
Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.
Ob Weihnachten oder Geburtstag, ob Eis oder Sturm: Der Polizeireporter mit dem Kürzel kdh ist zu allen Zeiten im Einsatz

Was macht eigentlich ein Polizeireporter?
Der wartet auf Anrufe von der Polizei und der Feuerwehr. Nur darüber komme ich zu Einsätzen, aber auch, weil meine private Handy-Nummer inzwischen in sehr vielen Telefonen gespeichert ist. Deshalb rufen mich immer wieder Privatleute an, wenn etwas passiert ist. Ich fahre aber nur raus nach Rücksprache mit der Polizei.
Woher wissen Sie, wenn ein Unfall passiert ist?
Polizei und Feuerwehr rufen mich direkt an, das passiert in 90 Prozent der Fälle. In zehn Prozent kommen die Hinweise von Privatleuten.
Und was machen Sie, wenn die Polizei Sie angerufen hat?
Dann schnappe ich mir meine Kamera und meinen Block, und dann fahre ich zur Unfallstelle. Dabei darf ich meistens die Absperrung der Polizei missachten und auch an einem Stau vorbeifahren. Ich muss aber alle Sicherheitsrichtlinien beachten wie zum Beispiel Schritttempo fahren.
Ist der Beruf anstrengend?
Er war am Anfang sehr anstrengend. Als ich bei einem Unfall den ersten Toten sah, war das sehr schlimm für mich. Das hört sich vielleicht komisch an, aber inzwischen macht mir das nicht mehr so viel aus.
Wie war das bei Ihrem ersten Einsatz?
Das war schlimm. Ich war noch "normaler" Reporter, und das ist schon 20 Jahre her. Es war ein schlimmer Unfall auf der Bundesstraße 456 bei Weilmünster passiert, und niemand aus der Redaktion hatte gerade Zeit, dorthin zu fahren. Also wurde ich ausgeguckt. Das war der allererste Unfall überhaupt, den ich gesehen hatte. Ich hatte weiche Knie, mir war schlecht, und wenn der Kreisbrandinspektor nicht zur gleichen Zeit an die Unfallstelle gekommen wäre wie ich, wäre ich gar nicht hingegangen. Ich habe auch nur Fotos aus großer Entfernung gemacht. Bei dem Unfall war eine junge Mutter tödlich verunglückt und ihre beiden Kinder waren sehr schwer verletzt worden.
Was war der ungewöhnlichste Unfall?
Ungewöhnlich sind alle, denn alle haben ihre Eigenarten.
Welcher Einsatz hat Sie am meisten mitgenommen?
Da muss ich nicht lange überlegen: Der Brand auf dem Bauernhof der Familie Gotthardt in Dietkirchen im Sommer 2010, bei dem fünf Menschen ums Leben gekommen waren. Weil ich einen der überlebenden Angehörigen gut kenne.
Was war die ungewöhnlichste Uhrzeit, zu der Sie mal zu einem Unfall mussten?
Das war mal an Heiligabend um 3 Uhr morgens bei Eisregen. Auf der Autobahn hatte ein Lkw gebrannt.
Haben Sie auch schon mal Ärger mit der Polizei bekommen?
Ärger bekomme ich nur, wenn ich vor der Polizei da bin. Ich bin mal in Richtung einer Rauchsäule gefahren, da wusste ich gar nicht, was passiert ist, ich habe nur den Rauch gesehen. Da bin ich von der Polizei und der Feuerwehr angehalten worden, die haben mich dann verhört und wollten wissen, wo ich herkomme. Ich kam aber gerade aus der Redaktion.
Wie viele Menschen verunglücken jährlich im Kreis tödlich?
Vor fünf Jahren war ich bei Unfällen mit insgesamt 28 Toten in einem Jahr, in anderen Jahren sind es 15 bis 20. Ich führe zwar keine Statistik, aber wenn es viel wird, fängt man an zu zählen.
Wo passieren die meisten schlimmen Unfälle?
Man kann das gar nicht verallgemeinern. Ob auf Bundesstraße oder Autobahn oder Nebenstraßen, überall passieren schwere Unfälle.
Was ist die Hauptursache für Unfälle?
Nicht angepasste Geschwindigkeit, auf Autobahnen und anderen Straßen. Lkw fahren auf andere Lastwagen auf, weil sie zu schnell unterwegs sind, es wird zu schnell in Kurven und in Ortschaften gefahren. Und dann geht es eben manchmal gegen einen Baum, eine Mauer oder ins Feld.
Was war Ihr spektakulärster Unfall?
Ein Auto fuhr zu schnell von der Autobahn auf die Raststätte in Richtung Köln auf, fuhr gegen eine Anzeigetafel und blieb dann senkrecht an dieser Tafel stehen.
Haben Sie auch schon mal etwas Lustiges erlebt?
Bei einem Unfall auf der Autobahn am Elzer Berg war ein Tierlaster mit Schweinen verunglückt. Der Rückstau war sehr lang. Ich wollte auf der Standspur am Stau vorbeifahren, aber ein Mercedes-Fahrer wollte mich nicht vorbei lassen. Endlich hat er doch Platz gemacht. An der Unfallstelle bat ich einen Polizisten, so zu tun, als er würde er sich das Kennzeichen des Mercedes aufschreiben. Das hat er auch getan, und der Fahrer im Auto ist hinter seinem Lenkrad immer kleiner geworden. Natürlich hat der Polizist sich das Kennzeichen nicht wirklich aufgeschrieben, aber diese Situation war im Nachhinein doch sehr lustig.
Haben Sie auch mal frei oder sind Sie immer im Einsatz?
Ich habe eine Acht-Tage-Woche.
Verreisen Sie auch mal?
Ich habe mir mal einen Urlaub in Ägypten gegönnt und war bei einer Kreuzfahrt auf dem Nil. Da klingelte mein Handy: "Hier ist die Feuerwehr Hausen, bei uns brennt gerade eine Scheune ab!"
Artikel vom 09. Januar 2012, 03.22 Uhr (letzte Änderung 09. Januar 2012, 05.03 Uhr)