität bei der Realisierung von Projekten bekannt, Gerade ist ein neuer Rüstwagen in der Beschaffung. Er muss ein fast 30 Jahre altes Fahrzeug ersetzen.
Worauf sind Sie stolz?
Auf unser starkes Team, auf das zu jeder Tages- und Nachtzeit Verlass ist.
Hilmar von Schenck zu Schweinsberg (58) ist seit 1976 Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr in Elz. Auch nach 45 Jahren macht ihm die aktive Feuerwehrarbeit viel Spaß. Schon als 14-Jähriger fand er das Geschehen rund um die Feuerwehr faszinierend, auch weil in dieser Zeit die technische Entwicklung und Ausrüstung konstant wuchs. Er ist nicht der Einzige, der der Feuerwehr seit 45 treu geblieben ist. Auch etliche Kameraden aus seinem Jahrgang haben dem Brandschutz immer die Stange gehalten. Der Elzer Familienvater ist seit 1985 Pressewart, 1990 erfolgte die Ernennung zum stellvertretenden Wehrführer. Seit 2005 übernimmt er die Aufgaben des Wehrführers, ist also zuständig für die Ortsfeuerwehr, organisiert Übungen und kümmert sich darum, dass die Geräte einsatzbereit bleiben. Gemeindebrandinspektor und damit "Chef" der Feuerwehr und Ansprechpartner für die Gemeinde in Sachen Brandschutz ist er seit dem seit 1. Januar 2014.
Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.
Interesse am Mitmachen bei der Freiwilligen Feuerwehr?
Das kann bei uns JEDER, zumindest als Unterstützer im Feuerwehrverein und wer geistig und körperlich in der Lage und Willens ist, kann auch aktiv in einer Kinder- oder Jugendfeuerwehr, in einer Einsatzabteilung oder bei der Feuerwehrmusik mitmachen!
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