Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.Limburg-Linter. Feuerwehrmann ist ein Traumberuf – jedenfalls für die meisten Jungen im Kindergarten- und Grundschulalter. Bei der Kinderfeuerwehr in Linter hantieren allerdings überwiegend Mädchen mit Schlauch und Spritze. Die Jungs stört das nicht ...

„Schlauch kommt“: Ein wenig Unterstützung durch Betreuerin Janina Kaufmann braucht Kinderfeuerwehrmann Jean beim Auswerfen des Schlauchs noch. Foto: abv
Bild:  „Schlauch kommt“: Ein wenig Unterstützung durch Betreuerin Janina Kaufmann braucht Kinderfeuerwehrmann Jean beim Auswerfen des Schlauchs noch. Foto: abv

Bei der Kinderfeuerwehr Linter sind die Mädchen in der Mehrzahl

Von Anken Bohnhorst-Vollmer

„Schlauch kommt“: Ein wenig Unterstützung durch Betreuerin Janina Kaufmann braucht Kinderfeuerwehrmann Jean beim Auswerfen des Schlauchs noch. Foto: abv„Schlauch kommt“: Ein wenig Unterstützung durch Betreuerin Janina Kaufmann braucht Kinderfeuerwehrmann Jean beim Auswerfen des Schlauchs noch. Foto: abv "Schlauch kommt", schreit Wolfram. Ein paar Kinder ducken sich, die meisten aber beobachten die Wurftechnik des Neunjährigen mit großem Interesse. Er weiß offensichtlich, wie das gehen soll mit dem langen Feuerwehrschlauch, der bei einem Einsatz nicht einfach irgendwie durch die Luft und in Richtung Feuer geschleudert werden darf. Vielmehr muss sich der Schlauch in einer möglichst geraden Linie auseinander rollen, damit die metallenen Kuppeln an beiden Enden rasch an die Wasserzufuhr und an die Spritze angeschlossen werden können. "Schwer ist das nicht – wenn man‘s kann", sagt Wolfram lässig und beginnt, den Schlauch wieder aufzuwickeln. Wolfram ist ein besonderes Feuerwehrmitglied. Nicht nur, weil er den 15 Meter langen Schlauch so gut auswerfen kann. Sondern, weil er einer von fünf Jungen in der Kinderfeuerwehr Linter ist – denn die ist fest in Mädchenhand.

Kinder wissen gut Bescheid

Knapp 20 Kinder zwischen sechs und zehn Jahren üben hier alle zwei Wochen, wie es bei der Feuerwehr zugeht. Warum die kleinen Feuerwehrmänner dabei in der Minderheit sind, kann Betreuerin Svenja Gundlach auch nicht erklären. Vielleicht gibt es in dieser Altersgruppe in Linter einfach mehr Mädchen, schlägt ihre Kollegin Sandra Bastian als Erklärung lachend vor. Sie selbst hat auch eine kleine Tochter bei den "Feuerwehr-Fröschen". Aber eigentlich sei das bei den Kindern auch nicht entscheidend. Sie sind begeisterungsfähig und wissbegierig, sagt Svenja Gundlach. Spielerisch werden sie an die Feuerwehrarbeit herangeführt. Zum Beispiel an das Thema "Rauchmelder", das Merrit und Marie sehr beeindruckt hat, weil sie jetzt nämlich wissen, dass Rauch viel gefährlicher ist als Feuer, sprudelt es aus den Mädchen heraus. Und auf die Frage, was denn überhaupt ein Rauchmelder sei, reagieren die beiden, als seien sie seit Jahrzehnten im Brandschutz tätig und noch immer ratlos über derartige Wissenslücken: "Das ist doch klar – Rauchmelder können Leben retten", rufen die zwei. Ob sie später vielleicht einmal richtige Feuerwehrfrauen werden möchten? Das könnten sie doch jetzt noch nicht wissen, winken sie ab, schließlich seien sie doch noch in der Schule.

Spektakel mit Fettpfanne

Auch Kinderfeuerwehrmann Jean will sich da nicht festlegen, obwohl sein Papa bei der freiwilligen Feuerwehr in Linter ist und genauso ein knallrotes Feuerwehr-T-Shirt hat wie der Sechsjährige. Ob er Feuerwehrmann werden will, wenn er groß ist, weiß er nicht. Im Moment will er nur den Schlauch "ganz lang und ohne Kurve" auswerfen. Darum müsse er sich jetzt mal kümmern, und ob ihn die vielen Mädchen in der Gruppe störten, könne er deswegen jetzt auch nicht sagen. Außerdem sei seine Schwester auch bei der Feuerwehr, "und die ist schon zehn".

Ein wenig abseits steht die siebenjährige Rita und erzählt von einem anderen tollen Spektakel mit einer brennenden Fettpfanne, das sie vor einigen Wochen beobachtet hat und bei dem sie gelernt hat: "In Fett darf man auf keinen Fall Wasser gießen, sonst brennt‘s." Das habe sie selbst gesehen. Zwar seien die Flammen nicht so groß gewesen, dass ein Löschfahrzeug kommen musste, "aber aufpassen muss man trotzdem".

Im Feuerwehrwagen mitfahren dürfen die Kinder selbstverständlich noch nicht, versichert Klaus Giebel, Vorsitzender der freiwilligen Feuerwehr. Aber dass da ein "Riesenlenkrad drin ist, Sauerstoffflaschen, Atemmasken und eine ganz tolle Hupe", das wissen Maximilian und Ben genau. Technik sei das, erklären die beiden, "da kennen wir uns viel besser aus als die Mädchen".

Vielleicht liegt es tatsächlich an den technischen Schulungen, die die Feuerwehrkinder erhalten, wenn sie mit elf Jahren zu Feuerwehrjugendlichen aufsteigen. Da blieben die Mädchen dann doch häufig weg, sagt Betreuerin Janina Kaufmann, die selbst seit 18 Jahren aktives Feuerwehrmitglied ist. Außerdem gehe es bisweilen auch recht ruppig zu, "und Mädchen orientieren sich dann anders". Feuerlöschen sei eben noch immer traditionell Männersache, meint auch Klaus Giebel.

Warum das bei der Kinderfeuerwehr noch nicht so ist, steht für den sechsjährigen Maximilian längst fest: Mädchen in der Feuerwehr "schwätzen die ganze Zeit, und darum kommen nicht so viele Jungs dazu".

Artikel vom 15. April 2012, 18.30 Uhr (letzte Änderung 16. April 2012, 04.29 Uhr)

Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.

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