BAD CAMBERG/HÜNFELDEN/BRECHEN/SELTERS/WEILROD. Die Entwicklung ist rasant. Vor einem knappen Jahr wurde der Bauantrag gestellt, jetzt Richtfest gefeiert, zum Jahresende soll es fertig werden: das gemeinsame Feuerwehrdienstleistungszentrum für Bad Camberg, Hünfelden, Brechen, Selters und Weilrod ...
Pilotprojekt in Hessen: Für fünf Kommunen entsteht Feuerwehrdienstleistungszentrum in Bad Camberg / Ende 2025 soll es fertig werden
Von Petra Hackert
In drei Gebäudekomplexen werden auf dem rund 5000 Quadratmeter großen Grundstück an der Liebigstraße in Bad Camberg Aufgaben zusammengefasst, die die einzelnen Wehren nicht in gleichem Maße leisten könnten. Ein Pilotprojekt in Hessen. Die Baukosten bleiben unter sechs Millionen Euro – wie anvisiert, bestätigt Architekt Michael Hamm.
Die Gebäude werden vom Bauherrn, einem Immobilienunternehmen aus Bad Camberg, an die Feuerwehr Dienstleistungszentrum Goldener Grund/Taunus GmbH vermietet. Deren Geschäftsführer ist der Brechener Bürgermeister Frank Groos (parteilos).
Es geht um Brandschutz, Gefahren, Pflege
Weshalb brauchen Feuerwehren und Kommunen das Zentrum so dringend? Es geht um Brandschutz, Gefahren, Pflege, den Umgang mit ehrenamtlichen Kräften und die Sicherheit. Ein Beispiel ist die Schlauchreinigung nach einem Einsatz. Im Dienstleistungszentrum wird es eine Werkstatt geben, in der die Schläuche gesäubert, geprüft und fertig für den nächsten Vorfall aufbereitet werden. Gleiches gilt für die Kleiderpflege. „Vom Helm bis zu den Schuhen wird dort alles gereinigt“, erklärt Michael Hamm. Die Atemschutz- und die Funkerwerkstatt kommen hinzu. „Für Arbeiten, die hier in Minuten erledigt werden, bräuchten Ehrenamtliche in den einzelnen Gerätehäusern teils Stunden“, sagt Hamm. Hinzu kommt die Rechtssicherheit: Alle Abläufe sind koordiniert und dokumentiert. Bei den zunehmenden Anforderungen könnten einzelne Wehren dies auf Dauer ehrenamtlich nicht mehr leisten.
Sie setzen Leib und Leben auf Spiel: Knapp 1000 Feuerwehrleute sind in den 33 Wehren der fünf beteiligten Kommunen im Einsatz. Der Brechener Brandinspektor Michael Gläser unterstreicht: „Brandschutz ist eine kommunale Aufgabe.“ Auch wenn die Ehrenamtlichen ihre Dienste freiwillig leisten, haben die Kommunen für die Infrastruktur, Sicherheit und Rechtssicherheit zu sorgen. Das geschieht hier.
Gläser und seine Kollegen Alexander Rembser (Bad Camberg), Björn Schulz (Selters) und Diethard Hofmann (Hünfelden) erklären, warum diese Entlastung zum jetzigen Zeitpunkt nötig ist. Ein Beispiel: In Sankt Augustin sind im Juni 2023 zwei Feuerwehrleute bei einem Brandeinsatz in einem Motorradgeschäft tödlich verunglückt. Grund war ein geplatzter C-Schlauch. Der Unfallbericht umfasst 143 Seiten. Die Ermittlungen haben Monate gedauert. Das Ergebnis hat die Unfallkasse Nordrhein-Westfalen Anfang dieses Jahres veröffentlicht. Alles war dokumentiert, das Schlauchreinigen, die anschließende Überprüfung. Dennoch kann es zu solch tragischen Ereignissen kommen. Die Dokumentationspflicht liegt künftig im Dienstleistungszentrum.
Entlastung durch Zusammenarbeit
Hinzu kommt die Entlastung durch die interkommunale Zusammenarbeit. „Wir werden gemeinsam den Brandschutz als kommunale Pflichtaufgabe effektiver und wirtschaftlicher gestalten können“, sagt der Brechener Bürgermeister Frank Groos. Seine Hünfeldener Kollegin Silvia Scheu-Menzer (parteilos), Sprecherin der Bürgermeister im Kreis Limburg-Weilburg, ergänzt: „Dieses Ehrenamt bringt viele Kameradinnen und Kameraden persönlich an ihre Grenzen. Immer mehr gesetzliche Vorgaben sind zu erfüllen.“ Und: „Ohne interkommunale Zusammenarbeit wäre solch ein Projekt nicht machbar.“ Ein dickes Dankeschön zollte sie dem Bauherrn, der Hölper Immobilien GmbH, für die sehr gute Zusammenarbeit. Die Bad Camberger Familie habe die Kommunen in allen Fragen unterstützt, unproblematisch Änderungswünsche erfüllt von der Photovoltaik-Anlage auf dem Dach bis hin zur Innenausstattung.
Eine Investition in die Zukunft – und mit Zukunft. Der Bad Camberger Bürgermeister Daniel Rühl (CDU) macht deutlich: „Die notwendige Entlastung für unsere Feuerwehrleute wird auch in Zukunft nicht zum Nulltarif erhältlich sein. Wir werden in den kommenden Jahren nicht unerhebliche Haushaltsmittel dafür aufwenden und einstellen müssen, dass Arbeiten, die bislang im Ehrenamt und teilweise kostenlos geleistet werden, künftig kostenpflichtig durch das Feuerwehrdienstleistungszentrum erbracht und in Rechnung gestellt werden.“ Seine Kollegen Jan Pieter Subat (Selters) und Götz Essert (Weilrod) stellen fest: „Auch wenn höhere laufende Kosten entstehen, werden diese durch langfristige Einsparungen, verbesserte Sicherheit und eine nachhaltige Unterstützung des Ehrenamts mehr als ausgeglichen. Jetzt ist die Chance, eine moderne, tragfähige Infrastruktur zu schaffen, die den Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte gerecht wird.“
DAS BIETET DAS FEUERWEHRDIENSTLEISTUNGSZENTRUM
Die drei Gebäude werden eine Nutzfläche von rund 1400 Quadratmetern haben und 7400 Kubikmeter umbauten Raum umfassen, skizziert Architekt Michael Hamm. Das Verwaltungs- und Sozialgebäude birgt Technik, Verwaltungs- und Sozialräume, Kleiderkammer und Schulungsraum; die Werkstatt die Arbeitsräume zur Reinigung, Pflege und Instandsetzung der Schläuche, Kleidung, des Atemschutzes und Funks.
Das dritte Gebäude ist eine unbeheizte Halle mit Durchfahrtsschleuse. Sie wird Hochregallager für Feuerwehrbedarf und Katastrophenschutz, die Fahrzeughalle für einen Gerätewagen Logistik mit angrenzendem Batterieladeraum und einen Sammelraum für Altöle und Fette beherbergen, außerdem die Waschhalle für Einsatzfahrzeuge aller Art mit Koaleszenzabscheider, eine Weiterentwicklung des klassischen Ölabscheiders.
Im Dienstleistungszentrum werden zunächst drei Mitarbeiter hauptamtlich beschäftigt, erläutert Geschäftsführer Frank Groos. Ein technischer Betriebsleiter und zwei Gerätewarte. Die Stellenausschreibungen werden in Kürze veröffentlicht. Die Dienstleistungszentrumsgesellschaft hat für die interkommunale Zusammenarbeit (IKZ) 200.000 Euro Fördermittel vom Land Hessen erhalten. Groos: „Dazu mussten wir Personalkosteneinsparungen von mindestens 15 Prozent nachweisen. Diesen Wert haben wir übertroffen. Ohne diesen nachgewiesenen Effizienzgewinn hätte es keine IKZ-Förderung des Landes gegeben.“ Da der Bau von einem privaten Investor finanziert wird und die Gesellschaft Mieterin ist, fallen für den Bau für die beteiligten Kommunen keine Investitionskosten an.
Kommentar: Die Verantwortung kommt dahin, wo sie hingehört
Von Petra Hackert
Wofür brauchen wir das? Die Frage wird aktuell nicht nur in der ehrenamtlichen Kommunalpolitik gestellt. Ist das gemeinsame Feuerwehrdienstleistungszentrum in Bad Camberg Luxus, weil es doch Gerätehäuser und Modernisierungen in allen fünf beteiligten Kommunen und deren Stadt-/Ortsteilen gibt?
Die Antwort liegt auf der Hand: Die Arbeiten werden immer komplexer vom Einsatz mit Gefahrenstoffen bis hin zur schnellen Hilfe bei Bränden oder auf der Autobahn. Die Nacharbeit gehört dazu – das wird nun gebündelt.
Wichtig ist aber auch: Die Abläufe werden die ehrenamtlichen Helfer nicht nur arbeitstechnisch entlasten, sondern Verantwortung auf einer Ebene zusammenführen, wo sie hingehört: zu den Kommunen und hauptamtlich Beschäftigten, nicht ins Ehrenamt.
Bild: Auf der Erfolgsleiter zum Feuerwehrdienstleistungszentrum: Sie stehen beim Richtfest auf dem Rohbau des Werkstattgebäudes, einer von drei Komplexen in Bad Camberg: Bauherren, Bürgermeister der fünf Kommunen, Brandinspektoren, ehrenamtliche Feuerwehrleute und der Architekt.
Bild: An der Liebigstraße in Bad Camberg ensteht das Feuerwehrdienstleistungszentrum. Links die Halle (unter anderem für die Fahrzeugreinigung), rechts das Verwaltungsgebäude, dazwischen (verdeckt) entsteht das Werkstattgebäude.
Hinweis: Verwendung der Artikel mit freundlicher Genehmigung der Nassauischen Neuen Presse.