Brechen-Niederbrechen. An das Busunglück vor 50 Jahren und an die Geschichte der Freundschaft der beiden Feuerwehren erinnert eine Ausstellung, die vom Arbeitskreis Historisches Brechen/Gemeindearchiv Brechen und von der Feuerwehr Niederbrechen zusammengestellt worden ist ...
Bild: Am Treppenaufgang des Limburger Rathauses gibt es eine Gedenktafel
Auf vier großen Tafeln informieren Zeitungsausschnitte über das dramatische Geschehen. Eine chronologische Übersicht der rund 40 Treffen zwischen den befreundeten Feuerwehren rundet die Schau ab und stellt gleichzeitig eine Brücke zwischen dem Gestern und Heute her. Die Ausstellung ist von morgen, Dienstag, an bis bis Ende August in den Räumen der Vereinigten Volksbank in Niederbrechen, Villmarer Straße, montags bis freitags von 8.30 bis 12:30 Uhr; montags und donnerstags von 14 bis 18 Uhr sowie dienstags, mittwochs und freitags von 14 bis 16 Uhr geöffnet.
Fürchterliches Ende einer Ferienfahrt - Der Schock hält seit 50 Jahren an
Von BERND LORMANN
Brechen/Limburg. Das Unglück mit den belgischen Ferienkindern wird in den Geschichtsbüchern für ewig als eines der traurigsten Kapitel der Neuzeit im Landkreis stehen. Das Leid der Angehörigen und die Anteilnahme der heimischen Bevölkerung wird dabei als selbstverständliche Reaktion haften bleiben. Aber es war mehr als das. Wer den Unfall und die Tage danach in Limburg und Niederbrechen erlebt hat, dem laufen beim Erinnern nach wie vor eiskalte Schauer über den Rücken und der leidet heute noch unter diesem Schock.
17 Menschen waren noch am Unfallort ums Leben gekommen, weitere starben während des Transportes oder in den Krankenhäusern Limburg, Diez und Hadamar. Nur zehn Kinder überlebten, von denen sieben noch einen Monat später in den Kliniken liegen mussten.
Am Fuße der Autobahnbrücke in Fahrtrichtung Köln an der Landstraße zwischen Niederbrechen und Werschau erinnert ein Gedenkstein an die Buskatastrophe, bei der am 25. Juli gegen 5.10 Uhr 33 Menschen ums Leben kamen. „Den Toten gilt unser Gedenken, den Rettern unser Dank“, steht darauf. Eine weitere Gedenktafel am Treppenaufgang zum alten Limburger Rathaus weist ebenfalls auf das Unglück hin. Eltern und Angehörige der Opfer danken für die ihnen in Limburg und Niederbrechen zuteil gewordene Hilfsbereitschaft.
Ein Blick zurück: Schockstarre im Nassauer Land, als sich die Nachricht wie ein Lauffeuer verbreitet. Stundenlang heulen an dieesem Montagmorgen die Martinshörner, eilen Rettungsfahrzeuge und Feuerwehren zur Unfallstelle, fahren Krankenwagen Verletzte in die umliegenden Kliniken.
Helfer hilflos...
Den Rettern, Polizisten und Augenzeugen an der Unfallstelle bietet sich ein grauenvolles Bild. Die ersten – Mitarbeiter einer nahe gelegenen Ziegelei – hören Schmerzensschreie und das Wimmern verletzter Kinder. Die Männer sind hilflos. Sie können wenig tun, um an die Verletzten in dem auf dem Dach liegenden Bus heranzukommen. Erst den Feuerwehrleuten aus Niederbrechen gelingt es, die ersten Kinder zu bergen. Mit Eisensägen arbeiten sie sich durch ein Gewirr von Blech und Stahl. Im bis zur Hälfte eingedrückten Innenraum verstümmelte Körper, darunter der getötete Fahrer. Erst eine Stunde nach dem Unfall trifft ein Kranwagen ein, um den Bus aufzurichten.
Es ist ein Wettlauf mit der Zeit. Einige Kinder sterben in den Armen ihrer Helfer, andere werden in die Krankenhäuser nach Diez, Limburg und Hadamar gebracht. Allein im Diezer Krankenhaus sterben fünf der acht eingelieferten Kinder. An der Unfallstelle versuchen drei Geistliche, den Sterbenden beizustehen und spenden die Sakramente: Pfarrer Karl Bernhard und Kaplan Hermann-Josef Schwickert aus Niederbrechen sowie Abbe Nicolas aus dem französischen Lens, der sich mit iner Jugendgruppe im Ort aufhielt.
Die spätere Bilanz ist erschütternd. Fünf Erwachsene und 28 Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 17 sind ums Leben gekommen.
Särge in der Schulaula
Im Verlauf der Bergungsmaßnahmen und Absperrarbeiten auf der Autobahn ereignet sich in der Höhe der Unfallstelle ein weiterer tödlicher Unfall. Ein in Richtung Köln fahrender Pkw kommt an der Absperrung ins Schleudern, durchbricht die Leitplanke und fliegt auf die Gegenfahrbahn. Dort erfasst der Wagen einen entgegenkommenden Pkw. Dessen Fahrer, ein Offizier der Bundeswehr, stirbt.
Das unfassbare Busunglück stürzt die Menschen in der Region in tiefe Trauer. In der Domstadt wehen schon am Vormittag die Fahnen auf halbmast. Die Aula der Limburger Tilemannschule wird zur Aufbahrung der Opfer in ihren Särgen hergerichtet. Die ersten Eltern der getöteten und schwer verletzten Kinder treffen am Nachmittag in Limburg ein. Eltern und Angehörige sind Beamte des belgischen Außenministeriums, der Brüsseler Staatsanwaltschaft und der Fluggesellschaft Sabena.
Mittlerweile versuchen der stellvertretende belgische Generalkonsul und weitere Helfer anhand von Passfotos die getöteten Kinder zu identifizieren. Die Frau des belgischen Botschafters in Bonn, Madame Loridan, und Botschaftsrat Lecoq besuchen verletzte Kinder in den Kliniken. Durch ein Spalier von Menschen mit Tränen in den Augen werden Särge zur Aula der Tilemannschule gebracht. Auch Landrat Heinz Wolf und Bürgermeister Josef Kohlmaier sowie weitere Mitglieder des Magistrats erweisen den Getöteten die letzte Ehre. Generalvikar Höhle und Stadtpfarrer Reith spenden Trost.
Zwei Trauerfeiern
Am Tag danach findet in der Tilemannschule eine Trauerfeier mit den Angehörigen statt. Die Bundesregierung schickt Minister Dr. Bruno Heck, die Landesregierung Minister Heinrich Hemsath nach Limburg. Landrat Heinz Wolf und Bürgermister Josef Kohlmaier halten Trauerreden. Kohlmaier wörtlich: „Limburg hat sowohl in finanzieller Hinsicht als auch in persönlichem Einsatz alles zu tun versucht, was wir glauben, aus Gründen der Menschlichkeit den Verunglückten und den Angehörigen schuldig zu sein.“ Der belgische Erziehungsminister Toussaint dankt der Bevölkerung von Stadt und Kreis für die Welle der Hilfsbereitschaft bei der Bergung der Toten und Versorgung der Verletzten. Auch im Limburger Dom findet eine Totenmesse statt. Das Requiem hält Stadtpfarrer Reith, assistiert von Pfarrer Greef und einem flämischen Geistlichen.
Nach der Trauerfeier in der Tilemannschule tragen Soldaten der belgischen Armee die Särge durch das Spalier einer vielhundertköpfigen Menge. Gegen 18 Uhr setzt sich die Wagenkolonne mit den Opfern in Bewegung, Die Menschen an den Straßen verneigen sich. Die Polizei geleitet die Wagen zur Autobahn.
Ferien in Hausen
Ein Jahr später kamen fünf der zehn Kinder, die das Unglück überlebt hatten, zu einem Ferienaufenthalt nach Hausen.
In Niederbrechen, wo die Anteilnahme in der Bevölkerung ebenso groß wie in Limburg und dem Umland ist, entwickelt sich Wochen nach der Katastrophe ein enger Kontakt zwischen der Feuerwehr Niederbrechen und der Feuerwehr Enghien in Belgien in der Nähe von Brüssel. Es kommt zu regelmäßigen Treffen der Mitglieder beider Wehren, die bis zum heutigen Tage gepflegt werden.
Bild: Wie von einer Schrottpresse ausgeworfen: Der auf dem Dach liegende Bus - Foto: Lormann
Bild: Zunächst hatten 25 Männer versucht, den Bus wieder aufzurichten und Überlebende aus dem Wrack zu bergen, bis die Polizei dies aus Sicherheitsbedenken unterband und anordnete, auf einen Kranwagen zu warten. Der schleppte den Schrotthaufen später ab - Foto: UPI
Bild: Ein Bild des Grauens: Verzweifelte Helfer stehen an der zerstörten Absperrung der Autobahn, der Reisebus liegt mit 43 Insassen zwölf Meter in der Tiefe auf dem Dach - Foto: NNP Archiv
Bild: Unterhalb der Autobahnbrücke an der Straße zwischen Niederbrechen und Werschau erinnert ein Gedenkstein an die Opfer des Busunglücks von 1966
Hinweis: Verwendung der Artikel der Nassauischen Neuen Presse mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Societäts-Druckerei.
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