Hünfelden-Heringen. Die Freiwillige Feuerwehr Heringen eröffnete den Veranstaltungsreigen zu ihrem 100-jährigen Jubiläum mit einem sehr gut frequentierten, historischen Feuerwehrtag ...
Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.
Die Einsätze haben sich enorm verändertHinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.
«Jetzt kann ja fast nichts mehr schiefgehen.» Dieses Fazit dürfte so mancher Heringer Feuerwehrkamerad, allen voran Vorsitzender Ernst Butzbach und Wehrführer und Gemeindebrandinspektor Michael Crecelius, schon während des historischen Feuerwehrtages gezogen haben. Buchstäblich alle sieben Sonnen standen am Himmel, und bei 24 Grad Außentemperatur war es gar eine Wohltat, bei den gezeigten Übungen mal mit einem unbeabsichtigten Wasserstrahl in Berührung zu kommen. Die Hünfeldener Bevölkerung und eine Menge Abordnungen der Nachbarwehren hatten den Organisatoren des Tages mit ihrem zahlreichen Erscheinen die größte Freude gemacht und sie wurden für ihr Interesse auch reichlich belohnt. Neben dem idealen Wetter strahlte auch Schirmherr und Ortsbürgermeister Norbert Besier (parteilos), der die perfekte Organisation lobte und der Jubiläumswehr wünschte, dass alle ihre noch kommenden Veranstaltungen so erfolgreich laufen sollen.
Szenario: «Alte Schule» steht in Flammen
Von der Brandbekämpfung mit dem Löscheimer bis zur Hilfeleistung mit High Tech-Gerät könnte man die Bandbreite des historischen Feuerwehrtages bezeichnen. Und so war dann auch die Handsirene, die der Pedell vor 100 Jahren «duddelte», mit ihrem durchdringenden Geheul zu vernehmen, als es galt, den angenommene Brand der «Alten Schule» in Heringens Dorfkern zu löschen. Unter den Klängen des gepusteten Signalhorns («Tatü-Tata») stürmten dann die «pickelbehaupteten» Feuerwehrler mit ihrer Handpumpe auf den Platz, warfen ihre Schläuche aus, bestiegen die in Stellung gebrachte, alte, fahrbare Holzleiter und verteilten das Löschwasser über das alte Schuldach. Dabei waren die Zeichen der Zeit an den Schläuchen nicht zu übersehen. Wer auch immer ihren Weg kreuzte, wurde mit einer kleinen Fontäne auf das Thema des Tages eingewiesen.
Moderne Übung an der Kirche
Ganz anders und mit modernster Technik ausgestattet das heutige Einsatzszenario, das anschließend vor der evangelischen Kirche ablief. Angenommene Lage: Nach einem Verkehrsunfall, an dem ein Traktor mit Anhänger und ein Pkw beteiligt waren, galt es zunächst, die eingeklemmte Person aus ihrer misslichen Lage zu befreien und parallel dazu, eine gefährliche Chemikalie zu binden und zu entsorgen, die aus dem beschädigten Fass des Traktoranhängers tropfte. Unter Moderation und sachkundigen Erläuterungen von GBI Michael Crecelius rückten hier Kameraden der Feuerwehr Kirberg in speziellen Schutzanzügen den Chemikalien zu Leibe, währenddem die Kameraden von Dauborn mit ihren hydraulischen Rettungsgeräten Türen, Scheiben und Dach des Schrottautos schnell heraus- und abgetrennt hatten, den «Verletzten» bargen und den Rettungssanitätern zur weiteren Behandlung überstellten. Szenenapplaus belohnte die wackeren Feuerwehrleute, die in ihren Schutzanzügen sicher einige Pfunde «abkochten». Übrigens waren alle sieben Ortsteilwehren aktiv an dem historischen Feuerwehrtag beteiligt, demonstrierten im historischen Aufzug entweder die Anfänge des Löschwesens, führten ihre alten Gerätschaften und Pumpen mit ohrenbetäubendem «Sound» vor oder standen bei der Demonstration aktueller Lösch- und Hilfeleistungstechnik ihren Mann. wu
Im Mai geht es weiter
Die Veranstaltungen zum 100-jährigen Jubiläum der Freiwilligen Feuerwehr Heringen werden am Samstag, 9. Mai, 20 Uhr, mit einer akademischen Feier in der Turnhalle fortgesetzt und am Sonntag, 10. Mai, wird der Festgottesdienst ab 10.30 Uhr in der Kirche gehalten. Das große Festwochenende ist an Pfingsten, am Samstag, 30. Mai, in der Turnhalle mit der Gruppe «Reinheitsgebot» ab 20 Uhr, dann der Festumzug am Sonntag, 31. Mai, ab 13.30 Uhr und der Ausklang des Jubiläumsfestes am Montag, 1. Juni, ab 11 Uhr mit der Kapelle Hans Steiner. wu
RÜCKBLICK Jeder Haushalt musste einen Eimer zum Löschen bereithalten
Man stelle sich das mühsame «Feuerlöschgeschäft» früherer Zeiten vor. Wie der Gemeindebrandinspektor in seinem Rückblick ausführte, waren die Gebäude in Lehmbauweise errichtet und die Dächer mit Stroh gedeckt. Auf offenes Feuer zum Kochen, Heizen und Beleuchten konnte nicht verzichtet werden.
Hinzu kommt, dass die Wasserversorgung unzureichend war. Alles Gründe, dass – wenn es mal brannte – gleich ganze Straßenzüge oder Stadtviertel dem Feuer zum Opfer fielen. Um die Macht des Feuers sinnvoll zu nutzen und Brandkatastrophen zu vermeiden, war es dringende Aufgabe des Menschen, das Feuer zu beherrschen. Doch mit den damaligen primitiven Mitteln war kein großer Löscherfolg sicherzustellen.
In den Jahren 1750 bis 1760 wurde mit der Eimerkette das erste organisierte Löschverfahren eingeführt. Jeder Haushalt hatte laut Verordnung einen Eimer bereitzuhalten. Da noch keine ausreichende Wasserversorgung geschaffen war, musste das Löschwasser vom nächstgelegenen Brunnen geholt werden. Dafür benötigte man mit den Stroh-, Tuch- oder Ledereimern damaliger Zeit eine Menge Personen und je länger die Strecke war, um so mehr Wasser ging auf der Strecke verloren. Und die «Wurfweite» an der Brandstelle war sehr gering.
Nach 1800 wurde dann eine Handdruckspritze für Kirberg, Heringen, Nauheim, Neesbach und Ohren angeschafft, die in Kirberg stationiert war und deren Holz-Wasserbehälter mit Eimern aufgefüllt wurde. Das Betätigen (Pumpen) war derart anstrengend, dass die Feuerwehrleute alle zehn Minuten ausgetauscht werden mussten. 1821 beschaffte sich die Gemeinde Heringen ihre erste eigene Handdruckspritze, deren Leistungen jedoch nicht überzeugte und im Werk in Frankfurt überarbeitet werden musste. Der nächste, bahnbrechende Schritt war 1934 die Anschaffung der ersten Flader-Motor-Pumpe auf Lafette, die eine Leistung von 800 Litern bei einer Förderhöhe von 60 Metern erreichte. Mit der Anschaffung motorbetriebener Feuerwehrfahrzeuge, in Heringen 1966 ein Tragkraftspritzenfahrzeug mit der dazugehörigen Beladung, brach sozusagen die Neuzeit im Feuerlöschwesen an. wu
