HADAMAR-NIEDERZEUZHEIM. Die Situation nach dem Gasunfall bei der Tyczka Energy GmbH in Niederzeuzheim entspannt sich, allerdings mussten die Anwohner auch die Nacht von Freitag auf Samstag in Ausweichquartieren verbringen ...
Die Anwohner aus dem Sperrgebiet in Niederzeuzheim müssen eine weitere Nacht in ihren Ausweichquartieren verbringen
Von Anken Bohnhorst
Nachdem Messungen ergeben hatten, dass auf dem Betriebsgelände kein Gas mehr ausströmt, haben die Einsatzkräfte der Feuerwehr und weitere Fachleute am Freitag rund 400 Wohnhäuser und Nebengebäude untersucht. Dabei gehe man in dem abgeriegelten Bereich von außen nach innen zur Gefahrenstelle vor, sagt Kreisbrandinspektor Frederik Stahl. Sobald diese Arbeiten abgeschlossen sind und nirgendwo Gas festgestellt wurde, werde der Strom in der ganzen Sperrzone wieder angeschaltet und das Gebiet freigegeben. Erst dann können die Anwohner in ihre Häuser zurück. Wie lange es bis dahin noch dauert, könne er nicht sagen. Die Anwohner sind seit Montag in der Mehrzweckhalle von Oberzeuzheim sowie in umliegenden Hotels und Privatunterkünften untergebracht.
Die Sicherheit habe oberste Priorität, betont auch Bürgermeister Michael Ruoff (CDU). Als am Montagmorgen das Gasleck an einem Tank auf dem Firmengelände des Gasumfüllbetriebs festgestellt worden sei, habe man nicht damit gerechnet, dass die Situation tagelang angespannt sein würde. Die Ereignisse überschlugen sich. „Dafür gibt es kein Beispiel“, so Ruoff. Das habe die Firma Tyczka ebenfalls bestätigt. Deren Sprecher Rolf Kondermann hatte Anfang der Woche darauf hingewiesen, dass es einen derartigen Zwischenfall in der 100-jährigen Unternehmensgeschichte nicht gegeben habe.
Inzwischen haben sich die Tyczka-Geschäftsführer in einem Brief an die Stadt Hadamar und an die Bürger aus Niederzeuzheim gewandt, um sich „aufrichtig für die Unannehmlichkeiten und Belastungen zu entschuldigen, die durch die notwendigen Evakuierungsmaßnahmen entstanden sind“. Jetzt konzentriere man sich darauf, „die von uns zu verantwortenden Schäden zu regulieren“, schreiben die Geschäftsführer und teilen Kontaktdaten für Anfragen zur Schadensregulierung mit. Mit der Stadt Hadamar sollen am Montag erste Gespräche über den Vorfall und dessen Aufarbeitung geführt werden.
Betrieb ist einstweilen untersagt
Oliver Kessler vom Regierungspräsidium (RP) Gießen sagt, das RP untersuche gemeinsam mit der Kriminalpolizei und einem unabhängigen Sachverständigen das Betriebsgelände der Firma am Ortsrand von Niederzeuzheim. Einstweilen sei der „Betrieb für den gesamten Bereich untersagt“, sagt Kessler. „Offensichtlich gibt es ein Sicherheitsproblem.“ Anfang der Woche hatten Landrat Michael Köberle (CDU) und RP-Sprecher Kessler lediglich erklärt, die technischen Überprüfungen in der Vergangenheit hätten keine Mängel aufgezeigt und auch das Genehmigungsverfahren sei ordnungsgemäß verlaufen. Daher habe das Unternehmen sogenannten Bestandsschutz genossen, obwohl es nach heutigen Standards zu nah an der Wohnbebauung ist. Die sieht einen Abstand von 400 Metern vor.
Sobald ein Gutachten vorliege, werde auch dieser Bestandsschutz und eine Umsiedlung der Firma überdacht, räumt Kessler ein. „Jetzt müssen Konsequenzen gezogen werden.“ Die könnten sich auch auf andere Betriebe mit vergleichbaren Anlagen beziehen und nicht allein für Niederzeuzheim, Hessen oder die Bundesrepublik Folgen haben, sagt Landrat Köberle. Dieser bislang bundesweit einmalige Fall könne sich europaweit auswirken.
Hinweis: Verwendung der Artikel mit freundlicher Genehmigung der Nassauischen Neuen Presse.