WEINBACH-FREIENFELS/WEILMÜNSTER. Seit Tagen herrscht andauernder Starkregen und die Weil ist so stark angeschwollen, dass Teilbereiche von Freienfels sowie von Essershausen und Ernsthausen von der Infrastruktur abgeschnitten sind ...
In Freienfels findet die erste Übung dieser Art bundesweit statt / Resonanz der Bevölkerung ist an allen Tagen groß
Von Margit Bach
Es ist kein Strom vorhanden, kein Wasser und kein Gas. Auch eine Postversorgung ist nicht mehr möglich.
Wie in einer solchen Situation dafür gesorgt werden kann, dass sich Menschen mit Angehörigen, Versicherungen oder anderen wichtigen Adressen in Verbindung setzen können, das wurde jetzt auf dem Ritterspielgelände in Freienfels geübt. Das Szenario ließ die Weil immer mehr ansteigen, sodass nur noch der obere Bereich des Spielgeländes betreten werden konnte. Dort wurde nun drei Tage lang eine Feldpost-Behelfsfiliale betrieben, um den Notfall zu üben.
Der Grund dafür ist der erstmalige und bisher einmalige Einsatz der Deutschen Post AG im Sommer 2021 während der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal. Friedhelm Rompel aus Elkerhausen, der Feldpostbeauftragte der Deutschen Post AG, organisierte damals den dreimonatigen Einsatz der Feldpost im Ahrtal und war auch selbst oft vor Ort. Dort hielten sich an den drei Standorten Altenahr, Rech und Dernau insgesamt 17 Kameradinnen und Kameraden bis zu drei Monaten auf, um die Postversorgung der Bevölkerung sicher zu stellen.
Über 700 Sendungen werden angenommen und bearbeitet
Das Leid der Menschen aufgrund dieser Naturkatastrophe hat die Unternehmensspitze der Deutschen Post AG dazu bewegt, für die Zukunft ein Konzept erarbeiten zu lassen, um Menschen in Situationen helfen zu können, wenn ein Nachrichtenaustausch nicht mehr digitalisiert möglich ist. Denn dann ist die analoge Post die einzige Möglichkeit, Kontakte aufzunehmen und Lebenszeichen auszutauschen. Daher hat die Post eine extrem wichtige Bedeutung zur Erhaltung der Daseinsvorsorge inne.
Die Notfallversorgung gilt natürlich nur solange, wie die reguläre Versorgung ausfällt, erklärt Bernd Uherek aus Duisburg, der das Sachgebiet Zivile Verteidigung verantwortet und den Feldpostbeauftragten der Deutschen Post vor Ort unterstützt. 2021 wurde noch alles improvisiert, jetzt aber sei die Deutsche Post AG in der Lage, bis zu neun Feldpost-Behelfsfilialen zeitgleich mit einer Durchhaltefähigkeit bis zu drei Monaten überall in Deutschland im Rahmen von Großschadensereignissen als Notfallfeldpostversorgung organisiert einzusetzen. Anstatt mit Stromanschluss wird dabei mit einem Generator gearbeitet.
In ihrem Ursprung ist die Feldpost eine gesetzlich und vertraglich verankerte Zusammenarbeit zwischen der Deutschen Post AG und der Bundeswehr seit über 30 Jahren. Regulär werden dabei die Feldpostler in den Auslandseinsatzgebieten der Bundeswehr durch ein legitimiertes Bundestagsmandat eingesetzt. Aktuell sind dies die Länder Litauen, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Jordanien und der Irak. So werden die dort eingesetzten Frauen und Männer der Bundeswehr mit Post versorgt, die wichtigen Verbindungen zu ihren Angehörigen in der Heimat sind somit gesichert. Übrigens kostet das Porto in diesen Fällen nicht mehr als der Inlandstarif.
Zusätzlich zu der bisherigen Zusammenarbeit zwischen Deutsche Post AG und Bundeswehr gibt es nun einen weiteren Bereich: eine Notfallpostversorgung für ausgefallene reguläre Inlandspostverbindungen.
In diesem Zusammenhang fand in dieser Woche von Montag bis Freitag sowohl eine Schulung als auch die praktische Umsetzung für diese Notfallpostversorgung in Ortsteilen von Weinbach und Weilmünster statt. Der Burgverein stellte dankenswerterweise seine Wohn- und Aufenthaltscontainer auf dem Ritterspielgelände zur Verfügung.
Der Realbetrieb dieser Feldpost-Behelfsfiliale wurde übrigens von der Bevölkerung sehr gut angenommen. Nicht nur, dass besondere Postkarten und der „Feldpost-Behelfsfilialen-Tagesstempel“ sehr begehrt waren, auch wurden über 700 Sendungen von Dienstag bis Donnerstag angenommen und bearbeitet. Beispielsweise hat Nicole Röppel aus Blessenbach 15 Karten mit dem Burgmotiv und dem besonderen Tagesstempel an Freunde und Angehörige verschickt.
Zwölf Teilnehmer von der Deutschen Post AG aus ganz Deutschland, die unter der Leitung von Dirk Bartosch aus Hilden und Mike Brauer aus Krefeld in zwei Teams aufgeteilt waren, sind für fünf Tage nach Freienfels zusammen mit Nadine Nitschmann (Uelzen), Karsten Hirt (Ilmenau), Stefan Hartmann (Bad Neustadt/Saale) sowie Michael Jäschke (Rotgau), Fabian Windhorst (Bremerhaven) und Janin Möller (Lüneburg) gekommen, um an der bundesweit ersten Übung dieser Art teilzunehmen. Zusammen mit Martin Neumann aus Hannover war „Lokalmatador“ Thorsten Hauske vom Zustellstützpunkt Weilburg im Organisationsteam von Friedhelm Rompel und Bernd Uherek beteiligt. Auch Alexander Böhm, der Pressesprecher der Deutschen Post AG Hessen, war vor Ort.
Spendengelder gehen an Kinderkrebshilfe
Und auch die hiesige Politik war zu einem Pressetermin eingeladen worden und schaute sich die Notfallpostversorgungsstelle genau an: der Erste Kreisbeigeordnete Jörg Sauer (SPD), Weilmünsters Bürgermeister Mario Koschel (CDU), in Vertretung des in Urlaub weilenden Weinbacher Bürgermeisters Christian Harms (parteilos) waren Büroleiter Fabian Scherber und Mitarbeiter Thomas Traut gekommen und außerdem nahm Thomas Schmidt von der Gefahrenabwehr des Landkreises teil.
Generell gilt: Spendengelder, die im Zusammenhang mit Feldpostübungen aufkommen, werden einmal im Jahr an die Kinderkrebshilfe übergeben, schilderte Friedhelm Rompel. Im März 2025 hat die Bevölkerung voraussichtlich wieder Gelegenheit, eine Feldpost-Behelfsfiliale in Freienfels live zu erleben.
Bild: © Margit Bach
Hinweis: Verwendung der Artikel mit freundlicher Genehmigung der Nassauischen Neuen Presse.