WEILBURG. „Wenn die Feuerwehr benötigt wird, ist das Kind meist schon in den Brunnen gefallen“, sagt der Weilburger Stadtbrandinspektor Christian Gros ...
Um Unwetter-Lagen bewältigen zu können, ist vorausschauendes Handeln gefragt
Von Henning Schenckenberg
Wie gut ist die Stadt Weilburg also gegen extreme Wetterereignisse, wie etwa Starkregen vorbereitet? Wie reagieren Verwaltung und Einsatzkräfte, wenn die Lahn über die Ufer schwappt oder Keller überflutet sind? „Wir sind für solche Ereignisse gut gewappnet“, sagt Bürgermeister Johannes Hanisch (CDU). Dennoch träten extreme Unwetter-Lagen meist sehr lokal auf und seien insofern schwer vorhersehbar. Und über eine Glaskugel verfüge niemand.
Stadt investiert in Fahrzeuge und Gerätschaften
„Unwetterlagen haben in den vergangenen Jahren zugenommen“, verdeutlicht der Verwaltungschef. Die Stadt setze sich daher intensiv damit auseinander. So gebe es beispielsweise Starkregen-Simulationen, um zu erkennen, wie sich Flüsse oder Bäche mit Blick auf die Bebauung und Infrastruktur ausbreiten könnten. Darüber hinaus kontrolliere die Stadt regelmäßig Einlaufbauwerke oder Gullys. „Zwei Mal pro Jahr reinigt der Bauhof alle viereckigen Gullydeckel der Stadt“, sagt Johannes Hanisch. Bei rund 4000 dieser Gullydeckel im Stadtgebiet eine „anständige Arbeit“. Auch die Bachabläufe würden regelmäßig untersucht, und eventuelle Verstopfungen beseitigt.
Die Weilburger Feuerwehr ist aus Sicht von Christian Gros adäquat auf Starkregen oder Überschwemmungen vorbereitet. „Wir haben die Mannschaft, die Geräte und die Ausstattung“, sagt der Stadtbrandinspektor. In den vergangenen Jahren habe Weilburg investiert und etwa ein „Löschfahrzeug Katastrophenschutz“ und einen „Gerätewagen Logistik Hochwasser“ angeschafft. Auch Sandsäcke, Wassersauger, Tauchpumpen oder Gummischieber seien vorhanden.
Wichtig sei es aber auch, so der Stadtbrandinspektor, die Bevölkerung zu sensibilisieren. „Spätestens nach einer Generation relativieren sich leider immer die Erfahrungen, die mit Naturkatastrophen verbunden sind. Von Jahr zu Jahr werden die schlimmen Erinnerungen mehr verdrängt.“ Johannes Hanisch sagt, dass die Weilburger Bürgerinnen und Bürger, die in der Nähe von Gewässern wohnen, seitens der Stadt mit dem Appell angeschrieben worden seien, sich bewusst zu machen, was es heiße, an einem Gewässer zu wohnen. „Dabei haben wir auch darum gebeten, kein Grünzeug oder keine Äste von Bäumen in das Wasser zu werfen.“ Denn dies könne im Falle von Überschwemmungen zusätzlichen Schaden anrichten.
Christian Gros betont, dass die Feuerwehr Hochwasser- oder Starkregen-Lagen regelmäßig übe - und dabei vor allem auch das Zusammenspiel mit der Verwaltung. Darüber hinaus gebe es Lehren aus der Hochwasser-Katastrophe im Ahrtal im Jahr 2021. „So kann es zum Beispiel Szenarien geben, bei denen es besser ist, das Wasser in einem überfluteten Keller zu belassen, um so für einen Druckausgleich zu sorgen. Denn auch von außen drücken die Wassermassen ja auf das Gebäude“, verdeutlicht der Stadtbrandinspektor. Die Feuerwehr würde, wenn sie eine solche Entscheidung treffe, häufig infrage gestellt. „Die Menschen wissen nicht, dass das Absaugen manchmal mehr Schaden anrichtet.“ Wichtig sei es, Dreck oder Fäkalien zu beseitigen. „Das Wasser ist meist nicht das Hauptproblem.“
Sicherheit der Einsatzkräfte gewährleisten
Im Falle einer Hochwasser-Lage sei, so Johannes Hanisch, auch die Priorisierung der Einsätze wichtig. „Ist eine Lage akut oder kann die Feuerwehr auch in zwei Stunden kommen? Im Jahr 2020, als Weilburg mit Überschwemmungen konfrontiert war, hat das sehr gut geklappt“, so der Verwaltungschef. Mögliche Schäden etwa bei Wasserhäuschen oder Kläranlagen zu verhindern, könne wichtiger sein, als einen leer stehenden Keller auszupumpen. „Wir wollen als Feuerwehr jede Dienstleistung erfüllen. Aber die Hemmschwelle, den Notruf ‚112‘ zu wählen, ist niedrig geworden“, hat Christian Gros beobachtet. Die Feuerwehr könne nicht überall gleichzeitig sein. „Zur Not sollte auch jeder Einzelne in der Lage sein, mit Eimer und Putzlappen umzugehen“, sagt der Stadtbrandinspektor.
Und auch die Sicherheit der Kameradinnen und Kameraden müsse bei den Einsätzen im Blick behalten werden. „Feuerwehrleute sind immer bereit, ihr Leben in die Waagschale zu werfen. Aber wir wollen die Gefahr natürlich so gering wie möglich halten“, sagt Christian Gros. Besonders wichtig sei daher eine intakte Schutzkleidung. Außerdem setze die Weilburger Feuerwehr auf die „Schwarz-Weiß-Trennung“: Schon unmittelbar nach dem Einsatz werde die Schutzkleidung analysiert. Keinesfalls sollten die Einsatzkräfte mit kontaminierter Kleidung in das Feuerwehrauto steigen. „Wechselkleidung halten wir immer bereit“, betont der Stadtbrandinspektor. Darüber hinaus habe die Stadt für über 20.000 Euro spezielle Waschmaschinen und Trockner angeschafft, die die Schutzkleidung nach einem Einsatz reinigen sollen. Helfe auch das nicht, würden die Anzüge umgehend ausrangiert und neue angeschafft.
Schließlich sei, um möglichst optimal auf Starkregen- und Unwetter-Ereignisse vorbereitet zu sein, auch noch eine weitere Komponente wichtig: Die ehrenamtlichen Kameradinnen und Kameraden müssten rechtzeitig einsatzbereit sein und an der Wache eintreffen. „Denn wenn die Bäume erst mal auf den Straßen liegen und unsere Leute nicht mehr durchkommen“, sagt Christian Gros, „dann haben wir auch ein Problem“.
Hinweis: Verwendung der Artikel mit freundlicher Genehmigung der Nassauischen Neuen Presse.