Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei. Bad Camberg. Zwei geplante Projekte prägten die Diskussion ums Sparen in der Bad Camberger Stadtverordnetenversammlung: Der Würgeser Kunstrasenplatz und das Schwickershäuser Feuerwehrgerätehaus. Ersterer bleibt im Haushalt enthalten, für das Gerätehaus werden die Planungskosten nicht mehr in diesem Jahr berücksichtigt ...
 
Im Schwickershäuser Feuerwehrgerätehaus hängt die Einsatzkleidung direkt neben dem Einsatzfahrzeug – sich hier umzuziehen und auszurücken ist eine Zumutung, die die Feuerwehrmänner und -frauen bisher in Kauf genommen haben. Es fehlen Umkleideräume. Fotos: Hackert
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Im Schwickershäuser Feuerwehrgerätehaus hängt die Einsatzkleidung direkt neben dem Einsatzfahrzeug – sich hier umzuziehen und auszurücken ist eine Zumutung, die die Feuerwehrmänner und -frauen bisher in Kauf genommen haben. Es fehlen Umkleideräume. Fotos: Hackert
 
23-Millionen-Euro-Etat weist Fehlbedarf auf – Umbau des Schwickershäuser Gerätehauses wird zurückgestellt

Die Stadtverordnetenversammlung hat am Mittwochabend im Kurhaus den Haushalt 2013 beschlossen – und gleichzeitig ein Haushaltssicherungskonzept verabschiedet. Im Ergebnishaushalt weist das Zahlenwerk einen Fehlbedarf von rund 780 000 Euro aus bei einem Volumen von rund 23 Millionen Euro. Im Finanzhaushalt liegt der Fehlbedarf bei rund 390 000 Euro. Der Schuldenstand zum Jahresende wird auf rund 14,2 Millionen Euro prognostiziert, erläuterte Haupt- und Finanzausschuss-Vorsitzender Gerhard Stickel (SPD).

Steuererhöhungen

Neben weiteren Maßnahmen hat das Parlament entschieden, die Steuerhebesätze zu erhöhen. Die Grundsteuer A und B wird bei je 290 Prozentpunkten liegen, die Gewerbesteuer bei 370. Durch diese Erhöhung rechnet die Kommune mit Mehreinnahmen von rund 650 000 Euro.

Ungewöhnlich viele Zuschauer verfolgten die Sitzung – fast alle in Uniform, denn Feuerwehrleute aus allen Stadtteilen waren gekommen, um die Debatte zu verfolgen. Hintergrund: Im Zuge der vorbereitenden Ausschuss-Sitzungen waren auf Antrag der CDU die Planungskosten für ein neues Feuerwehrgerätehaus in Schwickershausen in Höhe von 10 000 Euro aus dem Entwurf genommen worden. Nun beantragte die SPD, dies wieder aufzunehmen. Der Antrag scheiterte bei zwölf Ja-Stimmen der SPD und einer Ja-Stimme der CDU gegen 18 Nein-Stimmen (CDU, Grüne und die Linke). Der CDU-Stadtverordnete Michael Diehl, selbst Wehrführer in Erbach, hatte sich dafür eingesetzt, die Mittel in den Haushalt zu nehmen. Diehl: "Die Feuerwehr Schwickershausen ist für die Stadt insgesamt nicht verzichtbar, nicht nur wegen Brandschutz und Hilfeleistungen, sondern auch im Ortsgeschehen." Die Zustände im viel zu beengten Gebäude seien bekanntermaßen unhaltbar. Diehl: "Arbeitssicherheit wird überall großgeschrieben. Warum sieht man in Schwickershausen weg?"

Die Feuerwehr habe auch ein Tageseinsatzproblem und müsse sich darauf einstellen, künftig mit mehreren alarmierten Wehren auszurücken, um die Sicherheit zu gewährleisten. "Brandschutz und Hilfeleistungen sind Pflichtaufgaben der Kommune, Bürgerhäuser und Schwimmbäder sind freiwillige Leistungen", machte er seine Position deutlich.

CDU: Dramatisch

Das Feuerwehrgerätehaus in Schwickershausen ist über 40 Jahre alt.
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Das Feuerwehrgerätehaus in Schwickershausen ist über 40 Jahre alt.
 
Der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Michael Abendroth, hatte zuvor auf die prekäre Finanzlage hingewiesen: "Zusammen mit den Kassenkrediten werden wir 2013 etwa 18,1 Millionen Euro Schulden haben. Dies ist der historische Höchststand an Krediten, die Bad Camberg jemals hatte. Das ist dramatisch." Frustrierend sei, dass sich die Rahmenbedingungen nicht verbesserten, weil die Stadt auch ein Einnahmeproblem habe. Obwohl sich die Steuereinnahmen nach dem dramatischen Einbruch der Jahre 2008 bis 2011 wieder erhöht haben, habe man durch höhere Umlagen weniger zur Verfügung. Die jetzige Erhöhung sei nicht ausreichend, aber mehr wolle die CDU den Bürgern nicht zumuten. Beim Ankauf des Bauhofgeländes in der Lahnstraße erhöhe sich zwar die Verschuldung, jedoch seien die Zinsen günstiger als die Miete und der Ankauf etwa 500 000 Euro günstiger als ein Neubau – also insgesamt eine positive Maßnahme. Investitionen in die Infrastruktur kämen hinzu, wie Zuschüsse in die DSL-Versorgung von Oberselters und Schwickershausen (25 000 Euro), Planungskosten für die Sanierung des Oberselterser Bürgerhauses (10 000 Euro), Straßeninstandhaltung (160 000 Euro) sowie Neuanschaffungen der Feuerwehren (130 000 Euro; insgesamt erhalte die Feuerwehr 336 000 Euro).

Die 200 000 Euro Investitionskostenzuschuss für den Kunstrasenplatz des RSV Würges seien nur deshalb vertretbar, weil die Stadt ein Anspardarlehen aus dem Hessischen Investitionsfonds in Anspruch nehme und bereits 20 Prozent angespart habe. Der Haushalt berge einige Risiken, wie die veranschlagte Einnahmenerhöhung bei der Spielapparatesteuer um 180 000 Euro auf 440 000 Euro, die 800 000 Euro, auf die man durch Grundstücksverkäufe hoffe sowie die Erhöhung der Bußgelder von 100 000 auf 350 000 Euro durch die Radar-anlage Oberselters. "Dieser Haushalt ist extrem problematisch. Deshalb machen wir uns unbeliebt, weil wir echt in Sorge sind", sagte Abendroth. Deshalb halte seine Fraktion daran fest, die Planungskosten für das Schwickershäuser Feuerwehrgerätehaus aus dem Haushalt 2013 herauszunehmen und ins Investitionsprogramm der kommenden Jahre zu schieben. Gleichzeitig beantragte Abendroth, 8000 Euro für einen Ölabscheider für die städtischen Feuerwehren zu streichen und stattdessen den Ölabscheider auf dem Bauhofgelände mit zu nutzen. Letzteres wurde bei 18 Ja-Stimmen (CDU, Grüne, die Linke) bei einer Enthaltung (Grüne) und zwölf Gegenstimmen der SPD so beschlossen.

Einstimmig verabschiedet hat das Parlament einen Zusatzantrag der SPD, 2000 Euro für die Reparatur des Dombacher Friedhofszauns einzustellen (hauptsächlich Materialkosten, denn es haben sich Freiwillige bereiterklärt, hier anzupacken).

Mit fünf Ja-Stimmen der Grünen und der Linken, zwei Enthaltungen der CDU sowie 24 Gegenstimmen von CDU und SPD wurde der Antrag der Grünen abgelehnt, die 200 000 Euro Investitionszuschuss für den Kunstrasenplatz des RSV Würges zu streichen. Ebenfalls abgelehnt wurden die Grünen-Anträge, eine zusätzliche Planstelle im Stadtbauamt zu schaffen sowie 10 000 Euro für eine weitere Bezuschussung solarthermischer Anlagen aufzunehmen.

SPD: Wo streichen?

Der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Frank Weller, griff den Begriff Haushaltsrisiko auf – nur bezog er diesen auf die Politik der hessischen Landesregierung, die die Kommunen enorm belaste. Auch er nannte die aus seiner Sicht notwendigen Investitionen, die die Stadt tätigen müsse. Bei einem Fehlbedarf von über 700 000 Euro könne er allerdings nicht verstehen, warum sich einige CDU-Vertreter im Ausschuss nicht bereiterklärt hätten, die Steuern zu erhöhen. Damit habe die CDU den Pfad verlassen, an einem Strang zu ziehen. "Welche Investitionen wollen wir denn streichen? Eine weitere Kreditaufnahme kommt wohl nicht in Frage." Die 10 000 Euro Planungskosten für das Schwickershäuser Feuerwehrgerätehaus sei der einzige Vorschlag gewesen, zu sparen. Nun habe die CDU die 8000 Euro für den Ölabscheider nachgelegt. "Aber das sind immer noch keine 700 000 Euro", so Weller. Die Situation im Schwickershäuser Gerätehaus sei unzumutbar, Abhilfe dringend geboten.

Grüne: Zu lange gewartet

"Wir haben jahrzehntelang über die Verhältnisse gelebt, und es wurden Geschenke ausgeteilt, um Wählerstimmen zu fangen", kritisierte der Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen, Dieter Oelke. Die Steuern hätten längst erhöht werden müssen. Das Bauamt müsse in die Lage versetzt werden, Aufträge zeitnah zu bearbeiten – daher die von den Grünen angestrebte personelle Aufstockung. Beim Schwickershäuser Gerätehaus gehe es auch nicht nur um die Planungskosten, sondern auch um die Baukosten (Bürgermeister Erk bezifferte sie auf rund 500 000 Euro, Oelke rechnete mit bis zu zwei Millionen Euro), die die Stadt nicht habe. Und: "Es geht hier auch nicht um den RSV Würges, sondern um 200 000 Euro, die die Stadt nicht hat." Gleichzeitig sei die Streichung der Unterstützung von Photovoltaikanlagen nicht in Ordnung, zumal es dazu eine verabschiedete Satzung gebe, die nun durch diesen Haushalt verletzt werde. (pp)

Fragen an den Stadtbrandinspektor

C. Schmitt. F.: ppCBild: C. Schmitt. F.: ppC

NNP-Redakteurin Petra Hackert befragte Stadtbrandinspektor Christoph Schmitt zum Schwickershäuser Feuerwehrgerätehaus.

Im Dezember hat die Stadtverordnetenversammlung den Bedarfs- und Entwicklungsplan für die Bad Camberger Feuerwehren für weitere fünf Jahre beschlossen. Hier hat der Neubau des Schwickershäuser Gerätehauses Priorität. Wie bindend sind solche Planungen?

C. SCHMITT: Einige Personen aus der Politik sagen, er hat keine rechtliche Bindung. Aber ohne dieses Dokument haben wir auch keine Möglichkeiten, Fördermittel des Landes Hessen zu beantragen.

Das Gerätehaus ist 40 Jahre alt. Wie lange ist ein Neubau im Gespräch?

2004 hat der technische Prüfdienst bemängelt, dass DIN- und UVV-Normen nicht eingehalten werden. Bei einem Rating 2010 erhielt Schwickershausen wieder eine schlechte Bewertung des technischen Prüfdienstes. Dieser merkte aber an, dass Neubaupläne vorhanden seien. Die Wehr Schwickershausen hat 2009/2010 gemeinsam mit der Verwaltung erste Vorplanungen erstellt, mit den Parteien Ortstermine abgehalten, um die Probleme deutlich zu machen.

Welche Mängel gibt es?

Es gibt keine Stellplätze für die Einsatzkräfte, der Zugang zum Gerätehaus ist problematisch, die Ausfahrt mehr als kritisch, Umkleideräume fehlen, bei laufendem Motor muss sich umgezogen werden, es gibt keine Heizung, die Einsatzkleidung ist klamm . . .

Was ist, wenn sich hier nichts tut?

Die Gefahr besteht, dass der technische Prüfdienst wegen der bestehenden Mängel das Gerätehaus als nicht geeignet einstuft und die Einsatzfähigkeit der Feuerwehr Schwickershausen verloren geht.

Käme eine Zusammenarbeit mit anderen Stadtteil-Wehren infrage?

Für mich stellt sich diese Frage nicht, denn es ist nachweisbar, dass solche Aktionen immer mit dem Verlust von Einsatzkräften verbunden sind. Wenn z. B. der Melder die Schwickershäuser zum Einsatz ruft und sie nach Erbach oder Dombach fahren müssten, dann sind die Einsatzfahrzeuge weg, bis sie kommen. Das ist demotivierend.

Welche Bedeutung hat die Feuerwehr für das Ortsleben?

Der Verein stellt mit rund 170 Mitgliedern etwa ein Drittel der Bevölkerung des zweitkleinsten Bad Camberger Stadtteils. Die Feuerwehr ist nicht nur im Notfall zur Stelle, sie hat einen riesengroßen Anteil am kulturellen Leben der Dorfgemeinschaft, ist z. B. Veranstalter der Qutschemess und immer zu Stelle wenn Prozessionen oder Martinsumzüge zu sichern sind.

Kommentar: Engagement

Petra HackertBild: Petra Hackert

Bei einem Neubau des Schwickershäuser Feuerwehrgerätehauses gehe es um Geld, das die Stadt nicht habe, warnte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Dieter Oelke und sprach von Summen zwischen 500 000 und zwei Millionen Euro für einen Neubau. Bürgermeister und Stadtbrandinspektor rechnen eher im unteren Bereich dieses Spielraums.

Dennoch: Kann es sich die Stadt leisten, für 500 000 Euro ein neues Feuerwehrgerätehaus zu bauen? Anders gefragt: Was wird, wenn sie es nicht tut? Der erst im Dezember beschlossene Bedarfsplan der städtischen Feuerwehren ist kein Zahlenwerk, das von Wünschen wimmelt. Die Planung umfasst die nächsten fünf Jahre, und dieses Projekt steht ganz vorne an. Alles nach zwei Monaten schon Makulatur? In einem Ortsteil, in dem ein Drittel der Bevölkerung der Feuerwehr angehört, zu einer Zeit, in der hart darum gekämpft wird, die Tageseinsatzstärke aufrecht zu erhalten, geht es um zwei entscheidende Fragen: Was wird aus den Feuerwehren? Und: Wie wertvoll ist den Kommunen die ehrenamtliche Arbeit der freiwilligen Helfer? Brandschutz ist eine Pflichtaufgabe der Städte und Gemeinden. Kämen sie mit einer übergreifenden oder sogar einer Berufsfeuerwehr besser weg? Wenn immer wieder darüber gesprochen wird, wie bedeutend das Engagement der freiwilligen Feuerwehrleute in allen Stadtteilen für die Allgemeinheit sei, die in unzähligen Stunden nicht nur zu Einsätzen ausrücken, sondern sich fortbilden, die Einsatzmittel pflegen und Verantwortung übernehmen, dann sollten diejenigen, die sich hier einbringen, nicht so vor den Kopf gestoßen werden. Es gibt schließlich immer weniger Menschen, die bereit sind, sich zu engagieren.

Artikel vom 21. Februar 2013, 20.40 Uhr (letzte Änderung 22. Februar 2013, 04.04 Uhr)

Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.

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