Limburg/Hadamar. Als der 28 Jahre alte Landmaschinenmechaniker aus Steinbach gestern ein Geständnis ablegte, kullerten bei verschiedenen Besuchern im Landgerichtssaal 129 Tränen über die Wangen ...
Hinweis: Verwendung der Artikel der Nasauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.
Von Bernd Bude
... Zahlreiche Steinbacher verfolgen den Prozess vor der 5. großen Strafkammer unter Vorsitz von Peter Scherer. Dem jungen Mann legt die Staatsanwaltschaft zur Last, im Zeitraum zwischen August 2003 und Mai dieses Jahres 13 Brände gelegt zu haben. In allen Fällen handelte es sich um landwirtschaftliche Betriebe in Steinbach, die dabei nicht unerheblich geschädigt wurden. Scheunen, Stallungen, Strohballen und landwirtschaftliche Maschinen wurden vernichtet, Dutzende von Rindern wurden getötet. Die Anklagevertreterin spricht von einem Sachschaden von mehr als 500 000 Euro.
«Die Anklage stimmt, ich möchte weiter dazu nichts sagen», so der Angeklagte. Und: «Ich weiß nicht, warum ich es getan habe.» Erst nachdem ihn sein Verteidiger Albert Balmert aufforderte, er möge sich wenigstens zu dem äußern, was er noch im Gedächtnis habe, offenbarte sich der Mann, der zuvor zu seiner Lebensgeschichte befragt wurde.
Der 28-Jährige ist in Steinbach aufgewachsen und war ein eher schlechter Schüler, musste nach der siebten Klasse die Schule verlassen, um dann eine Ausbildung zum Landmaschinenmechaniker zu absolvieren. Mit viereinhalb Jahren Ausbildungszeit benötigte er ungewöhnlich lange. Vier Mal versuchte er den Führerschein zu machen, vier Mal scheiterte das Vorhaben an den Mängeln in der Theorie. Nach seiner Bundeswehrzeit arbeitete er noch rund zwei Jahre bei seiner Ausbildungsfirma, dann wechselte er die Firma und arbeitete dort bis zu seiner Festnahme.
In Steinbach hatte er sich zwischenzeitlich als Hobby Rindviecher, Schafe, Ziegen, Hühner und Gänse angeschafft und half bei Landwirten aus, um Ställe zu misten oder Kühe zu melken. «Ich habe eine gute Einstellung zu Tieren und ich kann gut mit ihnen umgehen», sagte der Angeklagte.
Dies entspricht jedoch nicht seinen Taten, da er bei den einzelnen Brandstiftungen stets billigend in Kauf genommen hatte, dass zahlreiche Tiere qualvoll zu Tode kommen. «Für sie muss doch eine Welt zusammengebrochen sein, als sie die toten Tiere nach den Bränden gesehen haben», sagte Richter Scherer. «Ja, die Tiere haben schlimm ausgesehen, manche mussten von Ärzten getötet werden», so erinnert sich der Angeklagte. Auch wenn er sich in der Zeitung über die Folgen der Brände informiert habe, habe er alles als sehr schlimm empfunden. Unerklärlich ist auch die Tatsache, dass der Mann die Brände bei Landwirten gelegt hat, zu denen er ein gutes, fast freundschaftliches Verhältnis hatte.
Erst Feuer gelegt, dann beim Löschen geholfen
Vor den Bränden war der Angeklagte offenbar Besucher bei Kirmesveranstaltungen oder er besuchte eine Gaststätte in Steinbach. Meist wirkten die mit Feuerzeugen angezündeten Strohballen auf den jeweiligen Anwesen wie Brandbeschleuniger. Im Regelfall kehrte der Angeklagte, nachdem er das Feuer gelegt hatte, nach Hause zurück und half anschließend bei den Löscharbeiten.
Einer der Geschädigten sagte, er habe immer ein gutes Verhältnis zum Angeklagten gehabt und könne nicht verstehen, dass dieser ausgerechnet Tiere habe töten wollen. Denn gerade zu Tieren habe der 28-Jährige ein inniges Verhältnis gehabt. Mehrmals habe er sich mit dem Angeklagten über die Brandstiftungen unterhalten. Der Angeklagte habe daraufhin auf den «Brandstifter» geschimpft und geäußert, den solle man am besten ins Feuer werfen. Nach den Bränden setzte die Polizei auf Ermittlungen im Dunstkreis der Feuerwehrleute. Als letzter Tatverdächtiger blieb der Angeklagte übrig, der nach dem letzten Feuer im Mai dieses Jahres festgenommen wurde.
Die Verhandlung wird am Mittwoch, 10. Dezember, 9 Uhr, fortgesetzt.