LIMBURG-WEILBURG. Es ist leise in der Zentralen Leitstelle Limburg-Weilburg. Einige Meter voneinander entfernt nehmen Jörg Leichthammer und Sebastian Brahm Notrufe entgegen ...

Rettungsdienste, Notärzte, Feuerwehren und Mitarbeiter der Leitstelle Limburg-Weilburg werden stark beansprucht

Von Jürgen Vetter

Die beiden Männer aus Löhnberg und Brechen sind hoch konzentriert. Falsch verstandene Worte können hier fatale Folgen haben.

Die Belastungen für die Einsatzbearbeiter sind größer geworden, erzählt Kreisbrandinspektor Georg Hauch aus Anlass des „Tags des Notrufs 112”. Hauch und der Erste Kreisbeigeordnete Jörg Sauer (SPD) blicken besorgt auf ihre Statistiken, denn überall zeigen die Kurven nach oben. Alleine von 2021 auf 2022 sei die Zahl der Notrufe, die in der Limburger Gartenstraße bearbeitet wurden, um 13,6 Prozent gestiegen.

Medizinische Notfälle, Unfälle, Feuer und andere Situationen, in denen schnelle Hilfe nötig ist – wenn ein Notruf abgesetzt wird, dann ist die Lage meist ernst. „Die Mitarbeiter hier leisten deshalb einen total verantwortungsvollen Dienst. Sie müssen innerhalb kürzester Zeit sehr wichtige Entscheidungen treffen”, sagt Jörg Sauer und schaut in Richtung der drei Männer, die an diesem Vormittag gerade in der Leitstelle Anrufe entgegennehmen.

Schnell alle wichtigen Informationen bekommen

Der große Raum im Verwaltungsgebäude in der Grabenstraße ist technisch auf dem neuesten Stand. Jeder Einsatzbearbeiter hat freien Blick auf mindestens zehn Bildschirme, die ihm wichtige Details der aktuellen Lage vor Augen führen. Vor Kurzem erst sei wieder modernisiert und auch das Mobiliar ausgetauscht worden, berichtet Georg Hauch. Der Kreis versuche sicherzustellen, dass die Leitstelle so effektiv wie möglich arbeitet.

Dazu habe man bereits im Jahr 2006 die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende „Strukturierte Abfrage” eingeführt, erläutert der Kreisbrandinspektor. Ziel sei es, vom Anrufer möglichst schnell alle benötigten Informationen zu bekommen. Je nach Antwort wird der Mitarbeiter dabei auf dem Bildschirm direkt zu weiteren Fragen geführt. Klagt beispielsweise ein Anrufer über Herzschmerzen, schalten sich dazu spezielle Fragen auf, die den Gesundheitszustand des Patienten bei Herzproblemen weiter eingrenzen können.

Ist die Entscheidung gefallen, einen Krankenwagen oder auch den Notarzt zu alarmieren, gehen noch während des Telefonats die gesammelten Informationen beispielsweise direkt auf das Navigationsgerät und zum Digitalfunk des Notarztwagens. So können sich die Einsatzkräfte bereits vor Ankunft über die Lage informieren. Hauch geht davon aus, dass dieses System mit der Einführung der Telemedizin noch besser wird.

Da in einer Notfallsituation nicht alle Regeln des Datenschutzes eingehalten werden müssen, können die Telefonnummer des Anrufers und seine Adresse auch ermittelt werden, wenn die Nummer von ihm unterdrückt wird. Kommt der Anruf von einem Mobiltelefon, kann dessen Standort ungefähr lokalisiert werden. Die Rufnummern würden später natürlich wieder gelöscht, sagt der Kreisbrandinspektor.

Wenn ein Notruf über das Mobilnetz reinkommt und der Anrufer zustimmt, dann können sich die Mitarbeiter der Leitstelle sogar auf die Kamera seines Handys aufschalten und zusätzlich einen optischen Eindruck von den Gegebenheiten vor Ort gewinnen. Darin sieht Hauch einen großen Vorteil, denn: „Dann sieht es der Einsatzbearbeiter selbst direkt und in Echtzeit.”

Für Menschen mit Hör- oder Sprachproblemen gibt es außerdem die Möglichkeit, den Notruf über die App Nora oder über ein Faxgerät abzusetzen. Auf dem Fax-Vordruck sind die wichtigsten Antworten vorformuliert und müssen nur noch angekreuzt werden. Den Vordruck und weitere Infos zu Fax und App gibt es im Internet unter https://www.notfall-telefax112.de/index.html.

Das System stößt an seine Belastungsgrenzen

Jede einsetzbare Optimierung kommt den Verantwortlichen wie gerufen, denn im Landkreis Limburg-Weilburg stößt das Notruf-System langsam aber sicher an seine Belastungsgrenzen, obwohl einiger Aufwand getrieben wird: In der Leitstelle sorgen 20 Mitarbeiter im Drei-Schicht-Betrieb dafür, dass die Anrufe schnell entgegengenommen werden. Drei Notarztfahrzeuge und bis zu 14 Rettungswagen stehen rund um die Uhr für Notfälle bereit, zusätzlich werden sechs Fahrzeuge für den normalen Krankentransport vorgehalten.

Bei 83,5 Prozent der Einsätze seien die Helfer 2022 innerhalb von zehn Minuten zur Stelle gewesen. Diese Quote sei etwas gesunken, was auch darauf zurückzuführen sei, dass durch die Belastungssituation in den Kliniken häufiger Patienten in entferntere Krankenhäuser gefahren werden mussten. Dann seien die Fahrzeuge dementsprechend länger unterwegs und stünden erst später wieder für neue Einsätze zur Verfügung.

Schon seit Jahren steigt die Zahl der Kontaktaufnahmen in der Leitstelle. Im vergangenen Jahr sind dort 37.957 Notrufe, 14.166 Anrufe zu Krankentransporten von hilfesuchenden Menschen sowie 44.475 andere Anrufe, wie Klärungstelefonate mit Kliniken und anderen Anliegen eingegangen. Das bedeutet 11,67 Prozent mehr als 2021. Die Zahl der Rettungswagenfahrten mit Sondersignal stieg in diesem Zeitraum um fast 20 Prozent an, die der Brandeinsätze der Feuerwehren um 25,8 Prozent. Letzteres habe aber zum Teil an der langen Dürre im vergangenen Sommer gelegen, erklärt der Kreisbrandinspektor.

Es gibt mehrere Gründe für den Anstieg

Warum aber wird zwischen Mengerskirchen im Norden und Würges im Süden immer öfter die 112 gewählt? Dafür gebe es mehrere Gründe, sind sich Hauch und Sauer einig: Einerseits wirke sich der steigende Altersdurchschnitt der Bevölkerung aus. Andererseits würde Personalmangel häufiger zu Engpässen und reduzierte Bereitschaftsstunden in Arztpraxen und beim Ärztlichen Bereitschaftsdienst führen. Seien Wartezeiten dort zu lange, würden die Patienten auf die Leitstelle ausweichen. Sinkende Geduld und weniger „Bürgerzufriedenheit” verstärken diesen Trend, so der Kreisbrandinspektor.

Und wenn die Verantwortlichen für das Notruf-System im Kreis einen Wunsch frei hätten? Georg Hauch würde sich für deutliche Verbesserungen im gesamten Gesundheitssystem entscheiden. Und Jörg Sauer ergänzt: „30 Prozent mehr qualifiziertes Personal in allen Bereichen.”

DER EUROPAWEITE NOTRUF 112

Im Jahr 2009 hat die EU den „Europäischen Tag des Notrufs 112” ins Leben gerufen und dafür passenderweise den 11. Februar (11.2) festgelegt.

An diesem Tag soll immer wieder die Aufmerksamkeit auf den bereits seit 1991 in allen EU-Staaten einheitlich unter der Nummer „112” kostenfrei erreichbaren Notruf gelenkt werden.

In Deutschland feiert der einheitliche Notruf „112” in diesem Jahr bereits seinen 50. Geburtstag. Ins Leben gerufen wurde er auch auf Drängen der Björn-Steiger-Stiftung.

Über die „112” können bei einem Notfall Rettungsdienste, Notärzte und Feuerwehren alarmiert werden, beispielsweise nach Unfällen, bei schweren Verletzungen, Bränden, Hochwasser oder Sturmereignissen.

Anrufer sollten möglichst genau sagen, wo sie sich befinden, was genau geschehen ist, wie viele Menschen davon betroffen sind und welche Verletzungen eventuell vorliegen.

DFV

Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.Hinweis: Verwendung der Artikel mit freundlicher Genehmigung der Nassauischen Neuen Presse.

 

 


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